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US-Konzerne emittieren Euro-Anleihen – ab Juni wohl EZB-Euros für Heinz Ketchup, General Motors & Co

FMW-Redaktion

So hatte man sich das wohl nicht vorgestellt bei der EZB? Aber war das nicht für jeden halbwegs normal denkenden Beobachter voraussehbar? Die EZB kauft ab Juni in Euro notierende Unternehmensanleihen – das gilt laut EZB auch für Unternehmen außerhalb Europas, solange ihre Töchter in der Eurozone die Euro-Anleihen ausgeben. Was glauben Sie, was GM, Heinz und andere jetzt umgehend gemacht haben?

Draghi EZB Euro-Anleihen
EZB-Chef Mario Draghi. Foto: EZB

Richtig, sie haben in Windeseile Anleihen ausgegeben. Der Pharmazie- und Konsumgüter-Gigant Johnson & Johnson beispielsweise hat für 4 Milliarden Euro-Anleihen ausgegeben – das erste Mal, dass die Firma seit 2007 eine Anleihe in Euro rausgebracht hat. Warum? Natürlich sind die extrem niedrigen Zinsen in Europa sehr attraktiv, aber gerade jetzt wo der großflächige Aufkauf von Unternehmensanleihen durch die EZB bevorsteht (in 4 Wochen geht es los), bringen europäische und jetzt auch US-Konzerne vermehrt Anleihen auf den Markt, weil Konzerne wie auch Banken wissen, dass in Kürze jede Menge Liquidität (durch die EZB) vorhanden sein wird um diese Volumina aufzusaugen wie ein riesiger Schwamm.

Eigentlich macht die EZB dies ja um mehr Geld in den europäischen Kapitalmarkt zu pumpen. Wirtschaftstätigkeit, Beschäftigung, Konsum und letztlich Inflation in der Eurozone sollen steigen. Aber was geschieht, wenn US-Konzerne sich ihre neu ausgegebenen Schulden durch die EZB abkaufen lassen, worauf es wohl hinausläuft? Das Geld landet in den Finanz-Budgets der US-Konzerne. Es zirkuliert virtuell kreuz und quer über den Globus innerhalb dieser Konzerne, wird aber wohl kaum dazu beitragen in Europa Konsum und Wirtschaftstätigkeit anzuheizen.

Schuld an diesem Dilemma ist die EZB selbst, denn mit der Bekanntmachung der Käufe von Unternehmensanleihen gab sie am 22. April auch im Detail bekannt, dass ausländische Konzerne auch mit frischen EZB-Euros bedacht werden können, solange ihre Töchter in der Eurozone sitzen und sie die offiziellen Emittenten der Anleihen sind. Man hätte dieses Detail einfach weglassen können, dann wäre ein möglicher Mittelabfluss der frisch gedruckten Euros raus aus Europa so nicht möglich gewesen.

Die Finanzierungskosten für Unternehmen sinken durch die Ankündigung der EZB immer weiter. Hört man sich bei Banken um, steigen die Volumen neu ausgegebener Unternehmensanleihen seit einigen Wochen immer weiter – vermehrt dürften auch US-Konzerne seit 22. April auf den Zug aufspringen. Auch Kraft Heinz mit 1,8 Milliarden Euros und General Motors mit 500 Millionen Euros haben z.B. vor Kurzem in Euroland emittiert. Grundsätzlich ist daran nichts Schlechtes zu finden, wenn US-Konzerne sich in Europa billig oder quasi gratis verschulden – das ist nun mal der freie Kapitalmarkt. Nur ist es Sinn und Zweck, dass die EZB mit frisch gedruckten Euros Konzernen von außerhalb der EU quasi Gratis-Kredite verschafft? Wir dachten eigentlich der Sinn all dieser Maßnahmen sei es Wirtschaftstätigkeit, Konsum und Inflation in Europa anzuheizen, und nicht Konzernbilanzen in den USA aufzupolieren!?

Und nein, diese Zeilen waren kein USA-Bashing! Die US-Konzerne greifen nur zu, wo ihnen die EZB bzw. der europäische Kapitalmarkt ein Angebot macht. Würde doch jeder so machen. Da muss man eher die EZB fragen, ob das zielführend ist bzw. was das überhaupt soll.



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2 Kommentare

  1. Gestern nur Europa, heute die ganze Welt.

    Das wird ja wohl der Normalfall auf allen Ebenen.
    Insbesondere an Europa (und da vor allem Deutschland) ergeht der Appell,
    all die mit Pein Beladenen dieser Welt bei sich aufnehmen.
    Und nun wird Europa (am Ende bleibt es ggf. doch wieder an Deutschland hängen) auch noch die ganze Welt mit Liquidität versorgen.

  2. Die US Konzerne werden die EUR ganz schnell in USD tauschen, um nicht Strafzinsen zahlen zu müssen. Das drückt den EUR Kurs. Das verbilligt Exporte für non-EUR Käufer. Das kurbelt die wirtschaft an.

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