Seit dem Wahlsieg dreht sich an den Märkten alles um Donald Trump und die Frage, wie seine Agenda die US-Wirtschaft im kommenden Jahr und darüber hinaus auf Wachstumskurs bringen wird. Der Trump-Trade beflügelte vor allem risikoreiche Anlagen und löste eine fulminante Rallye an den Krypto- und Aktienmärkten aus. Doch damit war es am Mittwoch vorbei, als die US-Notenbank Fed und ihr Vorsitzender Powell die Börsenparty platzen ließen. Die Rücknahme des Zinsausblicks und die erneute Bekräftigung des Kampfes gegen die Inflation führten zu einem starken Anstieg der Volatilität an den Märkten.
Trump hat einen Gegner – die Fed
Vor der Weihnachtspause hat ein nicht minder mächtiger Akteur die Bühne zurückerobert: Jerome Powell. Die hawkishe Wende des Fed-Vorsitzenden in dieser Woche hat die Inflation wieder in den Fokus der Anleger gerückt und zu den größten Kursbewegungen – sowohl nach unten als auch nach oben – seit dem Wahltag geführt.
Zunächst hatte Powell am Mittwoch seinen schwindenden Enthusiasmus für Zinssenkungen zum Ausdruck gebracht und Aktien und Anleihen auf die tiefsten Kurse seit Monaten geschickt. Zwei Tage später hellte sich die Stimmung deutlich auf, als der von der Fed bevorzugte Inflationsindikator zeigte, dass die Preise weniger stark stiegen als erwartet, was eine marktübergreifende Rally auslöste, die dazu beitrug, den Wochenverlust des S&P 500 zu verringern.
Wie Bloomberg berichtet, war die extreme Volatilität auf gehebelte Long-Positionen zurückzuführen, die größtenteils von Anlegern gehalten wurden, die auf eine Fortsetzung des Trump-Trades für risikoreiche Anlagen setzten. Die Allokationen in US-Aktien stiegen auf ein Rekordhoch, während die Cash-Positionen laut der globalen Fondsmanagerumfrage der Bank of America fast vollständig verschwunden sind. Selbst systematische Akteure wie volatilitätsgesteuerte Fonds haben verstärkt in Aktien investiert.
Fed sorgt für Turbulenzen
Die Kursschwankungen erinnern daran, dass es zwar Trump war, der die Spekulationen angeheizt hat, dass aber die Inflationsentwicklung – und die Reaktion von Fed-Chef Powell darauf – ein ebenso großes Problem für die Märkte darstellt, an denen die Käufe von der Hand in den Mund zu extremen Bewertungsniveaus geführt haben. Trotz der Erholung am Freitag ist der US-Leitindex S&P 500 in den letzten fünf Tagen um etwa 2% gefallen, während Standardwerte wie Small Caps und Substanzwerte die dritte Woche nach der Wahl nachgaben.
Der Dow Jones verzeichnete zwischenzeitlich mit zehn Verlusttagen in Folge sogar eine der längsten Verlustserien seiner langen Geschichte, da sich die jüngste Aktienrallye vor allem auf Technologiewerte konzentrierte. Die ungesunde Marktbreite vor dem Fed-Event war bereits ein Warnsignal, denn unter der Oberfläche der Rally hatten sich Risse gebildet. Powell und die Fed brachten diese Risse schließlich zum Platzen.
„Die Anleger gingen davon aus, dass die Fed die Zinsen auf jeden Fall senken würde“, sagte Sameer Samana, Senior Global Market Strategist beim Wells Fargo Investment Institute. „Die Enttäuschung war, dass die Fed endlich aufgewacht ist und erkannt hat, dass die Inflation nicht mehr sinkt.“
Das letzte Überbleibsel vom Trump-Trade ist vorerst das, was viele Anleger am wenigsten wollten: steigende Anleiherenditen. Die Renditen für zehnjährige US-Staatsanleihen stiegen auf den höchsten Stand seit sieben Monaten. Ausschlaggebend für diese Entwicklung waren die schwindenden Zinssenkungserwartungen nach der Fed-Sitzung am Mittwoch, bei der die Notenbanker angesichts der hartnäckigen Inflation weniger Zinssenkungen in Aussicht stellten.
