Aktien

US-Aktien-Rally wie in den 90ern – wo bleibt die Korrektur?

Der Handelssaal der New York Stock Exchange (NYSE). Foto: Michael Nagle/Bloomberg

Die Aktienmärkte wirken derzeit wie auf Messers Schneide: Viele Investoren haben längst mit einem überfälligen Rückgang gerechnet, doch Nasdaq und S&P 500 trotzen weiterhin den skeptischen Stimmen. Ein spannendes Ringen tobt zwischen abrupten Gewinnmitnahmen, einer schmalen Marktbreite und der ungebrochenen Faszination für Tech-Aktien – ein Szenario, das Erinnerungen an die euphorische, aber riskante Rally der späten 1990er Jahre weckt.

Aktienmärkte vor Rückgang?

Der von vielen erwartete starke Rückgang der Aktienmärkte ist bislang ausgeblieben. Trotz der Gewinnmitnahmen bei Tech-Aktien am Dienstag bleibt die Erzählung, die seit April die starke Erholung der US-Aktienmärkte befeuert hat, weiterhin stützend, da die Treiber der Rally nach wie vor intakt sind.

Laut einem Bericht von Bloomberg war der Rückgang des Nasdaq um 1,4 Prozent hauptsächlich auf Gewinnmitnahmen bei heißgelaufenen Technologiewerten wie Nvidia und Palantir Technologies – zwei der beliebtesten Aktien dieses Jahres – zurückzuführen. Die Anleger wechselten zu defensiven Titeln, um über die am häufigsten gehandelten Werte hinaus zu diversifizieren, blieben dabei aber in einem fundamental soliden Markt investiert.

Die Aktien konnten die Schwächephasen dank der Stärke der wichtigsten Treiber der diesjährigen Rally abschütteln: starke Gewinne der großen Technologiewerte und Large Caps im Allgemeinen sowie die Integration künstlicher Intelligenz.

Obwohl der S&P 500 weiter von seinem Rekordhoch der letzten Woche zurückfiel, schlossen am Dienstag mehr als 350 Indexmitglieder höher. Themen wie Aktien von Unternehmen mit Preissetzungsmacht, der Stagflationshandel und Aktien mit geringer Volatilität widersetzten sich dem Abwärtstrend und legten am Dienstag zu.

Andererseits wurden beliebte Tech-Aktien verkauft, wobei Meme-Aktien, Bitcoin-empfindliche Titel und europäische Rüstungsaktien deutliche Einbußen verzeichneten.

Einige Marktsegmente sind aktuell überkauft und die Marktbreite des Nasdaq 100 und des S&P 500 bleibt ungewöhnlich schmal. Währenddessen sendet die Rally erste Ermüdungsanzeichen. Abgesehen von den technischen Problemen bleibt das fundamentale Umfeld vorerst aber solide.

Source: Bloomberg

US-Aktien-Rally wie in den 90ern

Die aktuelle Marktlage veranlasst erfahrene Marktkommentatoren dazu, in den Geschichtsbüchern zu blättern.

„In mehrfacher Hinsicht erinnert mich dies an die spannenden Sommer Ende der 1990er Jahre“, schrieb Tony Pasquariello, Partner bei Goldman Sachs in einer Mitteilung an seine Kunden. Es gibt Parallelen zu der von Pasquariello angesprochenen Zeit: Die Aktienmärkte steuern auf eine Dreifachkonstellation aus Allzeithochs, extrem geringer Volatilität und einer Federal Reserve zu, die höchstwahrscheinlich die Zinsen senken wird, um zu verhindern, dass sich die jüngsten Risse im makroökonomischen Bild zu einer Rezession ausweiten.

Aktuelle Tech-Rally erinnert an das Ende der 1990er Jahre

Und obwohl die Handelsvolumina für US-Aktien in den nächsten zwei bis drei Wochen wahrscheinlich auf ihr saisonales Tief sinken werden, wodurch US-Aktien etwas anfälliger für plötzliche Kursschwankungen werden, gibt es kaum Anzeichen dafür, dass die Mehrheit der Anleger aus den Aktienmärkten aussteigen wird.

Die institutionelle Positionierung scheint selbst in einigen der heißesten Trades nicht übermäßig ausgeprägt zu sein. Der Handel mit Aktienfutures liegt weit unter seinem Höchststand, was darauf hindeutet, dass viele Portfolios keine größeren kurzfristigen Engagements aufgebaut haben.

S&P-500-Futures Exposure nicht auf Allzeithoch

CTAs und Unternehmensrückkäufe als Stütze

Die Ströme unter den momentumgetriebenen Rohstoffhandelsberatern (CTAs) tendieren stark nach unten, obwohl ihre Positionierung weitere Käufe zulässt. Noch wichtiger ist, dass die CTAs einen Auslöser in Form eines anhaltenden Rückgangs benötigen, bevor ihre Verkaufskraft zum Tragen kommen kann.

Unternehmensrückkäufe sind ebenfalls hilfreich für die Aktien, da nach Vorlage der Quartalszahlen mehr als 90 % der Unternehmen die Sperrfrist für Rückkäufe hinter sich haben.

Auch die Privatanlegerströme sind derzeit stabil und bieten breite Unterstützung. Die Optionsströme der Händler dürften den S&P 500 hingegen nicht belasten. Sie befinden sich nach dem letzten Verfall in dieser Woche auf einem zyklischen Tiefstand. Ein kleines Warnsignal senden jedoch die Insider, die – im Gegensatz zu den extrem bullishen Privatanlegern – zu den Verkäufern gehören.

