Donald Trump drängt die Federal Reserve seit Wochen dazu die Zinsen zu senken. Denn die Eierpreise seien gefallen, die Tankstellenpreise, die US-Inflation etc. Es gäbe keinen Grund, die Zinsen nicht zu senken (verkürzt ausgedrückt). Und heute? Um 14:30 Uhr wurde die US-Inflation für April gemeldet, die eigentlich ein weiteres Argument für Trumps Sichtweise liefert, die Zinsen zu senken. Denn in den Inflationsdaten für April ist weit und breit keine Spur von einer aufkommenden Inflation durch Trumps Zölle zu erkennen.
Mit +0,2 % fielen die Verbraucherpreis-Anstiege niedriger aus als erwartet (+0,3 %). Auch die sonstigen Detaildaten zur US-Inflation zeigten heute um 14:30 Uhr keinerlei Preisauftrieb über den Markterwartungen. Der Haken an der Sache ist aber: Was die US-Konsumenten bei Walmart im April aus dem Regal genommen haben, dürfte noch vor April per Containerschiff aus China angeliefert worden sein, also noch vor Einführung der Zölle (vereinfacht ausgedrückt).
Von daher dürften die Zölle wohl erst im Mai oder im Juni auf die US-Inflation durchschlagen? Und von daher dürfte die Federal Reserve sich weiterhin zurückhalten bei Aussagen, die auf bald sinkende Zinsen hindeuten. Und diese Haltung sehen wir heute auch seit 14:30 Uhr: Nach der Datenmeldung sind die US-Anleiherenditen nicht gefallen. Die am meisten beachtete Laufzeit von 10 Jahren steigt aktuell sogar von 4,45 % auf 4,48 %.
Nachfolgend zeigen wir aktuelle Analystenaussagen nach Veröffentlichung der heute gemeldeten US-Inflation zur Zurückhaltung beim Drang nach sinkenden Zinsen. Hier die Aussagen zusammengetragen von Bloomberg: „Wenn überhaupt, bestätigen die Daten die Annahme, dass die Kerninflation vor dem Handelskrieg rückläufig war, was einen ermutigenden Ausgangspunkt darstellt, um die unvermeidlichen Auswirkungen der Zollerhöhungen auf die Verbraucherpreise in den kommenden Monaten und Quartalen abzufedern“, so Vail Hartman von BMO Capital Markets.
Ellen Zentner von Morgan Stanley Wealth Management: Die negative Überraschung zur US-Inflation bedeutet nicht, dass die Zölle keine Auswirkungen auf die Wirtschaft haben, sondern nur, dass sie sich noch nicht in den Daten niederschlagen. Abwarten ist weiterhin angesagt, und bis sich daran etwas ändert, wird die Fed an der Seitenlinie bleiben.
Skyler Weinand von Regan Capital: Obwohl der heute veröffentlichte Verbraucherpreisindex schwächer als erwartet ausfiel, ist die Federal Reserve nicht in der Lage, die Zinsen in nächster Zeit zu senken, da die Situation hinsichtlich der Zölle zwar verbessert, aber nach wie vor sehr ungewiss ist. Auch wenn die Befürchtungen hinsichtlich der Zölle nachgelassen haben, braucht es mehr Zeit, um zu sehen, wie sich die bestehenden Zölle auswirken und wie sie sich auf die US-Inflation und die Wirtschaft auswirken. Sofern wir keinen deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit sehen, dürfte die Fed die Zinsen in den nächsten sechs Monaten unverändert lassen.
