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Ukraine-Forderung an Russland: Jazenjuk im Märchenland

FMW-Redaktion

Was ist da los? Die Ukraine stellt eine Forderung an Russland, die man auf den ersten Blick gar nicht glauben will. Man will Russland verklagen, wenn es nicht bis Ende Oktober auf einen Teil seiner 3 Milliarden Dollar-Forderung verzichtet, denn die westlichen Gläubiger hätten ja auch schon zugestimmt…

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Arsenij Jazenjuk, Premierminister der Ukraine.
Foto: Ybilyk/Wikipedia (CC BY-SA 3.0)

Aber ein paar Schritte zurück. Was was vorher passiert? Monatelang hatte die Ukraine mit privaten Gläubigern, vor allem aus den USA, über einen Schuldenschnitt verhandelt. Der ist jetzt fertig verhandelt. Man verzichtet auf 20% seiner Forderungen und stimmt für die Restschuld einer Laufzeitverlängerung zu, was der Ukraine mehr Luft zum Atmen gibt. Ob man dann diese neuen Verpflichtungen erfüllen kann, ist eine andere Frage. Wie auch immer, hierbei ging es um Anleihen im ursprünglichen Volumen von 15 Milliarden US-Dollar.

Fehlt nur noch Russland, dass wie hinlänglich bekannt eine 3 Milliarden Dollar-Forderung gegen die Ukraine hat. Premier Jazenjuk scheint wie selbstverständlich davon auszugehen, dass Russland einem Schuldenschnitt zustimmen muss, weil seine westlichen Gläubiger es getan haben. Aber aus Russland bisher kein Signal einer Zustimmung. Warum auch? Wo ist der Automatismus da mitzumachen? Premier Jazenjuk droht Russland zu verklagen. Vor welchem Gericht? Gute Frage – aus seinen Äußerungen kann man mutmaßen, dass er es indirekt über internationale Schiedsgerichte versuchen könnte – wohl mit wenig Aussicht auf Erfolg.

Haben Sie das schon mal gehört? Der Schuldner gibt dem Gläubiger eine Frist. Bis dahin muss der Gläubiger einem teilweise Forderungsverzicht zustimmen, sonst wird er verklagt!?! Wo gibt´s sowas? Hier geht es gar nicht draum, ob man zum Lager „Pro Ukraine“ oder „Pro Russland“ gehört. Es geht um die grundlegende Stellung zwischen einen Schuldner und seinem Gläubiger. Als Schuldner verhalte ich mich doch höflich, sachlich und, wenn ich einen Schuldenschnitt haben möchte, in einer bittenden Form, aber drängen, fordern, Fristen stellen? Selten erlebt sowas!

Wenn Sie diese Dreistigkeit nicht glauben können, hier das schriftlich niedergelegte Original-Zitat von Premier Jazenjuk, heute veröffentlicht von der ukrainischen Regierung:

„On October 29 we offer Russia once again to take a decision whether they want to get the terms we proposed to all creditors, or they consider themselves unique. If they believe they are unique – we’re ready for legal proceedings with the Russian Federation. If they consider they are normal, then we offer them on 29 October accept the same conditions as all Ukrainian bondholders did, which is a partial reduction and restructuring of debts. There won’t be any other conditions for Russia.“

Wenn sich Wladimir Putin darauf einlässt, wäre das für ihn ein enormer Gesichtsverlust. Allein schon deshalb ist die Wahrscheinlichkeit eines Verzichts seitens Russland gleich Null.

Hier die Originalmeldung des ukrainischen Finanzministeriums:


„The Ministry of Finance is pleased to announce that on 14 October 2015 all sovereign and sovereign guaranteed bonds, with the exception of the December 2015 USD3bn bond, passed an Extraordinary Resolution approving the proposed restructuring. Settlement of the exchange offer for the 13 series of bonds which yesterday approved their respective Extraordinary Resolutions would result in the restructuring of c.US$15bn of Ukraine’s external debt, achieve a 20% debt reduction for Ukraine (c.US$3bn) and allow Ukraine to avoid paying any of the previously scheduled US$8.5bn of principal falling due under such bonds during the next four years.

This success represents the outcome of seven months of intensive work of all Ukrainian authorities, coordinated by the Ministry of Finance, to convince Ukraine’s bondholders of the necessity of a debt restructuring. All Ukraine’s partners supported the debt restructuring. An adjourned bondholder meeting will be held in London on 29 October 2015 in relation to the December 2015 bond as the quorum was not reached at the initial meeting held today. At this meeting the holders of this bond – today the only holdouts – will have a final opportunity to join all of Ukraine’s other external bondholders in supporting Ukraine’s debt restructuring.

As provided in the Exchange Offer Memorandum of the debt operation, a final decision on settlement of the entire exchange operation will be taken by the Ministry of Finance immediately following the adjourned meeting. If the decision is taken to proceed, it is anticipated that settlement will occur and new securities will be delivered to bondholders mid November 2015.“




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7 Kommentare

  1. Na ja, die Griechen haben es doch auch geschafft :-)

    1. Das ging aber bei der EU nur, weil sie vollständig fremdbestimmt ist – der andere Part tut dies nur, weil eigene Interessen dahinter stehen. Da wird von unserer hiesigen Führung sogar beim eigentlichen Führer [1] bittend unterwürfig angefragt, ob man denn mal was ändern dürfe. So viel zur Souveränität unseres Landes und entsprechender Entscheidungskraft.
      [1] Assoziationen zu historischen Persönlichkeiten durchaus gegeben (das „r“ bitte etwas rollend aussprechen)

    2. ja… bei uns schon…..aber bei den Russen ?????

  2. Russland verliert bei der Teilnahme am Schuldenschnitt kein Geld, sondern verzichtet quasi nur auf Zinsen. Jeder der am Schnitt Teilnimmt bekommt neue Eurobonds mit einer Verzinsung von 7%. Nach den 4 Jahren übersteigen die Zinsen den Verzicht auf die Schulden. Realistisch gesehen sollte der harte Zahlungsausfall nur 4 Jahre hinausgezögert werden.

    Die Ukrainische Finanzministerin will schon eine Aufstockung des 40 Mrd. $ Bailouts wohl um über 8 Mrd $. Weil der IWF und die anderen Bailout Geber wegen fehlenden Reformfortschritten gerade keine Devisenkredite auszahlen, geht der EBRD gerade in die vollen um das zu überbrücken. Ein großer Devisenbringer der Ukraine war bisher die Stahl- und Eisenerzindustrie, wo in beiden die Preise abgerutscht sind und ein harter Kampf um Kunden herrscht. Daher dürften der Ukraine jetzt eine Menge Devisen für die sehr hohen Privaten und Staatlichen Devisenschulden fehlen. Die Pleite könnte sehr viel schneller eintreten.

  3. Realitätsverlust
    Weil die „Hilfe“ des Westens Jaz und Poro ermutigt, nicht zuzugeben, dass man pleite ist, versucht mal wieder der Schwanz mit dem Hund zu wedeln. Und die Bevölkerung darf sich den Hintern abfrieren. Am Ende mal wieder: Böööse Russen…

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