Devisen

US-Dollar – dem Chilenischen Peso droht der Crash

Nachdem bereits der Venezolanische Bolívar und der Argentinische Peso gegen den US-Dollar abgestürzt sind, droht nun auch dem Chilenischen Peso ein ähnliches Schicksal.

Die Banco Central de Chile interveniert in Rekordhöhe gegen den US-Dollar

Innerhalb von nur vier Tagen verteuerte sich der US-Dollar für die Chilenen um 38 Pesos von 790 auf 828 Pesos. Zuletzt hatte sich die Talfahrt des Peso wegen der politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen in Chile weiter beschleunigt. Auf Jahresbasis beträgt die Abwertung bereits knapp 20 Prozent.

Nach den Währungen Venezuelas, Brasiliens und Argentiniens gerät nun auch die Währung des OECD-Mitglieds Chile in den Abwärtsstrudel. Seit dem Ausbruch der sich zuspitzenden sozialen Unruhen Mitte Oktober befindet sich der Chilenische Peso massiv unter Druck. Vor allem die zunehmende Volatilität drohte, ebenso wie in Argentinien, in eine Peso-Panik zu münden, bei der Unternehmen und Bürger massenhaft die Landeswährung in US-Dollar umtauschen, um einer weiteren Entwertung ihrer Guthaben zu entgehen. Dadurch wurde der Abwärtsdruck erhöht und die chilenische Zentralbank (Banco Central de Chile) gestern gezwungen, die bislang größten Interventionen am Devisenmarkt in der Geschichte des Landes anzukündigen.

Die Maßnahmen zur Stützung des Chilenischen Peso umfassen ein Volumen von 20 Milliarden US-Dollar. Die Aktionen beginnen am kommenden Montag und laufen zunächst bis Ende Mai 2020.

Vergleichbare Maßnahmen waren in Venezuela und Argentinien bereits verpufft und haben lediglich zur Dezimierung der US-Dollar-Reserven der dortigen Zentralbanken geführt. Aktuell betragen die gesamten Devisenreserven der Banco Central de Chile 40,538 Mrd. US-Dollar. Die jetzt angekündigten Maßnahmen umfassen also in Summe 49 Prozent der Gesamtdevisenreserven Chiles.

Bislang ist die Ankündigung der staatlichen Interventionen am Devisenmarkt völlig verpufft. Seit der diesbezüglichen Verlautbarung der Banco Central de Chile bei einem Wechselkurs von 828 USD/CLP am Donnerstag hat sich die chilenische Währung um weitere 9 Peso gegenüber dem US-Dollar auf aktuell 837 CLP/USD verbilligt.

Chiles Dilemma

Der Ausbruch der sozialen Unruhen in Chile begann am 18. Oktober. Anlass war die Verteuerung der Preise für den öffentlichen Nahverkehr in der Hauptstadt Santiago de Chile für U-Bahn-Fahrkarten um 30 Pesos (umgerechnet ca. 3,5 Cent).

Aus den anfänglichen Protesten wurden Massenunruhen, auf die die Polizei mit brutaler Gewalt reagierte. Mittlerweile richten sich die Proteste generell gegen die Regierung und die sozialen Ungleichgewichte im Land. Das oberste Prozent der Venezolaner besitzt zwei Drittel des gesamten Reichtums des Landes. Große Teile der staatlichen Infrastruktur wurden in den letzten 30 Jahren privatisiert. Dazu gehören auch die komplette Strom- und Wasserversorgung, Bildungseinrichtungen sowie das Gesundheits- und Rentensystem. Die Lebenshaltungskosten in Peso sind auch deshalb in den letzten Jahren stark angestiegen. Knapp 50 Prozent der Bevölkerung Chiles verdient aber weniger als den Mindestlohn.

Chiles Präsident Sebastián Piñera, der bereits Mitte Oktober den Ausnahmezustand verhängte, kündigte am Donnerstag Maßnahmen zur Bekämpfung des „Vandalismus“ an und berief den politisch hoch umstrittenen Nationalen Sicherheitsrat, Cosena genannt, ein. Der Cosena wurde während der Diktatur von Augusto Pinochet (1973-1990) gegründet.