Dies ebnete den Weg für die Schmerzen am Mittwoch, als der Zinsausblick der Fed und Powells hawkishe Kommentare in einen regelrechten Ausverkauf an den Märkten mündeten, einschließlich des schlimmsten Rückgangs des S&P 500 an einem regulären Fed-Entscheidungstag seit 2001. Aber auch Edelmetalle wie Gold und Silber und der breite Kryptomarkt verbüßten starke Rückgänge.
Fed-Wende überrascht Märkte
Selbst an den hyperaktiven Rändern des Marktes zeigten sich Ermüdungserscheinungen. Bitcoin, dessen steiler Preisanstieg ein Markenzeichen der Trump-Euphorie war, fiel wieder unter die Marke von 100.000 Dollar und schickte Michael Saylors MicroStrategy um mehr als 10% ins Minus. Ein geschlossener Fonds mit Beteiligungen an Privatunternehmen, Destiny Tech100, verlor rund 15%, während der ARK Innovation ETF nach der Fed-Sitzung die höchsten Abflüsse seit einem Monat verzeichnete.
„Es gab viele Leute, die überrascht waren, selbst diejenigen, die eine hawkishe Fed-Sitzung erwartet hatten“, sagte Max Gokhman, Senior Vice President bei Franklin Templeton Investment Solutions. „Dann kam es zu einer Art Tauziehen zwischen denjenigen, die glauben, dass die Agenda des neuen Präsidenten die animalischen Geister entfesseln wird, und denjenigen, die glauben, dass stattdessen eine deutliche Inflation ausgelöst wird, die die Aktienmärkte weiter nach unten drücken wird.
Kurzum: Anleger, die angesichts von Trumps Steuersenkungs- und Deregulierungsversprechen euphorisch geworden sind, müssen nun die Aussichten gegen das greifbarere Risiko abwägen, dass Powell und die Fed im Kampf gegen die Inflation nicht nachlassen. Der Fed-Vorsitzende wollte die politischen Prioritäten des designierten Präsidenten nicht in die härtere Inflationspolitik der Notenbank einbeziehen, lehnte sie aber auch nicht gänzlich ab.
Angstbarometer
Die Verwirrung darüber, welcher Input zu berücksichtigen ist, war das Rezept für eine anlagenübergreifende Volatilität. Der VIX, das „Angstbarometer“ der Wall Street, kletterte am Mittwoch auf 28 und damit auf den höchsten Stand seit August, um am Freitag wieder unter 20 zu fallen. Die Renditen 10-jähriger Staatsanleihen waren bis Donnerstag neun Tage in Folge nicht gefallen, gaben dann aber nach, als der so genannte Kernindex der privaten Konsumausgaben (PCE) den langsamsten monatlichen Anstieg seit Mai verzeichnete.
Die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen sind nun innerhalb von zwei Wochen um rund 37 Basispunkte gestiegen – der größte Anstieg in diesem Jahr über einen solchen Zeitraum, während ETFs, die Investment-Grade- und Hochzinsanleihen verfolgen, nachgaben. Unter den Kryptowährungen verzeichnete Bitcoin am Donnerstag und Freitag zwei seiner schlimmsten Verluste in diesem Quartal, nachdem der Kurs seit Jahresbeginn um mehr als 100 Prozent gestiegen war.
Nicht alle sind von den jüngsten Marktturbulenzen betroffen. Alessio de Longis, Chief Investment Officer bei Invesco Solutions, sagte, er habe seit Juli Positionen gehalten, die davon profitierten, dass Aktien im Vergleich zu Anleihen oder defensiven Aktien stiegen. Es sei schmerzhaft gewesen, diese Positionen zu halten, als die Anleger sich für den Trump-Trade begeisterten.
„Wir beginnen zu sehen, dass sich das bereits auflöst“, sagt de Longis. „Der Trump-Trade wird müde.“
FMW/Bloomberg
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