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TTIP-Eklat: Endlich war mal „Halli Galli“ im EU-Parlament

Von Claudio Kummerfeld

Nachdem Martin Schulz gestern Abend die heutige Abstimmung über TTIP-Schiedsgerichte auf unbestimmte Zeit verschoben hatte, brach der Unmut der Parlamentarier über dieses Vorgehen, oder nennen wir es besser Wut, heute offen aus.

Bernd Lange sagt er ist gegen TTIP-Schiedsgerichte
Der Sozialdemokrat Bernd Lange ist im EU-Parlament Vorsitzender des Handelsausschusses.
Foto: EU-Parlament

Linke wie Konservative protestierten lautstark über die „Entmündigung“ des Parlaments durch den eigenen Präsidenten. Liberale ergriffen ihre Chance sich zu profilieren und nannten die TTIP-Gegner „Links- bzw. Rechtsradikale“. Viele Grüne und Linke trugen Anti-TTIP T-Shirts und klatschten im Takt. Wiederum andere wiesen sachlich darauf hin, dass es nur fair sei, wenn über abzustimmende Inhalte auch am selben Tag im Plenum diskutiert wird.

Nach der Plenumssitzung erklärten sich zwei der Hauptprotagonisten in einer PK im Gebäude des EU-Parlaments: Durchaus sehenswert, wenn auch vieles widersprüchlich ist.

Hier die heutige PK mit dem Vorsitzenden des Handelsausschusses Bernd Lange und dem Fraktionsvorsitzenden der Sozialdemokraten Gianni Pitella im Video:

Link zum Video

Sozialdemokraten gegen TTIP-Schiedsgerichte?

Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im EU-Parlament Gianni Pitella wies darauf hin, dass die Entscheidung über die Vertagung der Abstimmung keine Idee seiner Fraktion war, sondern alleine vom Präsidenten Martin Schulz veranlasst wurde. Er sagte aber auch, dass die Fraktion voll und ganz hinter dieser Entscheidung stehe – man sei aber heute bereit gewesen über die TTIP-Schiedsgerichte abzustimmen. Ihm persönlich ginge es darum bei TTIP das Bestmögliche für Europa rauszuholen gegenüber den USA in den Bereichen Arbeitnehmerrechte, Gesundheitsstandards, Lebensmittel, Klima und Schlichtungsgremien (Schiedsgerichte). Er sagte auch andere Fraktionen hätten ihn angegriffen, weil er mit den Konservativen einen Kompromiss sucht – dazu sagte er wutentbrannt, dass es ein einfaches Rechenexempel sei. Extreme Linke und extreme Rechte im EU-Parlament seien eh grundsätzlich gegen TTIP, daher müsse man mit den Konservativen über einen Kompromiss verhandeln.

Ein klares Mandat gegenüber den USA?

Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses im EU-Parlament, wies energisch darauf hin, dass 190 Parlamentarier kategorisch gegen TTIP seien. Man brauche aber ein klares und starkes Signal Richtung USA bzgl. TTIP – daher müsse eine klare Mehrheit im Parlament her, wenn es um das Thema Schiedsgerichte gehe.

Dann betonte er ausdrücklich „Wir wollen keine privaten Schiedsgerichte“ und „es gibt keinen Platz mehr für Schiedsgerichte, die sind aus dem letzten Jahrhundert“.

Da entsteht bei uns nur eine abschließende Frage (oder machen wir einen Denkfehler?): Wenn die Sozialdemokraten im EU-Parlament gegen Schiedsgerichte sind, warum stimmen sie dann zusammen mit den kleineren Fraktionen nicht einfach gegen Schiedsgerichte bei TTIP? Ach ja… wie Bernd Lange schon sagte, es geht um ein klares Mandat gegenüber den USA, und da man viele Stimmen für ein klares Mandat braucht, will man mit den Konservativen eine große Mehrheit zusammenbekommen!?

Wir wollen an dieser Stelle überhaupt nicht kritisieren, dass jemand grundsätzlich pro oder contra TTIP oder TTIP-Schiedsgerichte ist; dazu hat wohl jeder seine eigene Meinung, die ihm auch gegönnt sei. Nur sollten Personen wie Herr Lange sich doch endlich mal klar positionieren, so dass es jeder nachvollziehen kann. Dafür oder dagegen? Irgendwann muss man mal Flagge zeigen.



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2 Kommentare

  1. Zitate: „Wir wollen keine privaten Schiedsgerichte” und „es gibt keinen Platz mehr für Schiedsgerichte, die sind aus dem letzten Jahrhundert”.

    Hat meinen Tag wieder ein wenig erheitert: wie sieht es denn hierzulande aus?

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