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UK-Wahl und Märkte: Die Party der Falschen

Die Jungwähler haben Theresa May und ihrem harten Brexit einen Dämpfer versetzt. Nun feiern die Märkte, weil das Pfund fällt - aber das geht an der ökonomischen Realität weit vorbei. Es feiern die Falschen aus den falschen Gründen!

Von Markus Fugmann

Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es lustig: da deutet sich politisches Chaos an in einem der wichtigsten Länder Europas, und die Aktienmärkte finden das ganz prima. Es ist derselbe Mechanismus wie beim Brexit: das Pfund fällt, also steigt der britische Leitindex FTSE100, weil viele der in dem Index enthaltenen Unternehmen zwar ihren Sitz in UK haben, aber viel Geschäft im Ausland betreiben und damit aufgrund des schwachen Pfund mehr verdienen (in Pfund Sterling).


(FTSE100)

Das Problem ist nur: für die britische Wirtschaft, die eigentlich durch einen Leitindex wie den FTSE1000 abgebildet werden sollte, ist das schlecht. Sehr schlecht. Der Grund ist schlicht: der Konsument säuft ab. Weil aufgrund des schwachen Pfunds die Inflation schneller steigt als die Löhne, verlieren die Briten an Kaufkraft. Daher fallen seit drei Monaten die Immobilienpreise, womit wiederum das Vermögen, das die Briten besitzen, sich reduziert (das Vermögen der Briten basiert fast ausschließlich auf Immobilienbesitz).

Mit anderen Worten: die Aktienmärkte, zumindest der Leitindex FTSE100 und in dessen Gefolge auch andere europäische Indizes, steigen, obwohl sich damit die Basis für Kursanstiege, so etwas anscheinend so Unwesentliches wie die Wirtschaft, verschlechtert. Irgendwann wird dann die Kluft zwischen Kursen und Realität zu groß und es scheppert.

Wahrscheinlich ist, dass Theresa May diese gefühlte Niederlage politisch nicht überleben wird. Also gibt es Neuwahlen, also zieht sich die Unsicherheit über den Brexit weiter hin. Herrscht Unsicherheit, wird nicht investiert, wird nicht investiert, leidet mit Verzögerung die Wirtschaft.

Eines ist interessant: nämlich die Tatsache, dass diesmal, anders als beim Brexit-Votum, die Jungwähler zur Wahl gegangen sind – und zwar satte 72% der 18 bis 25 Jährigen. Sie haben ihre Stimmen erhoben, nachdem sie vorher „gepennt“ hatten – und die Jungwähler wollen keinen harten Brexit, anders als die Alten – anders also als Theresa May und die Junkies, die jetzt die Märkte hochkaufen.

Hinzu kommt, dass wir es diesmal mit einer Internet-Wahl zu tun haben. So war das gute Ergebnis von Labor schon aufgrund der Google-Anfragen im Vorfeld erkennbar:

Dazu die extrem frequentierten Seiten im Netz, die zu taktischem Wahlverhalten innerhalb des eigentlich ungerechten britischen Mehrheitswahlrechts aufriefen – offenkundig mit einigem Erfolg. Wer also Grund zum Feiern hätte, ist die Jugend, nicht die Alten und Etablierten, die sich jetzt wieder einmal die Aktienmärkte „schön kaufen“ und verdrängen, dass das immer mehr an der Realität der Menschen, vor allem an der ökonomischen Realität, vorbei geht!



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10 Kommentare

  1. … und wenn die briten gar keinen brexit mehr wollen und jetzt in kleinen schritten eine abkehr einleiten wollen !?!

  2. … die heutigen Wirtschaftsdaten aus UK sind berauschend ;-) – schaut überhaupt noch jemand darauf? Völlig irrational das Ganze – aber ich hab heute darauf gewettet – und fette Beute gemacht.

  3. Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es lustig: da deutet sich politisches Chaos an in einem der wichtigsten Länder Europas, und die Aktienmärkte finden das ganz prima.

    Richtig, und warum „die“ das prima ? Weil das eine Wahl „pro-Europa“ war, sonst nix.
    Man wollte sich den Rückhalt bei der britischen Bevölkerung holen, durch die Neuwahlen, man war sich sicher, das Ding gewinnen wir sowieso. Sollte May mehr als 6 Regierungssitze verlieren, so werde sie zurücktreten ?

    https://www.facebook.com/TheresaMayOfficial/posts/1737355726281193

    „For that reason, and because of the chaos his plans would unleash on this country, I will redouble my efforts in the weeks to come to earn every vote. That will strengthen my hand when I negotiate in Europe and help me build a stronger, fairer, more prosperous Britain.“

    Und was ist jetzt der Fall ?