Seit dem Ausbruch der Unruhen sind nach Angaben des chilenischen Roten Kreuzes bereits mindestens 26 Menschen getötet und mehr 2.500 Menschen verletzt worden. Außerdem wurden über 3.000 Menschen inhaftiert.

Wegen der dramatischen Verschärfung der Sicherheitslage mussten Ende Oktober bereits der Asien-Pazifik-Gipfel (APEC) im November sowie die Weltklimakonferenz im Dezember in der Hauptstadt Santiago de Chile abgesagt werden.

Noch keine Lösungen in Sicht

Einer der Gründe für die große Unsicherheit am Devisenmarkt, die zu den jüngsten Wechselkursturbulenzen geführt hat, besteht darin, dass die Regierung weder einen Zeitplan noch einen adäquaten Maßnahmenkatalog aufgestellt hat, um aus der Krise herauszukommen. Die Zentralbank selbst fordert, die Unsicherheit mit einem klaren und glaubwürdigen Haushaltsrahmen für die kommenden Jahre zu bekämpfen.

Rodrigo Aravena, Chefvolkswirt der Banco de Chile, warnt jedoch, dass „Durch die angekündigten Interventionen die Devisenreserven auf 10 Prozent des BIP fallen werden, was bedeutet, dass es nicht mehr viel Spielraum gibt, um ähnliche Maßnahmen fortzusetzen. “

Aus diesem Grund fügte er hinzu, dass es hilfreich wäre, wenn die geldpolitischen Interventionen durch fiskalische Maßnahmen flankiert würden. Vor allem soziale Ausgabenprogramme könnten über die Emission von Peso-Anleihen finanziert werden, um die ohnehin angespannte Situation bei den US-Dollar-Refinanzierungen nicht weiter zu belasten.

De facto würde dies jedoch zu einer signifikanten Anhebung der Peso-Geldmenge führen, um die sozialen Unruhen mit der Notenpresse zu bekämpfen. Erfahrungen aus Venezuela zeigen aber, dass solche sozialen QE-Programme den Abwertungsdruck auf die heimische Währung erhöhen.

Kurzfristig könnte es zwar zu sozialer Befriedung kommen, parallel würde aber gleichzeitig die Inflation verstärkt werden: zum einen durch weiteren Abwertungsdruck des Außenwertes des Peso und zum anderen durch steigende Preise aufgrund der steigenden Peso-Geldmenge, die die sozial Schwachen natürlich nicht sparen, sondern sofort für lebensnotwendige Güter zu den Ladenkassen tragen würden. Neben der Geldmenge würde dadurch auch die Geldumlaufgeschwindigkeit massiv ansteigen. In der Folge würde der Peso noch weiter abwerten, die importierte Inflation ansteigen und auch die Binneninflation erhöht werden.

Fazit und Ausblick

Mit Chile gerät ein weiteres lateinamerikanisches Land ins Straucheln. Einst galt das Land wegen seiner liberalen Reformen als ökonomischer Musterschüler Lateinamerikas.

Das letzte Mal, dass die Zentralbank direkt in den Devisenmarkt intervenieren musste, war im Jahr 2011. Damals jedoch nicht, um den Peso zu stützen, sondern wegen der Krisen um Chile herum. Die Banco Central de Chile musste den Chilenischen Peso damals abschwächen, weil massenhaft Devisen aus den kriselnden Anrainerstaaten ins Land strömten, vergleichbar mit der Situation in der Schweiz heute.

Acht Jahre später zeigen sich jedoch die Nebenwirkungen der Liberalisierung: eine sozial tief gespaltene Gesellschaft, die Verelendung ganzer Bevölkerungsgruppen und eine seit Jahrzehnten an der Macht klebende politische Kaste. Zusammen mit der generellen Abkühlung der Weltwirtschaft und der eskalierenden US-Dollar-Schuldenproblematik der Schwellenländer sind dies die Zutaten für eine Eskalation á la Venezuela oder Argentinien.

Der chilenische Peso dürfte zum US-Dollar unter Druck geraten



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