Lale Akoner von eToro: Der Verbraucherpreisindex für April fiel schwächer als erwartet aus, aber wir sind noch nicht bereit, dies als Wendepunkt zu bezeichnen. Unserer Ansicht nach ist es jedoch noch zu früh, um die inflationären Auswirkungen der neuen Zölle zu beurteilen. Der moderate Preisanstieg im April spiegelt wahrscheinlich den Abbau der Lagerbestände vor der Einführung der Zölle wider und nicht einen Mangel an Preissetzungsmacht. Dieser Puffer dürfte jedoch nicht von Dauer sein. In den nächsten Monaten werden wir ein klareres Bild davon bekommen, ob sich die Zölle auf die US-Inflation auswirken oder Substitutionseffekte auslösen und ob die Handelsspannungen letztlich das Wachstum stärker beeinträchtigen als die Inflation. Vorerst bestätigt diese gemischte Bilanz die vorsichtige Haltung der Fed. Es besteht keine Dringlichkeit für Zinssenkungen, aber auch keine eindeutigen Gründe für eine Straffung. Die Märkte mögen die schwächeren Zahlen begrüßen, aber wir halten die Inflationsaussichten weiterhin für ungewiss.
Chris Zaccarelli von Northlight Asset Management: Und damit sind die beiden Ängste der Märkte – eine durch Zölle ausgelöste Rezession und hartnäckige Inflation – weitgehend zerstreut. Die Befürchtungen einer Wachstumsverlangsamung und einer durch Strafzölle ausgelösten Rezession hatten die Märkte in der ersten Aprilwoche auf Talfahrt geschickt, doch nach einer Zollaussetzung und einem Durchbruch im Handel mit China erholten sie sich wieder, und nun beseitigt ein besser als erwarteter Bericht zur US-Inflation die letzte große Belastung für den Markt. Wir sind weiterhin besorgt, dass hohe Bewertungen und die Marktkonzentration Risiken für deutlich höhere Aktienkurse in diesem Jahr darstellen, aber kurzfristig dürften die Märkte diese Daten begrüßen und die gestrige (China-Handels-)Euphorie fortsetzen.
Scott Helfstein von Global X: Die ersten Inflationszahlen dürften die Märkte beruhigen und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die Fed die Zinsen senkt, um den Wachstumsrevisionen nach unten entgegenzuwirken. Gleichzeitig zeigen Umfragen einen Anstieg der kurzfristigen Inflationserwartungen, der angesichts der Auswirkungen der Zölle weiterhin Anlass zur Sorge gibt.
Stephen Kates von Bankrate: Dieser Bericht ist aufgrund seines Zeitpunkts von Bedeutung, da er den ersten Monat nach der Ankündigung der Zölle abdeckt. Er gibt jedoch keinen ehrlichen Einblick in die Frage, wie Unternehmen letztendlich auf die höheren Kosten im Laufe des Jahres 2025 reagieren werden. Da die Vorräte aus der Zeit vor den Zöllen in den kommenden Monaten schwinden werden, werden Unternehmen gezwungen sein, ihre Margen zu verringern oder die Kosten an die Kunden weiterzugeben. Dieser Bericht zur US-Inflation entlastet auch die Federal Reserve nicht. In gewisser Weise ist dieser mehrdeutige Bericht schlimmer als ein klares Signal für eine galoppierende Inflation. Die Unsicherheit hält an, da die harten Daten weiterhin gemischte Signale senden. Unternehmen, Verbraucher und politische Entscheidungsträger leben weiterhin in einer Schwebe und fragen sich, wann oder ob die Schmerzen beginnen werden.
Rajeev Sharma von Key Private Bank: Die CPI-Werte deuten darauf hin, dass es für die Märkte noch verfrüht ist, die vollen Auswirkungen selbst moderater Zölle einzupreisen. Die heutigen Zahlen zur US-Inflation werden die Spekulationen über Zinssenkungen auf frühestens September konzentrieren, sodass eine Senkung im Juli vorerst vom Tisch ist.
David Russell von TradeStation: Die Inflation hatte sich bereits vor der Ankündigung der Zölle verlangsamt, und die Wirtschaft profitiert weiterhin von diesem Trend. Dies deutet darauf hin, dass noch Zeit bleibt, um einen erheblichen Aufwärtsdruck auf die Preise zu vermeiden, und erhöht die Dringlichkeit, bald Handelsabkommen zu erzielen. Während die Fed einen vorsichtigen Ton beibehält, bringen die heutigen Daten sie schrittweise zurück zu einer möglichen Zinssenkung in diesem Sommer.
