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Twitter hat ein Hauptproblem: Ungewissheit wohin man guckt

Von Claudio Kummerfeld

Gestern Abend gab es das konkrete Gerücht Twitter-Interimschef Jack Dorsey werde zum Dauer-Chef gemacht (wir berichteten). Anscheinend war kein Externer gut genug und so soll eigentlich heute der alte Neue als Dauerlösung verkündet werden. Das gäbe dem Unternehmen ein wenig Hoffnung in Sachen Innovation und Glamour.

Bleibt er dauerhaft oder doch nicht?

Aber Twitter hat ein Hauptproblem. Aller Orten Ungewissheit. Das zeigt sich auch heute wieder im Kurs der Twitter-Aktie. Stieg sie gestern noch in einer kleinen Dorsey-Euphorie um gut 3%, so fällt sie heute früh (US-Zeit) schon wieder, und zwar stärker, als sie gestern gestiegen ist. Der Grund: Viele Analysten äußern heute früh Skepsis. Einerseits wäre Dorsey der richtige Dauer-Chef, andererseits munkelt man er möchte nicht von Chefposten seines eigenen aktuellen StarUps lassen, dass er aktuell ja auch noch leitet. Somit hätte er dann zukünftig zwei Vollzeitjobs und stände nicht mit voller Kraft Twitter zur Verfügung. Was wäre gut für das Unternehmen? Dorsey oder doch noch einen Externen finden? Ungewissheit!

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140 Zeichen vor dem Ende?

Es konkretisieren sich auch Gerüchte, dass Twitter seit geraumer Zeit eine interne Arbeitsgruppe zum Thema „140 Zeichen“ betreibt. Die Gerüchte kursieren schon ewig, es scheint jetzt aber heiß zu werden. Aber wann genau fällt die Grenze? Und wird sie mehr Schaden als Nutzen anrichten?

Die Message von ZDF-Mann Claus Kleber zu dem Thema erhielt bisher 117 Retweets. Na gut, er hat auch 158.000 Follower auf Twitter, aber trotzdem zeigen diese Retweets die Sympathie für Kleber´s Ankündigung Twitter den Rücken kehren zu wollen, wenn Twitter das Maximum von 140 Zeichen aufweicht. Denn das ist eines DER bisherigen Hauptmerkmale von Twitter, kurze auf maximal 140 Zeichen begrenzte Nachrichten. Der Schreiber wird gezwungen sich kurz zu fassen, seine Message komprimiert, kurz und knackig rüberzubringen. Der Leser spart Zeit, weil er in wenigen Worten eine Message erhält, ohne ellenlange Texte lesen zu müssen. Fällt die Grenze, gewinnt man sicherlich viele neue Nutzer (auch Werbekunden) hinzu, die gerne mehr im Tweet schreiben würden, aber man wird sicher auch einen Teil des harten Kerns der bisherigen Twitter-Fangemeinde verlieren. Was überwiegt? Mehr neue Nutzer als verlorene Altnutzer? Ungewissheit!

Neue Twitter-Nutzer in Aussicht?

Facebook und Instagram, obwohl schon so groß, wachsen stärker als Twitter. Bei dem wichtigsten Kriterium für Social Media-Firmen, die börsennotiert sind, der Zahl neuer User, sah es zuletzt bei Twitter wirklich trübe aus. Gegenüber dem 1. Quartal stieg die Nutzerzahl von Twitter im 2. Quartal gerade mal um 2 Mio auf 304 Mio. Jack Dorsey zeigte sich am 28. Juli bei der Präsentation der Q2-Zahlen mehr als sauer über dieses Mini-Wachstum und sagte selbstkritisch „Das ist inakzeptabel und wir sind nicht glücklich damit“.

Dazu gab es von Twitter in den letzten Monaten leider kaum klare Aussagen. „Man werde was tun“ usw, so schwammig und lustlos kann mal es zusammenfassen. Im Juni ging der alte Chef, der ganz alte Chef Jack Dorsey kam als Interimschef und ist es bis heute geblieben. Aber die große sensationelle Produktinnovation hat er bis jetzt auch noch nicht gebracht. Das kann sich natürlich jederzeit ändern, aber es bleibt ungewiss, wie die neuen User in großer Zahl angelockt werden sollen. Sehr viel Kritik gab es gerade in den letzten Monaten zur mangelnden Benutzerfreundlichkeit, die viele potenzielle Neu-User abschreckt. Hierzu gab es auch noch nichts Neues. Ungewissheit!

Eine (für Aktionäre) gute Nachricht gibt es dann jüngst doch noch, die sich im Kurs aber bisher nicht wiederspiegelt. Twitter geht jetzt mit dem „Buy Button“ in den USA in die Offensive, dort schließt man mit großen Onlinehändlern Partnerschaften, damit diese über Twitter ihre Produkte verkaufen können. Twitter dazu: „Wir freuen uns heute eine Reihe von Partnerschaften zu verkünden, die es für Händler jeder Größe einfacher machen werden Produkte, digitale Waren oder Dienstleistungen direkt innerhalb eines Tweets via BUY NOW zu verkaufen“.

Aber nochmal kurz zurück zu Jack Dorsey. Mit einer klaren Aussage zu seiner Person könnte Twitter jetzt schon mal einen Teil der Ungewissheit bei Seite schieben. Vielleicht geschieht das ja schon in wenigen Minuten nach Veröffentlichung dieses Artikels, oder erst in Stunden, Tagen? Der Markt hängt ständig in einem luftleeren Raum. Vielleicht hat der Twitter-Aktionär ja auch endlich mal Glück und die Quartalszahlen, die für das 3. Quartal Ende Oktober vermeldet werden, zeigen eine positive Überraschung bei der Zahl neuer Nutzer? Ungewiss! So schwebt der Aktionär von Twitter im luftleeren Raum vor sich hin. Auch wenn in den letzten Wochen/Monaten mal ansatzweise gute News am Horizont auftauchten, verpuffte alles sofort und die Aktie fiel noch weiter. Ein personeller (Dorsey?) Befreiungsschlag muss her, wie auch ein inhaltlicher, dann könnte die Aktie auch wieder steigen!



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