Aus dem Transitende für russisches Gas in der Ukraine hofft die Türkei Kapital zu schlagen. Sie will Moskau gegen höhere Transitgebühren eine alternative Route für Gastransporte nach Europa über ihr eigenes Pipelinenetz anbieten. Doch um viel größere Mengen nach Europa durchzuleiten, ist nach Ansicht von Experten ein Ausbau der Transportinfrastruktur nötig.
Gas kommt nur über die Türkei aus Russland
Am 1. Januar informierte der slowakische Netzbetreiber Eustream über den Stopp des Erdgasflusses aus der Ukraine am Eintrittspunkt Veľké Kapušany an der ukrainisch-slowakischen Grenze. Das erste russische Gas kam in der Slowakei 1967 an. Die transsibirische Erdgastrasse von Russland bis an die ukrainische Westgrenze wurde in den achtziger Jahren ausgebaut.
Die Gasleitung Urengoj-Pomary-Uschhorod über Kursk ging 1983 feierlich in Frankreich in Betrieb. Sie verfügt über eine Kapazität von knapp 30 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr und transportierte zuletzt aufgrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine nur noch die Hälfte. Die transsibirische Transporttrasse, auch Bruderschaft genannt, ist 4451 Kilometer lang. 1160 km davon erstrecken sich auf das Gebiet der Ukraine.
Der Transitvertrag zwischen dem russischen Gaskonzern Gazprom und dem ukrainischen Gasversorger Naftohaz lief Ende 2024 ohne Anschlussregelung aus. Somit ist die Schwarzmeergasleitung Turkish Stream die letzte verbliebene Pipeline, über die russisches Gas über die Türkei weiter nach Europa fließt. Die zwei Leitungsstränge können von der russischen Schwarzmeerküste an den Bosporus insgesamt 31,5 Milliarden Kubikmeter Gas durchleiten.
Gasimportkapazitäten sind ausgebaut
Medienberichten zufolge verwies der türkische Energieminister Alparslan Bayraktar im September darauf, dass der jahrelange Ausbau des türkischen Transportnetzes, sprich der Importpipelines und der fünf LNG-Terminals die Gasimportkapazität des Landes auf rund 75–80 Milliarden Kubikmeter pro Jahr erhöht habe, wovon sich bis zu 30 Milliarden Kubikmeter Gas nach Europa durchleiten ließen.
2023 importierte die Türkei für den Eigenbedarf 50 Milliarden Kubikmeter Gas. Fast die Hälfte, 21,3 Milliarden Kubikmeter Gas, lieferte Gazprom über Blue Stream und Turkish Stream. Zweitgrößter Lieferant war Aserbaidschan mit 10,3 Kubikmeter Gas. Aus dem Iran kamen 5,4 Milliarden Kubikmeter ins Land. Den Rest entluden Tanker an LNG-Terminals.
War in den Jahren vor 2021 ein kräftiger Anstieg des Gasverbrauchs auf fast 60 Milliarden Kubikmeter Gas in der Türkei zu verzeichnen, sank dieser in letzten Jahren, um die Abhängigkeit von Gasimporten zu senken. Zugleich wird Russland Ankaras wichtigster Lieferant bleiben, da die Türkei nach China der zweitgrößte Markt für russisches Gas ist.
Angesichts des Transitstopps in der Ukraine versucht die türkische Regierung ihre Gaskooperation mit Russland auf eine günstigere Grundlage zu stellen. Hier geht es um die Einrichtung eines Gashubs und die Verlängerung von aktuellen Lieferverträgen.
Turkish Blend ist Trend
Mittels Gashub will die Türkei russisches Gas, einen Teil der türkischen Inlandsproduktion und Importe aus anderen Ländern wie Aserbaidschan oder dem Iran oder LNG aus den USA als sogenannten türkischen Blend reexportieren. Ob das für den russischen Präsidenten Wladimir Putin, der den Gashub 2022 ins Gespräch gebracht hatte, akzeptabel ist, ist offen.