Jason Pride von Glenmede: Der heutige CPI-Bericht ist ein willkommenes Zeichen dafür, dass die US-Inflation vor den Auswirkungen der Zölle kein großes Problem darstellt. Angesichts der hohen Lagerbestände ist es noch zu früh, um erkennbare Auswirkungen der höheren Zölle zu sehen. Der CPI-Bericht für April dürfte die Überlegungen der Fed hinsichtlich des Kurses der Zinssenkungen nicht wesentlich verändern. Die relative Gesundheit des Arbeitsmarktes ermöglicht es ihr, einen geduldigen Ansatz zu verfolgen, während die Auswirkungen der Zölle allmählich in der Wirtschaft spürbar werden.
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Andrea Tueni von Saxo Banque France: Niedrigere Inflationsdaten sind immer positiv zu bewerten. Die Frage ist nun, wie relevant diese CPI-Zahlen angesichts all der Probleme sind, die durch den Handelskrieg aufgeworfen wurden. Auf jeden Fall zeigen die Daten, dass die Auswirkungen der Zölle auf die US-Inflation derzeit eher gering sind. Kurzfristig sind niedrige Inflationsdaten für risikoreiche Anlagen immer eine gute Nachricht.
Jeffrey Roach von LPL Financial: Verbesserungen im globalen Handel werden etwas Klarheit über den künftigen Verlauf der US-Inflation schaffen. Die Unsicherheit darüber, was nach diesen vorübergehenden Handelsabkommen passieren könnte, erschwert jedoch die Lage für die Fed, da das Risiko einer Stagflation weiterhin besteht. Wenn sich der Nebel nicht lichtet, könnte die Fed möglicherweise nicht in der Lage sein, ihre Politik im Juni anzupassen.
Alexandra Wilson-Elizondo von Goldman Sachs Asset Management: Die breite Streuung der Schätzungen im heutigen CPI-Bericht unterstreicht, wie schwierig es für die Marktteilnehmer ist, die erhebliche Unsicherheit einzuschätzen, mit der sowohl Unternehmen als auch Verbraucher konfrontiert sind. Der endgültige CPI-Wert von 2,3 % im Jahresvergleich dürfte für die Fed eine willkommene Atempause sein, doch in den nächsten Monaten dürften größere preisliche Anpassungen aufgrund der Zölle erfolgen. Daher gehen wir weiterhin davon aus, dass die Fed in naher Zukunft an ihrem Kurs festhalten wird und die Märkte von Verhandlungen und Versöhnungsversuchen geprägt sein werden.
Josh Jamner von ClearBridge Investments: Wie die Fed dürften auch die Anleger den heutigen Bericht zur US-Inflation ignorieren, da die Aussichten auf Handelsabkommen und Details zum Haushaltsausgleichsverfahren in den kommenden Wochen wichtigere Treiber für die Aktienmärkte sein werden. Das Ausbleiben negativer Nachrichten in den heutigen Zahlen dürfte jedoch zu einem allmählichen Aufschwung für Risikoanlagen führen, da Absicherungsgeschäfte aufgelöst werden. Die schwächeren Gesamt- und Kerninflationszahlen sind für Anleger eine willkommene Nachricht, da das Risiko einer sofortigen Weitergabe der Zölle offenbar vermieden wurde. Stattdessen dürften die Unternehmen abwarten, bevor sie die Preise für bestehende Lagerbestände anpassen, während die jüngsten Handelsvereinbarungen mit Großbritannien und China die Aufwärtsrisiken für die Inflation in den kommenden Monaten verringern.
