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US-Notenbank: Wie lange hält die Beruhigung der Märkte an?

Der Chef der US-Notenbank, Jerome Powell, hat sich gestern keinen verbalen Fauxpas erlaubet. Doch wie lange hält das Beruhigungsmittel?

Wer geglaubt hat, dass sich der Chef der US-Notenbank, Jerome Powell, bei der Anhörung vor dem US-Bankenausschuss des US-Senats einen verbalen Fauxpas erlauben würde, sah sich bei Betrachtung der Reaktion der Aktienmärkte eines Besseren belehrt. Bis zum Handelsschluss waren viele Verluste wieder aufgeholt. Doch wie lange hält das Beruhigungsmittel?

US-Notenbank willl beruhigen: Die Relativierung des Marktgespensts einer galoppierenden Inflation

Es war bei der Anhörung sofort zu erkennen, dass der Chef der US-Notenbank bemüht war, kein Öl ins Feuer zu gießen, bei der kritischen Gemengelage, die sich derzeit für die Märkte offenbart. Steigende Renditen für die Staatsanleihen, stark steigende Erwartungen für eine künftige Teuerungsrate und gleichzeitig Hoffnung auf eine gewaltige Hoffnung auf wirtschaftliche Erholung der US-Wirtschaft in 2021, angesichts einer Impfwelle, die sogar noch schneller verläuft, als es US-Präsident Biden für die ersten 100 Tage seiner Amtszeit versprochen hatte. Bereits über 65 Millionen Impfdosen wurden in den Staaten verimpft, über 1,5 Millionen täglich und die Zulassung weiterer Impfpräparate steht in den Startlöchern.

Warum geht die Infektionsrate in den USA derzeit so in den Keller – von 300.000 täglich vor sechs Wochen auf deutlich unter 100.000? Die Impfungen, ja, aber selbst US-Virologen stellen fest, dass bereits 30 bis 40 Prozent der Menschen eine natürliche Immunität gegen Covid-19 ausgebaut haben könnten. Bei 28,8 Millionen offiziell Infizierten und einer Anzahl an Verstorbenen, die bereits über 510.000 liegt.

Viele Frühindikatoren stehen auf Wachstum und jetzt soll auch noch ein 1,9 Billionen Dollar schweres Konjunkturpaket kommen, um eine bereits anspringende Wirtschaft zu überhitzen?

Jerome Powell versuchte die große Angst vor einer kommenden Inflation zu entkräften und die ersten Wochen Amtszeit der neuen Regierung nicht gleich mit einer heftigen Korrektur am Aktienmarkt beginnen zu lassen, die sich seit ein paar Tagen schon spürbar gemacht hat. Dazu holte der Chef der US-Notenbank seine Allzeitwaffe heraus, die er eigentlich bei jedem Notenbanktreffen zur Begründung seiner akkomodierenden Geldpolitik abfeuert, in dem er diesen Satz ausspricht: „We try to achieve the monetary policy goals that Congress has given us: maximum employment and price stability.“

Die US-Arbeitslosenrate liegt derzeit „offiziell“ bei 6,3 Prozent und kann als nachlaufender Indikator stets gut zur Begründung einer lockeren Geldpolitik verwendet werden. Powell weiter: „Die Wirtschaft ist noch weit entfernt von unseren Vollbeschäftigungs- und Inflationszielen, und es braucht wahrscheinlich noch einige Zeit, bis weitere deutliche Fortschritte erreicht sein werden“. Damit hat der Chef der US-Notzenbank zunächst einmal die monatlichen Anleihekäufe von 120 Milliarden Dollar zementiert und es brauchte nicht einmal des dezidierten Hinweises einer „Yield Curve Control“ mittels verstärkter Käufe von Langläufern, um die Renditen zu drücken. Wie lange werden sich die Märkte damit beruhigen lassen? Bestimmt nicht allzu lang.

Die Börsen senden eindeutige Signale.

Korrektur bei den Highflyern

Das Re-Opening der US-Wirtschaft in Verbindung mit dem Anstieg der Kapitalmarktzinsen hat bereits deutliche Wirkungen gezeitigt. Der Nasdaq mit seinen großen Highflyern, bis auf Tesla „Stay-at-Home-Aktien“, hat deutlich korrigiert. Am gestrigen Tag fiel er sogar unter seinen 50-Tage-Durchschnitt, all der Zuwachs des Jahres war zwischenzeitlich egalisiert worden. Gekauft wurden Aktien, die von einer Beendigung der Coronakrise profitieren, Fluggesellschaften, Reiseunternehmen, Energie, Banken die alte Ökonomie und viele Titel aus dem Nebenwerte-Index Russell 2000.

Am gestrigen Tag setzte aber ein breiter Abverkauf ein, bei vielem was in den letzten Monaten so durch die Decke geschossen war, wurde der Verkaufsknopf gedrückt. Ob SPACs (Special Purpose Aqcuisition Companies), Tesla, Amazon, Netflix, der Russel 2000, oder ganz besonders der Bitcoin, vor Beginn der Powell-Anhörung standen die Zeichen erst einmal auf Ausweitung der Korrektur, die fast ein wenig zu idealtypisch verlaufen würde.

Die Wirkung der US-Notenbank auf den S&P 500

Trotz der bereits spürbaren Abschläge bei den großen Dickschiffen – FANGMA plus Tesla – wo man eigentlich aufgrund des großen Marktgewichts von einer scharfen Marktkorrektur ausgehen musste, ist (noch) nicht viel geschehen. Zeichen einer gewaltigen Branchenrotation und der Einpreisung einer starken Konjunkturhoffnung, die sogar die ein oder andere Zombiefirma wieder zum Leben erwecken wird.

Fazit

Was vollziehen die Märkte hier gerade? Ist es die lange erwartete Korrektur? Beim Schwergewicht S&P 500 ist es vielleicht ein „Korrektürchen“, denn obwohl der Index in den letzten zehn Tagen 7-mal gefallen ist, liegt das Minus nicht einmal zwei Prozent vom Allzeithoch entfernt. Hat Jerome Powell die anstehende Korrektur nur etwas hinausgezögert? Wartet man noch auf das Zustandekommen des 1,9 Billionen Dollar Hilfpakets der Regierung, welches mit Millionen an 1400 Dollar-Schecks wieder Hekikoptergeld an die Menschen und damit an die Börse spült, Stichwort RobinHood? Sicherlich ein Grund.

Das Thema ist und bleibt dennoch – Inflation plus Zinsanstieg, denn die größte Gefahr für die Aktienmärkte lauert von dieser Seite, ab einer bestimmten Höhe, die keiner quantifizieren kann. Aber so war es mit einer überragenden Häufigkeit in den letzten neun Zyklen seit dem Zweiten Weltkrieg.

Noch hält die US-Notenbank dagegen, zunächst verbal.

Der Hohepriester der US-Notenbank beruhigt die Märkte



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