Anleihen

Unglaublicher Finanz-Wahnsinn: Anleger stürzen sich auf immer größere Negativrenditen in Italien und Deutschland

Haben wir schon erwähnt, dass das ein Finanz-Wahnsinn ist? Zumindest aus unserer kleingläubigen Sichtweise! Das ist kein Markt mehr, das ist einfach nur noch kaputt. Die Auswirkungen spüren die Kleinsparer und...

Von Claudio Kummerfeld

Es ist schon wahnsinnig genug, dass Gläubiger freiwillig Zinsen dafür zahlen, dass sie dem Schuldner Geld leihen. Aber noch wahnsinniger ist, dass die Anleger umso heißer auf neue Anleihen sind, je weiter die Rendite ins Negative rutscht. Einfach unglaublich. Haben wir schon erwähnt, dass das ein Finanz-Wahnsinn ist? Zumindest aus unserer kleingläubigen Sichtweise! Das ist kein Markt mehr, das ist einfach nur noch kaputt. Die Auswirkungen spüren die Kleinsparer und Arbeitnehmer erst in 30 oder 40 Jahren, wenn ihre Rente und ihre privaten Rentensparpläne viel geringer ausfallen als eigentlich gedacht. Denn sie zahlen über Umwege (Fonds, Versicherungen) diese Negativzinsen – dieses Geld fehlt ihnen dann später.

Italien macht es heute wieder mal vor. Für eine Laufzeit von 12 Monaten bat man institutionellen Anlegern (Fonds, Versicherungen, Banken) an italienische Staatsschulden im Volumen von 4,75 Milliarden Euro zu kaufen. Die Nachfrage war mit unglaublichen 9,96 Milliarden Euro mehr als doppelt so groß! Sehen Sie unten die Grafik!

Die Negativrendite, die bei der vorigen Emission der selben Laufzeit noch bei -0,395% lag, sinkt jetzt sogar noch weiter auf -0,407%. Und das in einem Umfeld, wo die Anleihekäufe der EZB nächstes Jahr zurückgehen werden. Die Konjunktur in Europa brummt ohne Ende, die Arbeitslosigkeit sinkt offiziell (!) immer weiter. Aber ja, die Inflation und die Löhne – beides will im Durchschnitt der Eurozone einfach nicht steigen – und selbst wenn, die Kernrate hinkt noch stärker zurück – der Anleihemarkt preist also ein, dass die Zinswende in weiter, noch verdammt weiter Ferne liegt, zumindest in der Eurozone.


Grafik: Italienisches Finanzministerium

Deutschland

Auch Deutschland hat heute einen Kurzläufer verkauft, über zwei Jahre. Bundesschatzanweisungen im Volumen von 3 Milliarden Euro wurden angeboten. Die Nachfrage lag bei 4,1 Milliarden Euro. Die Negativrendite lag vor vier Wochen noch bei -0,71% Rendite. Jetzt sinkt sie auf -0,74%. Nachfrage im Volumen von 2,37 Milliarden Euro war sogar unlimitiert.

Hier die Beispielrechnung. Tatsächlich verkauft hat man statt 3 nur 2,411 Milliarden Euro. Die Differenz zu 3 Milliarden Euro Angebot floss in die Marktpflegequote, um später die Handelbarkeit der Anleihe am freien Markt zu gewährleisten. Verkauft wurden die Anleihen heute zu einem Kurs von 101,49% (Anleihekurse notieren immer in Prozentpunkten). Somit hat der deutsche Staat heute nominal Anleihen für 2,411 Milliarden Euro verkauft, tatsächlich aber 2.446.923.900 Euro eingenommen. In zwei Jahren zahlt man dann nur 2,411 Milliarden Euro zurück.

Also hat der deutsche Staat heute auf einen Schlag (mal wieder) gut Gewinn gemacht. In diesem Fall waren es 35,9 Millionen Euro!



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

4 Kommentare

  1. Hallo Herr Kummerfeld,

    Warum macht der Käufer so einen Deal? Soll das zur Intransparenz des Finanzwesens in Europa dienen?
    Und noch eine Frage in eigener Sache. Wie kann ich meiner Bank soetwas anbieten? ;-)

    Viele Grüße,
    C.M.

  2. Frei nach dem Motto: The show must go on!

    Auch auf der Titanik hat die Band bis zum bitteren Ende gespielt. ;)

  3. Wer z. B. am Aktienmarkt gehebelt oder short traden will, muß seinem Broker Collateral geben. Bei einer Pleite des Brokers ist eine Anleihe als Collateral weniger gefährdet als eine Casheinlage. Die negative Rendite der Anleihe ist also eine Art ersicherungsprämie.

  4. Es wäre schön zu wissen zu welchem Preis die EZB diese Anleihen am Sekundär- Markt aufkauft. Ich kann mir nicht helfen aber ich meine hier liegt der Gewinn, keiner verschenkt Geld, falz doch gebe ich gerne meine Kontonummer an.

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage