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US-Konzerne und die „Tax Inversion“: Flucht aus den USA

FMW-Redaktion

Tax Inversion, Tax Inversion, Tax Inversion, so schallt es schon seit Wochen durch die Vorstandsetagen großer US-Konzerne. Brutalo-Spekulant und Aktionärs-Aktivist Carl Icahn wie auch Donald Trump trommeln seit Monaten dafür endlich die (nervige?) Besteuerung für Auslandsgewinne von US-Konzernen abzuschaffen. Im Augenblick geschieht das, wovor Carl Icahn in den letzten Monaten gewarnt hatte. Große US-Konzerne entziehen sich Steuerzahlungen in den USA. Und so geht das…

US-Konzerne in den USA halten
Die US-Finanzbehörden versuchen über höhere Auflagen für „Tax Inversions“ US-Konzerne an der Flucht ins Ausland zu hindern.

Mit dem Begriff „Tax Inversion“ bezeichnet man in den USA die Flucht eines US-Konzerns in ein Land, wo es niedrigere Unternehmenssteuern gibt als in den USA. US-Konzerne nervt es, dass sie im Ausland erzielte Gewinne dort versteuern müssen, und bei der Rückholung der Gelder in die USA erneut. Nun verlagert man den Konzernsitz des Unternehmens z.B. nach Irland, wo man deutlich billiger davon kommt, wie es derzeit schon geschieht. Rein rechtlich sitzt dann die globale Firmenzentrale in Irland, die operative Firmenleitung verbleibt aber bei der neuen „Tochter“ in den USA. Man bleibt einfach auf seinem Stuhl im selben Büro sitzen, wie bisher auch.

Die US-Steuerbehörden und die US-Regierung sind aber nicht komplett naiv. Deswegen wurden die Daumenschrauben angezogen um dieser de facto Zerstörung des Steueraufkommens in den USA entgegenzuwirken. Im Augenblick befinden sich US-Finanzministerium, das Weiße Haus und der US-Kongress in einem Findungsprozess um die Latte für diese Steuerflucht immer höher zu legen. Auch rückwirkend könnten Gesetze geändert werden.

Aus Angst davor werden jetzt schon bei diesen Tax Inversion Deals kreative Tricks aus der Schublade hervorgeholt. So verlagert man nicht einfach seinen Firmensitz ins Ausland, sondern man fusioniert mit einer ausländischen Firma, wie vor Kurzem geschehen bei Pfizer. Man fusionierte mit der irischen Firma Allergan (Irland sicher reiner Zufall), und siehe da, die neue Zentrale des fusionierten Unternehmens ist Dublin. Auch der Name der neuen Firma wird in „Pfizer Plc“ geändert. Man setzt Pfizer quasi auf eine bestehende irische Firma oben drauf, um an die günstigen Steuersätze ranzukommen – so könnte man es behaupten, wenn man Böses unterstellen würde… der alte Pfizer-Chef „operiert“ weiterhin aus seinem Büro in den USA, wie vorher auch.

Jetzt gibt es aber eine Einschränkung durch die US-Finanzbehörden, damit nicht einfach alle Unternehmen aufstehen und gehen, oder einfach so mal eben fusionieren mit irgendwem. Die ausländische „kaufende“ Firma muss größer sein als die gekaufte US-Firma, damit es sozusagen glaubhaft erscheint, dass die US-Firma unter die Kontrolle einer ausländischen Firma gerät und die ausländischen Steuersätze greifen können.

Vor Kurzem gab das irische Pharma-Unternehmen Shire bekannt den US-Konkurrenten Baxalta für 32 Milliarden Dollar zu kaufen. Letztes Jahr schon kaufte Shire ebenfalls zwei US-Firmen, nämlich NPS für 5 und Dyax für 6 Milliarden Dollar. Sicherleich alles Zufälle, plötzlich wird Irland zum Nabel der Welt, und seine Unternehmen kaufen großspurig US-Konzerne. Selbstverständlich geht es hier „nur“ um eine Konsolidierung in der Pharmabranche, mit Steuern hat das alles nichts zu tun!? An der neuen Firma werden die alten Baxalta-Aktionäre 34% Anteil haben, somit ist es ein „sauberer“ Kauf bzw. eine „saubere“ Tax Inversion. Shire-Chef Flemming Ornskov sagte Montag die US-Steuerbehörde werde diese Transaktion wohl prüfen, aber er sei zuversichtlich dass sie nicht gegen US-Regularien verstoße. Laut „WSJ“ wird die neue Firma ab 2017 einen Steuersatz von 16-17% haben gegenüber den bisherigen 23,5% von Baxalta in den USA.

Die US-Finanzbehörden akzeptieren diese Art der Steuerflucht nur, wenn bei solchen „Fusionen“ oder „Übernahmen“ die alte US-Firma nicht mehr als 60% Anteil an der neuen Firma hat. Bei Pfizer waren es 56% Anteil – könnte also dauerhaft funktionieren für Pfizer. Aber so richtig sicher scheinen sich da selbst die großen Konzerne nicht zu sein, ab welcher Grenze man steuerlich „endlich von den USA befreit ist“. Das Thema ist wie gesagt jetzt in diesem Augenblick in der Diskussion in Washington – auch der Wahlkampf und der neue Präsident werden einen großen Einfluss auf die Neugestaltung der Regeln nehmen, evtl. sogar rückwirkend. Deswegen darf man, wenn man ganz böse Unterstellungen vornehmen will, annehmen dass Shire jetzt nach und nach noch mehr US-Unternehmen aufkauft oder mit ihnen fusioniert, damit der eigene Firmenwert immer größer wird und der Anteil der US-Aktionäre immer geringer. So könnte man zukünftig eine immer rechtssichere Tax Inversion hinlegen, die durch die US-Steuerbehörden nicht anfechtbar ist.




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