Ströme nach ETF-Kategorie. Source: Goldman Sachs

Verbesserte Marktbreite

Nach dem jüngsten Rücksetzer an den Aktienmärkten könnten frische Impulse vom Terminmarkt ausgehen. „Auch wenn dies nicht immer der Fall ist, markiert die Woche nach dem Verfall oft den Beginn neuer Markttrends. Da die Positionierung der Händler dann am geringsten ist, ist die Volatilität tendenziell etwas höher und allein aufgrund der Marktstruktur weniger vorhersehbar.“

Trotz des Rücksetzers bei Tech-Aktien haben sich in der vergangenen Woche bei den Aktienindizes Anzeichen für eine Ausweitung der Marktbreite gezeigt. Einige Titel, die seit Jahresbeginn hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind, entwickeln sich jetzt besser, insbesondere US-Small-Cap-Aktien.

Auch anderswo gibt es Anzeichen dafür. So erreichte der Shanghai Composite Index den höchsten Stand seit zehn Jahren und überwand damit die Zollproblematik sowie die innenpolitischen Probleme Chinas. Diese Gewinne gingen mit einer regen Handelsaktivität einher, was auf eine anhaltende Risikofreude an den Aktienmärkten hindeutet. Bei den zuletzt heißgelaufenen US-Tech-Aktien und Börsenlieblingen ist jedoch kurzfristig Vorsicht geboten, da sie ein klares Signal wachsender Risikoaversion senden.

FMW/Bloomberg

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5 Kommentare

  1. Der Nasdaq geht heute auch wieder deutlich runter, beim. DJ ist das noch nicht klar. Die 2 Tage zusammen wären -6%. Das ist noch eine normale Schwankung, könnte aber noch mehr werden.

  2. Die Korrektur läuft doch bereits, auch wenn der Dow noch recht hoch steht im Vergleich zur NASDAQ, so sehe ich den Abverkauf im Dow gestern, ebenso wie der NIKKEI, welcher wie die NASDAQ bereits im Korrekturmodus über gegangen ist.

    Dazu passt auch das gestern beim CNN Fear&Greed Index bei den „put and call options“ gestern ein low der puts, bzw high der calls war.

    1. Sehe ich auch so, der andere Kram wird der Korrektur im Nasdaq folgen, heftige Rebounds nicht ausgeschlossen, d.h. an den richtigen Punkten Teilgewinne realisieren. Der Dow ist offensichtlich ein zäher Geselle und braucht einen extra Kick in den Hintern.

  3. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Die Aktienmärkte der Neunziger waren im Vergleich zu heute günstig, sehr günstig.

    Insofern hinkt der Vergleich gewaltig!

    Zwei Dinge müssen zusammenkommen damit’s an der Börse knallt, erstens hohe Kurse, also hohe Bewertungen und zweitens hohe Zinsen…

    Eins ohne das andere funktioniert nicht..

    Das habe ich hier Herrn Fugmann tausendmal versucht zu erklären, der ja seit dem August 2013 hier bärisch unterwegs ist…

    In den Neunzigern oder sagen wir frühen 2000er Jahren waren die Börsen im März 2000 crashreif…

    Hohe Zinsen trafen auf hohe Kurse…das sich der Nasdaq 100 später mit einem Abschlag von fast 85 Prozent vom Top wiederfinden würde, konnte in 2000 niemand sagen…

    Jetzt haben wir nochmals ganz andere, viel tiefer gehende Voraussetzungen…

    Durch die jahrelange Niedrigzinspolitik haben die Märkte sich so aufgebläht…das ist Wahnsinn…Der Nasdaq 100 ist von 795 auf fast 24000 gestiegen…das ist mehr als der Faktor 30…!
    Ich bin felsenfest davon überzeugt das war s jetzt…egal ob der Index nochmals kurzfristig neue All Time Highs sieht oder nicht..
    Damit geht ein Zyklus zu Ende der im Prinzip seit dem März des Jahres 2009 läuft!
    Es ist der zweitlängste Zyklus in der Geschichte der Börse…
    Nur der von Oktober 82 bis März 00 ging etwas länger, wenn auch damals von einem viel tieferen Niveau aus gestartet wurde….
    Herr Fugmann war einfach 12 Jahre zu früh dran…er dachte wahrscheinlich die 8100 im DAX würden jetzt ein Dreifachtop bilden, wovon der Index nach unten abprallt, so wie in 2000 und 2007/08..
    Das war aber falsch ,da er die negativen Realverzinsungen jener Zeit nicht beachtete..
    Seitdem hat sich der DAX Performance Index nochmals verdreifacht…
    Auch das zeigt die Dimensionen von wo wir jetzt reden…

    Die nächsten Jahre werden fürchterlich, vor allem für die zu spät gekommenen Anleger, Spekulanten und Investoren…
    Da können nicht einmal mehr die Notenbanken helfen…die Börse bricht unter ihrem eigenen Gewicht zusammen..das ist der schlimmste Fall der überhaupt passieren kann…
    Wo sich die Indizes wiederfinden werden kann heute keiner sagen, da die Börsen aber restlos überbewertet waren, ist der Korrekturbedarf gewaltig..
    Die Folgen des Crashs haben sich die Notenbanken aber selbst zuzuschreiben…

    1. Sehe ich nicht so. Die Amis müssen irgendwo ihr vieles Geld hintun. Wenn nicht am heimischen Kapitalmarkt anlegen, wohin dann? Sicher nicht in Europa oder China. Genau deshalb ist jeder dip eine Kaufgelegenheit. Ich denke, das einzige was die USA bedrohen kann ist ein Währungsverfall oder ein US-Präsident, der die Staatschulden reduziert. Letzteres ist bei Trump nicht zu erwarten, im Gegenteil: Trump schafft neue Schulden und verteilt anschließend das neue Geld an die Millionäre, die es in Aktien investieren – die Kurse steigen.

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