Mangels Exportalternative über die Ukraine und 5 Milliarden US-Dollar Verlusten für Gazprom durch das Transitende sind die Chancen ganz gut. Schließlich sind 10 Milliarden Kubikmeter Gas vom Turkish Stream Strang, der aktuell den türkischen Markt beliefert, noch frei. Der Vertrag bis Ende dieses Jahres sieht einen Lieferumfang von 5,75 Milliarden Kubikmeter vor. 16 Milliarden Kubikmeter bezieht die Türkei über Blue Stream. Auch dieser Vertrag läuft Ende 2025 aus.
Bei der Inlandsproduktion ist alles auf Ausbau gestellt. 2023 startete die Gasförderung im Schwarzen Meer. Bis 2026 soll sie offiziellen Angaben zufolge 15 Milliarden Kubikmeter erreichen und damit möglicherweise bis zu 30 Prozent des Inlandsbedarfs des Landes decken. Das würde die Abhängigkeit der Türkei von Gasimporten, die derzeit etwa 98 Prozent des Inlandsbedarfs decken, erheblich verringern und die Inlandspreise für Gas und Energie senken.
Türkei bringt sich in Stellung
Darüber hinaus soll eine Reihe von LNG-Verträgen mit TotalEnergies, Shell, ExxonMobile und dem Oman im letzten Jahr die türkische Position bei den anstehenden Vertragsverhandlungen mit Russland in diesem Jahr und mit dem Iran im nächsten Jahr stärken. Über Turkish Stream beziehen Ungarn, Serbien und Griechenland Gas. Gas aus Aserbaidschan leitet die Türkei über die Transanatolische Gasleitung nach Griechenland durch. Von dort gelangt es über die Transadria Gasleitung TAP bis nach Italien und auf dem Festland nach Bulgarien.
Durch das Transitende verliert die Ukraine 800 Millionen US-Dollar an Transitgebühren im Jahr, die die Türkei einstreichen möchte. Es wäre übertrieben zu sagen, dass die Türkei die Ukraine als Transitroute für russisches Gas nach Europa sofort ersetzen könnte, sagt Mehmet Öğütçü, Vorsitzender des Energieforums London Energy Club. „Es wird keine riesige Menge sein, da die Pipelinekapazität nicht ausreicht. Man wird in neue Pipelines und neue Pumpstationen investieren müssen“, so Öğütçü. Eine geringfügige, schrittweise Erhöhung könne jedoch erfolgen.
Alexej Belogorijew, Forschungsdirektor, Institut für Energie und Finanzen geht russischen Medien zufolge davon aus, dass 4–5 Milliarden Kubikmeter Gas sich über die Türkei umleiten ließen, was etwa einem Drittel der letzten Transitmengen durch die Ukraine entspricht. Auch er weist auf eine nötige Erweiterung der Transportkapazitäten hin, da diese von Bulgarien und Rumänien nach Ungarn und Österreich begrenzt sind.
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Den Schlauch umstecken und wir sind unabhängig und im Sinne der Menschenrechte. So zumindest die linke Theorie. In der Realität würde man in der Höhle verhungern wenn man die Menschenrechte und internationalen Utopien wirklich einhalten wollte. Dass man über so etwas diskitieren muss, ist echt unglaublich.
An Sanktionen kann auch viel Geld verdient werden.
Siehe USA am sehr umweltfeindlichen Frackinggas .
Oder Russland, was jetzt soviel Flüssiggas an Europa liefert, wie früher durch Nordstream 1 geliefert wurde; nur heute zu einem vielfachen des Preises.
Erdogan will auch noch etwas mitbekommen.
Und die Deutschen haben die höhere Gasrechnung.
So haben doch alle mehr Geld.
Die einen auf dem Konto und die anderen auf der Rechnung.
Viele Grüße aus Andalusien Helmut
Merke, greife nie ein Land an, durch das du Gas leiten möchtest.
Zum Glück verfügt Deutschland inzwischen über rund 60% umweltfreundliche EE und mit etwas PV, ein paar Batterien und einem kuscheligen Holzofen, ist man notfalls von allen durchgedrehten Aggressoren und der künstlich aufgebauschten andalusischen Schwarzmalerei unabhängig. Leute, genießt euer Leben und zermartert euch nicht zu sehr das Gehirn.