Von Claudio Kummerfeld
Die Banken in den USA sind deutlich profitabler als in Europa. Das ist kein Geheimnis. Der Finanzsektor in den USA wurde nach der Finanzkrise in Windeseile bereinigt. Kaputte Anbieter verschwanden oder wurden fusioniert mit Konkurrenten. Kaputte Bilanzen wurden bereinigt, frisches Geld floss in die Stärkung des Eigenkapitals. Heute stehen die Banken rentabler da denn je, und die europäischen Konkurrenten „kränkeln sich einen ab“, um es mal so zu sagen. Laut einer aktuellen Veröffentlichung von EY haben die nach Bilanzsumme zehn größten Banken in Europa letztes Jahr 24,5 Milliarden Euro Gewinn gemacht. Die größten Banken in den USA machten 116,3 Milliarden Euro Gewinn, also mehr als vier Mal so viel. Das ist schon mal eine kräftige Hausnummer!
Laut EY hinken die Europäer den Amerikanern jetzt 5 Jahre in Folge hinterher. Staatliche Finanzspritzen in den USA hätten den dortigen Banken massiv geholfen. Von den staatlichen Strafen bzgl. der Finanzkrise sind die Amerikaner aber sogar stärker betroffen mit 11,3 Milliarden Euro in 2016 statt 9,8 Milliarden Euro für die zehn größten EU-Banken in 2016. Viele Banken in Europa seien immer noch mit ihren Altlasten beschäftigt, so EY. Wie viele andere „Berater“ auch verweist EY auf die immer noch „ungünstige Kostenstruktur“ der Banken in Europa. Durch die neue Trump-Regierung könnte laut EY der Abstand bei der Rentabilität zwischen USA und EU sogar noch größer werden, weil die Bankenregulierung in den USA zurückgefahren werden dürfte – was die Gewinne der Banken natürlich tendenziell erhöhen wird.
Die Frankfurter Banken-Skyline. Foto: Christian Wolf/Wikipedia (CC BY-SA 3.0 de)
Der Vergleich hinkt
Natürlich ist es inhaltlich richtig, dass in Europa (Beispiel Italien) die Entfernung von Schrottkrediten aus den Bankbilanzen oft nicht durchgeführt wurde. Deshalb sind viele Banken immer noch kaputt, oder sogar noch kaputter als direkt nach der Finanzkrise. Deswegen können sie keine Gewinne machen, und andere Banken machen immer noch jämmerliche Mini-Gewinne. Das mag alles inhaltlich zutreffen. Aber warum sind die US-Banken so viel profitabler?
In den 90ern und 2000ern haben europäische Banken (deutsche und Schweizer Banken zum Beispiel) in großem Stil versucht „das Spiel“ namens Investmentbanking in den USA kräftig mitzuspielen. So kaufte sich die Deutsche Bank beispielsweise ein mit der „Bankers Trust“ in New York, und wurde so einer der großen Player. Deswegen war man auch bei allen großen Pleiten in den USA mit dabei in erster Reihe, siehe jüngst die Strafzahlungen für die Immobilienkrise. Auch die UBS und Credit Suisse versuchten jahrelang im Spiel der Großen an der Wall Street dabei zu sein und konnten zumindest optisch mithalten.
Man gehörte aber als ausländische Bank nie so richtig dazu. Jetzt durch die Finanzkrise und die extremen Folge-Auswirkungen haben sich die Europäer stark aus den USA zurückgezogen, vor allem die Schweizer. Die jahrelang guten Gewinne aus dem US-Geschäft fehlen nun in Europa. Aber das dürfte auch kaum der Hauptgrund sein, warum die Amerikaner profitabler sein können. Warum können Giganten wie Citi, JP Morgan, Bank of America und Co so profitabel sein? Der Grund wird in der Grundvoraussetzung liegen, die die USA nun mal mitbringen gegenüber Europa.
Hier haben wir 28 souveräne Staaten mit mehr als 500 Millionen potenziellen Bankkunden (mal stark verallgemeinert). Was nützt das aber, wenn sie nur lose durch eine wacklige EU in einem mäßig vereinten Wirtschaftsraum zusammengehalten werden? Hat eine Deutsche Bank oder eine Societe Generale flächendeckend EU-weit tausende Filialen für die Betreuung von Privatkunden? Neun, man bewirtschaftet nur seinen Heimatmarkt, und hat in anderen EU-Ländern vielleicht mal eine Filiale in der jeweiligen Hauptstadt. Und das war es dann schon. Die USA aber, zwar mit 320 Millionen weniger Einwohner als die EU, sind ein einheitlicher Wirtschaftsraum.
Eine Sprache, ein Rechtssystem. Alle Menschen schauen das selbe im Fernsehen, konsumieren das selbe, der Verbraucherschutz ist gleich, die Bankenregeln sind gleich usw. Banken haben übers ganze Land verteilt ihre Filialen, können an alle 320 Millionen Verbraucher ihre Produkte verkaufen, nach einheitlichen Regeln. In Europa hat die Deutsche Bank eben nur einen Privatkundenmarkt von 80 Millionen Menschen, die Franzosen eben nur 60 Millionen usw. Der US-Markt ist schlicht und einfach viel größer als der Markt, den eine europäische Bank „bewirtschaften“ kann. Das vergisst man gerne, weil man immer denkt „hey, wir haben doch den größeren Wirtschaftsraum“.
Die Realität sieht aber anders aus. Durch die Finanzkrise 2008 hat sich in den USA sogar noch ein Vorteil für die großen US-Banken ergeben. Viele kleine und schwache Regionalbanken in den USA wurden einfach hinweggefegt, gingen pleite, verschwanden. Ihren Platz nahmen auch oft die großen ein wie Wells Fargo, Bank of America etc mit schön vielen Privatkunden, die sie „betreuen“ können. In Deutschland zum Beispiel bewirtschaften nach wie vor die Sparkassen und Volksbanken den Großteil der Privatkunden.
Europäische Banken könnten zukünftig von der Theorie her in Konkurrenz zu den Amerikanern treten, wenn in Europa alle Menschen die selbe Sprache sprechen, sämtliche Gesetze komplett vereinheitlicht werden, alle EU-Verbraucher die gleichen Interessen und Wünsche haben uvm. Dann könnte eine Deutsche Bank beispielsweise auch europaweit einheitliche Werbespots schalten, die Bankfilialen europaweit streuen und alle Filialen auch optisch einheitlich gestalten. Das funktioniert aber alles momentan in der Praxis nicht wirklich (leicht untertrieben). Das könnte schwierig werden, dass wir in Europa die US-Banken in Sachen Profatibilität einholen sollen!
Und zum Abschluss wäre da noch was. Die USA sind von Grund auf her ein streng kapitalistisch eingestelltes Land. Dort ist es normal, dass ein Unternehmen bei Erreichen einer gewissen Größe an die Börse geht. Der Kapitalmarkt ist dort Teil des normalen Lebens aller Unternehmen und aller Bürger. Die normale Hausfrau zockt an der Börse, die mittelständige Firma macht Börsengänge oder legt Anleihen auf. Auf so einem gigantischen Kapitalmarkt können US-Banken deutlich lukrativere Geschäfte durch Provisionen und Market Making machen, als es beispielsweise deutsche Banken in einem Umfeld tun können, wo in Deutschland doch das „Sparbuch“ das Höchste der Gefühle darstellt, und der Mittelständler immer noch lieber zu einem Bankkredit neigt, anstatt zu der Ausgabe von Anleihen!
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