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John Kerschner von Janus Henderson: Angesichts der allgemeinen Zollsituation war dies leider wahrscheinlich einer der unwichtigsten CPI-Werte seit dem Inflationsanstieg im Jahr 2022. Die US-Inflation aufgrund der am Tag der Befreiung angekündigten neuen Zölle wird sich wahrscheinlich erst im nächsten Monat oder sogar erst in den Juni-Werten niederschlagen. Daher wird der Markt mit angehaltenem Atem auf diese Werte warten, um zu entscheiden, wo wir tatsächlich in Bezug auf die durch Zölle verursachten Preissteigerungen stehen. Die Marktunsicherheit dürfte daher weiterhin hoch bleiben.
Die heutigen moderaten Inflationszahlen bedeuten jedoch, dass die Fed angesichts der weiter sinkenden Inflation und der stabilen Arbeitslosigkeit in absehbarer Zukunft an ihrer Politik festhalten wird. Wir gehen davon aus, dass die Anleihekurse und Zinsen bis 2025 in etwa auf dem aktuellen Niveau bleiben werden, bis mehr Klarheit über die volatile Zollsituation und die Reaktion der Fed auf einen zumindest leichten Anstieg der Inflation in den kommenden Monaten herrscht.
Seema Shah, Principal Asset Management: Die heutigen CPI-Zahlen deuten darauf hin, dass sich die Zölle noch nicht auf die Inflation ausgewirkt haben. Es ist jedoch fraglich, ob die heutigen CPI-Zahlen nach den Turbulenzen des letzten Monats wirklich etwas bewegen werden. Schließlich ist es unwahrscheinlich, dass der Bericht zur US-Inflation für April die Auswirkungen der Zölle nach dem Liberation Day vollständig erfasst hat, und die Inflationszahlen werden nun durch die Ankündigung des Handelswaffenstillstands zwischen den USA und China weiter beeinflusst werden. Ein Inflationsimpuls dürfte Ende des zweiten Quartals eintreten, könnte jedoch teilweise und schnell wieder abflauen, wenn der Containerverkehr angesichts der Senkung der US- und China-Zölle rasch wieder anzieht. Das bedeutet, dass eine klare Aussage zum Inflationstrend erst in einigen Monaten möglich sein wird. Diese anhaltende Inflationsunsicherheit dürfte eine längere Pause der Fed bedeuten.
Steve Wyett von BOK Financial: Es ist noch zu früh, um die Auswirkungen der Zölle auf die US-Inflation und das Wachstum vollständig abzuschätzen. Der heute Morgen veröffentlichte Bericht deutet jedoch auf einen geringer als erwarteten Anstieg der Gesamt- und Kerninflation um 0,2 % hin. Diese Daten dürften die Prognosen der Fed nicht ändern, deuten jedoch darauf hin, dass die Inflationstrends bereits vor Einführung der Zölle rückläufig waren. Niedrigere Energiepreise tragen zu dieser Abschwächung bei, insbesondere auf der Gesamtniveau, während die Kerninflation seit einiger Zeit stabil bei 2,8 % im Jahresvergleich liegt. Weitere Handelsabkommen und Zollsenkungen könnten sowohl der Inflation als auch dem Wachstum zugutekommen und den Handlungsdruck auf die Fed verringern.
Unterdessen hat JPMorgan seine Prognose für das US-Wirtschaftswachstum nach einem vorübergehenden Handelsabkommen zwischen den USA und China angehoben und seine frühere Prognose, dass die größte Volkswirtschaft der Welt 2025 in eine Rezession abgleiten würde, zurückgenommen. „Die jüngste Lockerung einiger der drastischeren Zölle der Regierung gegenüber China dürfte das Risiko einer Rezession in den USA in diesem Jahr verringern“, erklärte Michael Feroli, Chefökonom für die USA bei JPMorgan, am Dienstag in einer Mitteilung. “Wir glauben, dass das Rezessionsrisiko nach wie vor erhöht ist, aber nun unter 50 % liegt.“
FMW/Bloomberg
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