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US-BIP 2020 nicht über 3%? Kein Problem, US-Regierung hat Sündenbock parat

Man kann es Sündenbock nennen, oder auch einfach nur „einen Grund“, oder auch ein Hindernis. Die US-Konjunktur brummt, und für das nun gestartete Jahr 2020 hatte US-Finanzminister Steve Mnuchin wohl ein US-BIP (Bruttoinlandsprodukt) erwartet, das bei 3% oder weit über 3% liegen sollte. Aber wie er aktuell bei „Fox Business“ verkündet hat, wird das US-BIP wohl „nur“ um 2,5% wachsen.

Ein guter Sündenbock

Warum das US-BIP dieses Jahr nicht die 3 Prozentmarke überschreiten werde? Boeing sei schuld. Und ja, in der Tat. Boeing ist für die amerikanische Volkswirtschaft immens wichtig. Und nicht nur das. Aufgrund der veralteten und merkwürdigen Berechnungsart ist die Boeing-Aktie am Stärksten gewichtet im Dow Jones 30-Index! Sie hat also auch für den US-Aktienmarkt eine wichtigere Bedeutung, als man denken würde! Aber zurück zur Realwirtschaft. Nicht nur die Produktion direkt bei Boeing, sondern auch verdammt viele Zulieferbetriebe hängen an der Flugzeugproduktion. Und wie ja bekannt ist, wurde die Produktion des wichtigsten Modells 737 Max im Dezember eingestellt. Die seit Monaten neu hergestellten Flugzeuge wurden auf Halde produziert, da das Modell ja immer noch keine neue Starterlaubnis hat nach den beiden Flugzeugabstürzen mit 346 Toten.

Man musste die Produktion auch sowieso aussezten, weil inzwischen mehr als 400 Maschinen im Werk nördlich von Seattle auf Halde geparkt sind, und einfach kein Platz mehr frei war um die Halde noch weiter zu vergrößern. Sogar normale Mitarbeiterparkplätze für Autos wurden schon längst umfunktioniert als Flugzeugpartkplätze! Das Desaströse ist: Immer neue Details oder Gerüchte werden dieser Tage rund um die 737 Max von Boeing veröffentlicht. Das legt nahe, dass die neue Genehmigung der Flugzeuge nicht so schnell erfolgt, wie man es sich erhofft hatte? Je länger diese Modellreihe am Boden steht, und je länger nicht neu produziert wird, desto länger hängt auch die gigantische Zulieferkette in der Luft. Teile werden nicht produziert, und zahlreiche Menschen erhalten kein Gehalt. Unternehmen geraten zunehmend in Schieflage. Bekommt Boeing die Lage nicht langsam in den Griff, wird die Lage für das Unternehmen immer bedrohlicher. Und je länger dieser Stillstand dauert, desto stärker ist natürlich auch die negative Beeinflussung für das US-BIP.

US-BIP unter 3%? Boeing und Fed können herhalten

Steve Mnuchin sieht diese Beinflussung in einer Größenordnung von 0,5 Prozentpunkten im Jahresvergleich. Das ist eine enorme Zahl. Ist die realistisch? Puhhh. Eine Frage für Philosophen? So was kann man unmöglich exakt errechnen, sondern nur sehr grob schätzen, weil die Zulieferkette ja gigantisch groß ist. Und man muss sich dann fragen, an welchem Punkt exakt man aufhört den negativen Effekt von Boeings Stillstand zu errechnen, wenn man die Zulieferkette und Folgeeffekte mit einrechnet. Das „Gute“ für Donald Trump ist: Fällt das US-BIP in 2020 noch schwächer aus als 2,5% Wachstum, kann man auf Boeing schauen und sagen: Der Shutdown bei der 737 Max dauerte halt noch länger als gedacht, von daher war der negative Boeing-Effekt auf das US-BIP eben noch viel größer als vorher geschätzt. Und oben drauf hat Donald Trump ja immer noch die Federal Reserve als Sündenbock parat, der er schon diverse Male auf Twitter vorgeworfen hatte, dass das BIP eine deutlich höhere Steigerungsrate aufweisen könne, wenn die Fed nur die Zinsen so weit in den Keller senken würde wie die Europäer es tun. Billiges Geld = gut für die Wirtschaft = mehr BIP-Wachstum, so einfach ist diese Logik.

Boeing-Stillstand bremst US-BIP aus
Ein Foto aus April, wo die Halde an 737-Maschinen gerade entstand. Foto: SounderBruce Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International license



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2 Kommentare

  1. Man könnte noch ergänzen ,dass Boeing als grösster Exporteur auch die Handelsbilanz belastet.Ich denke,dass die Flugzeuge ( Fallzeuge) betragsmässig eine rechte Summe ausmachen u.D.T. zur Kompensation eine rechte Menge Bohnen verkaufen muss.
    Übrigens sollen neue Probleme bei der Verkabelung entdeckt worden sein u.auch im Betrieb stehende
    Flugzeuge müssenumgerüstet werden.Dennoch werden die Amis die Aktie nicht fallen lassen. Tesla u. Boeing sind strategische Firmen u.werden mit allen Mitteln gestützt.Vielleicht wird man auch einmal erfahren werTesla um jeden Preis mit Short-Squeezes oben hält. ( Muss ein rechter Dickfisch sein)
    Tesla ist wichtig für die USA weil sie zwar führend waren mit den E-Autos, jetzt aber gewaltige Konkurrenz bekommen von sämtlichen grossen Autobauern mit bestehenden Verkaufs- u.Servicenetzen.

    1. @Prognosti, der Stückpreis für eine 737 Max laut Liste liegt je nach Ausstattung zwischen 100 und 130 Millionen Dollar. Anfang 2019 hatte Boeing noch Bestellungen über mehr als 5000 Maschinen des neuen Typs 737 Max in den Büchern. Grob gesagt also knapp 600 Milliarden Dollar. Viele Bohnen!

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