    Da brauchen die Briten 1 Jahr, um zu kapieren, dass der Brexit für sie nicht so toll ist ? :D
    Na, ja immerhin, man kann es mal versuchen…

  4. Ich bin 100% überzeugt, daß UK niemals wirklich austreten will und wird. Diese Wahlen sind der Beweis. Mit verschiedenen Tricksereien und Schwindeleien werden sie drin bleiben ohne daß wir es richtig merken. Exits werden keine schwarzen Schwäne sein, auch nicht Italien. Die kommen woanders her, überraschend, unerwartet, schwarzschwanmäßig eben.

  5. M.Fugmann bringt es wieder mal genau auf den Punkt. Der Labour Mann hat populistischen Wahlkampf gemacht u.den jungen Studenten ( der künftigen Elite )mehr Ausgaben für Bildung u.Soziales versprochen, das mögen die Leute obwohl GB schon stark verschuldet ist.Die Einsparungen bei der Polizei hat man T.May zum Vorwurf gemacht,obwohl man auch mit viel mehr Polizei nicht alle Anschläge verhindern kann. Es ist auch nicht zu übersehen, dass rechter Populismus richtigerweise kritisiert wird, linker Poulismus kommt immer gut an.
    ( siehe auch Martin Schulz ) Das alte Spiel, SCHLECHT FÜRS LAND= SCHLECHT FÜR DIE WÄHRUNG= GUT FÜR DIE BÖRSE läuft wieder weiter, BRAUCHT ES WIRKLICH DEN WELTUNTERGANG BIS DIE BÖRSEN AUF SCHLECHTE NACHRICHTEN AUCH NEGATIV REAGIEREN ?

    1. „Das alte Spiel, SCHLECHT FÜRS LAND= SCHLECHT FÜR DIE WÄHRUNG= GUT FÜR DIE BÖRSE läuft wieder weiter, BRAUCHT ES WIRKLICH DEN WELTUNTERGANG BIS DIE BÖRSEN AUF SCHLECHTE NACHRICHTEN AUCH NEGATIV REAGIEREN ?“

      Das sind keine schlechten Nachrichten, das sind gute. Es zeigt, dass man in GB umgedacht hat, bzw. dass diesmal die breite Masse sagt , was sie denkt.
      Natürlich könnte man sagen, die spinnen, die Briten, raus aus den Kartoffeln , rein in die Kartoffeln.
      Man hat aber meiner Meinung nach gemerkt, dass es in Sachen Brexit keinen Verhandlungsspielraum gibt – die Briten haben einiges hinbekommen, beispielsweise ihre Autoindustrie an die Wand gefahren, „Made in Germany“ erfunden und jetzt steht ihr allergrößtes Asset auf dem Spiel : der Finanzplatz London.
      Beim Brexit wird es keinen „Sieger“ geben, aber garantiert einen Verlierer GB !

  6. Und wenn ihr der Vorwurf der Opposition zum Nachteil gereicht hat, dass sie als Innenministerin den Polizeiapparat drastisch verkleiner hätte?
    Und die Briten auch Angst haben um ihr Leben. Mehr noch als um die Wirtschaft rund um einen Brexit?

    (Ich weiß, berichtet wurde in den Medien zwei Tage vor der Wahl, dass die Anschläge kaum eine Rolle spielen würden)

  7. Nachtrag zu Kommentar 13:13
    Die linken Parteien sind zwar immer für mehr Polizei, aber gegen Effizienz ,d.h. Video Überwachung, Ausschaffungen u.Durchsetzung der schon bestehenden Gesetze ( siehe auch Deutschland )

    1. Mehr Polizei u.s.w. bedeutet eh nur Rumdoktern an den Symptomen.
      Die Ursachen gilt es anzupacken.
      Aber wer will das schon?

      (Vergleich: Wir werden ab sofort AIDS verstärkt bekämpfen – in dem wir mehr und stärkere Medikamente bereitstellen. Das würde die Ursache auch nicht beseitigen)

      1. Genau Gerd. Wie bei uns. Erst lässt man tausende junge Männer unkontrolliert ins Land. Dann steigen die Straftaten von Einheimischen und Ausländern und es gilt Hunderte rund um die Uhr zu überwachen. Jetzt will man mind. 10000 Polizisten einstellen und ausbilden (dauert 2 1/2 Jahre). Der Kausalzusammenhang wird allenfalls modifiziert wiedergegeben. (Dauerlamento: Wir haben zu wenig Polizisten). Weiß jemand, wie viele noch täglich kommen und wieviele das Land weg. fehlender Asylgründe verlassen? Hinweis: Ich habe keine rechte Gesinnung, die man heute schnell angehängt bekommt. Gruß

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