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Türkei: Lira auf Allzeittief, Industrieproduktion bricht ein

Scharfer Einbruch der Industrieproduktion, die Lira auf Allzeittief - und Erdogan träumt von der Wieder-Errichtung des Osmanischen Reichs unter islamischen Vorzeichen..

FMW-Redaktion

Es stand um die türkische Wirtschaft schon einmal besser, so viel scheint klar. Und klar ist auch, dass die massiven „Säuberungen“ Erdogans in Reaktion auf den gescheiterten Putsch auch ökonomisch tiefe Spuren hinterlassen!

So fiel heute die türkische Lira gegegenüber dem US-Dollar auf eine neues Allzeittief – Dollar-Lira stieg über die Marke von 3,18:

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Da die türkischen Konsumenten wegen der deutlich niedrigeren Zinsen überwiegend in Dollar verschuldet sind (und die Verschuldung der türkischen Konsumenten ist extrem hoch, seit billiges Geld durch die Politik der Fed ins Land strömte), wird die Schuldenlast immer drückender – das gilt auch für türkische Unternehmen. Zwar ist der Staat Türkei im Gegensatz zu den Konsumenten relativ wenig verschuldet, doch sind die Risikoaufschläge (Renditen) für türkische Staatsanleihen so hoch wie bei keinem anderen Emerging Markets-Land ausserhalb Südamerikas – Folge vor allem des Vorgehens Erdogans bei der Ausschaltung der Opposition.

Dabei ist der Fall der Lira Ausdruck eines Abflusses von ausländischem Kapital – und das ist problematisch bei einem Land mit einem hohen Handelsbilanzdefizit, das eigentlich auf den Zufluss von Kapital zur Finanzierung eben dieses Defizits angewiesen ist.

Die türkische Regierung hat kürzlich ihre Wachstumsprognose auf nur noch 3,2% gesenkt – aber auch das dürfte zu optimistisch sein. Denn heute veröffentlichte Daten zur türkischen Industrieproduktion im September zeigen einen scharfen Rückgang von -3,8% zum Vormonat August – zum Vorjahrsmonat beträgt das Minus 4,1%.

Nun gehen Analysten davon aus, dass die türkische Wirtschaft im dritten Quartal sogar schrumpfen dürfte – hoffen jedoch auf eine Erholung dann im vierten Quartal. Doch dürften diese Hoffnungen durch die fortgesetzten „Säuberungs“-Maßnahmen der türkischen Regierung auch im letzten Quartal diesen Jahres absehbar enttäuscht werden.

Dass die Türkei, wie gestern verlautbart wurde, dennoch weiter eine EU-Mitgliedschaft anstrebt, ist gelinde gesagt erstaunlich. Heute hat jedoch Federica Mogherini, Aussenbeauftrage der EU, das Vorgehen der türkischen Regierung harsch kritisiert. Zwar habe die Türkei, so Mogherini, das Recht, in Reaktion auf den Putsch angemessene Schritte zu unternehmen („take proportionate action“), doch ermahnte sie die Regierung „to safeguard its parliamentary democracy, including the respect for human rights, the rule of law, fundamental freedoms and the right of everyone to a fair trial, also in conformity with its commitments as a candidate country“.

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Staatspräsident Erdogan
Foto: Prime Minister Office / Wikipedia (CC BY-SA 2.0)

Allein: helfen wird das wohl eher nichts! Erdogan träumt von der Wieder-Errichtung des Osmanischen Reichs unter islamischen Vorzeichen, letztlich strebt er eine Dominanz über den Nahen Osten an – also in einer Region, in der gewissermaßen ein Machtvakuum herrscht. Säuft jedoch die türkische Wirtschaft weiter ab, wird daraus wohl nichts werden..



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2 Kommentare

  1. Kann man nur sagen, ein LOB für Mutti!

  2. Armes Land. Kann sich jetzt nur dadurch bereichern, dass es versucht, womöglich ein Stück von Syrien oder Irak abzubekommen.

    Aber eines ist mir doch nicht ganz plausibel:
    „Da die türkischen Konsumenten wegen der deutlich niedrigeren Zinsen überwiegend in Dollar verschuldet sind“

    Sicher würde Marko sagen, auch das ist doch ein guter Aspekt der Globalisierung, dass man sich überall auf der Welt verschulden kann.

    Ich frage mich nur, wieso sind
    a) die Türken nicht in Euro verschuldet oder Yen, sind doch auch nicht gerade höher die Zinsen, eher umgekehrt. Und
    b) warum haben die deutschen Konsumenten (auch vor der EZB-Billigpolitik) in der Hauptsache nicht auch solche Billigangebote in Anspruch genommen – statt immer zu Sparkasse zu rennen?

    Will sagen, ich kann mir kaum vorstellen, dass sich die türkischen
    K o n s u m e n t e n überwiegend in Dollar verschuldet haben.
    Die Unternehmen ganz bestimmt.

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