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Türkische Lira im Kollaps: Zentralbank hilft Banken, Erdogan lehnt IWF-Gelder ab und wütet gegen Verschwörung

Die türkische Lira fiel, und fiel, und fiel immer weiter. Am Freitag kam es dann zum Super-Gau (wir berichteten). Was nun, wie geht es weiter? Die türkische Zentralbank erhöht nicht die Zinsen, obwohl dies der einfachste Weg wäre. Aktuell kümmert sie sich nicht direkt um die Währung, sondern eher um die Stabilität der Banken im Land.

So erklärt sie heute früh man werde türkischen Banken so viel Liquidität zur Verfügung stellen, wie sie benötigen würden. Also quasi ein Blanko-Scheck gegen einen Zusammenbruch, ausgestellt von der Zentralbank. Dabei geht es nicht um Geldgeschenke oder Kapitalzufuhr, sondern nur um Liquiditätszufuhr, die auch wieder zurückgezahlt werden muss. Man erkauft den Banken also nur eine Phase der Ruhe, man kauft Zeit.

Neben dem US-Dollar könne auch der Euro als Absicherungswährung von Lira-Reserven verwendet werden, so die Zentralbank. Insgesamt pumpe man 10 Milliarden Lira, 6 Milliarden Dollar und Goldguthaben in Höhe von 3 Milliarden Dollar ins Bankensystem. Alle Schritte die notwendig seien, würde man ergreifen. Das klingt wie der Spruch von Mario Draghi „whatever it takes“. Wenn Erdogan schon keine höheren Zinsen zulässt, dann fluten die Zentralbanker wenigstens die Banken mit Geld, damit das Finanzsystem innerhalb der Türkei erstmal nicht kollabiert.

Erdogan lehnt IWF-Hilfe ab

Wo die Maßnahmen der Zentralbank auf die Lira zumindest ganz kurzfristig beruhigend wirken (sie tut überhaupt irgendwas), da poltert Präsident Erdogan weiter drauf los. So sagte er am Wochenende die Türkei werde keinerlei Hilfen vom IWF annehmen. Denn man wisse, dass diejenigen, die einem die IWF-Kredite schmackhaft machen, eigentlich vorschlagen die Unabhängigkeit der Türkei aufzugeben. Damit spricht Erdogan die Tatsache an, dass der IWF für seine Hilfen stets drastische Reformen in dem jeweiligen Land verlangt. Und da hat Erdogan natürlich recht – wer Geld vom IWF annimmt, muss sich seinen Bedingungen fügen.

Erdogan gegen die Verschwörung

Seite heute früh gelten die verdoppelten Stahl-Importzölle der USA gegen die Türkei. Rein wirtschaftlich sollten diese Zölle die Türkei nur minimal treffen. Wichtiger ist der Zoll aber als psychologischer Schlag gegen die Türkei. Und so sieht Erdogan eine Verschwörung gegen die Türkei. Was die USA mit ihren Provokationen nicht erreicht hätten, würden sie nun mit ihrer Geldpolitik versuchen, so Erdogan.

Es sei ganz klar ein Wirtschaftskrieg gegen die Türkei. Die Türkei sehe sich „wieder“ einer heimtückischen Verschwörung ausgesetzt. Aber so Gott es will, werde man sie überstehen. Auch betont Erdogan aktuell, dass es gar keine Wirtschaftskrise in der Türkei gebe. Aber komisch ist, dass er nach Freitag am Wochenende erneut seine Landsleute aufforderte Dollar und Euro in türkische Lira einzutauschen.

Dass Erdogan einfache wirtschaftliche Kenntnisse fehlen (man muss es leider so klar sagen), erkennt man auch an folgender Aussage vom Wochenende. Da warnte er nämlich Unternehmen, die in einer wirtschaftlichen Schieflage stecken, davor Insolvenz anzumelden. Sie würden damit einen Fehler begehen. Frage: Wenn ein Unternehmen zahlungsunfähig ist, soll es dann also einfach weitermachen, weiter Schulden machen, auch wenn es weiß, dass es diese Schulden gar nicht bezahlten kann, und auch wenn es zum Beispiel keine Gehälter zahlen kann?

Im Chart von USD vs türkische Lira seit Freitag früh sieht man aktuell, dass die Maßnahme der Zentralbank der Lira nur ein paar Augenblicke geholfen hat. Aktuell steigt USDTRY wieder an auf 6,80 (Lira-Abwertung).

USD vs Türkische Lira



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