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US-Steuererleichterungen locken Dax-Konzerne – trotz Zolldrohungen

16 Dax-Konzerne setzen in den Vereinigten Staaten mehr um als in der Heimat - und wollen noch mehr in den USA investieren trotzt Zolldrohungen

Diese Entwicklung ist schon skurril. Donald Trump droht der EU mit Zöllen für ihr unfaires Handelsbilanzdefizit – nächste Deadline am 18. Mai – und betont immer wieder Deutschland. Das Land, aus dem die Luxuslimousinen von BMW und Mercedes kommen, die er am liebsten nicht mehr auf der Fifth Avenue sehen möchte. Und was machen deutsche Dax-Konzerne? Sie verstärken ihre Investitionen im Land des großen Provozierers. Warum?

 

Der Lockruf billiger Steuern und die Vermeidung des Währungsrisikos

Der Coup mit der Senkung der Unternehmenssteuern in den USA von 35 auf 21 Prozent hat in den USA 2018 einen richtigen „Sugar Rush“ ausgelöst, der die Unternehmensgewinne im Jahr 2018 um sagenhafte 20 Prozent steigen ließ. Dazu noch die Steuerprivilegien bei der Repatriierung von Auslandsgeldern – die Wall Street jubelte und der Steuerzahler wird es ausbaden müssen. Was natürlich nicht unterschlagen werden darf, ist, dass sich die Investitionsbedingungen in den USA damit deutlich verbessert haben, mit der Folge, dass es in vielen Ländern zu einem Steuersenkungswettlauf gekommen ist – außer in Deutschland.

Nach Berechnungen von Ökonomen liegt die nominale Steuerbelastung in Deutschland inzwischen rund 20 Prozentpunkte höher als in den USA. Dazu kommen noch Erleichterungen bei Abschreibungen oder für Lizenzeinnahmen für Firmen mit Sitz in den USA. Für die hiesigen Dax-Konzerne, die sehr international aufgestellt sind, ein sehr schwieriges Umfeld, vor allem wenn der 2018 um fünf Prozent gestiegene Eurokurs gegenüber dem Dollar noch zusätzlich auf die Marge drückt. Wie reagieren die Manager hiesiger Großunternehmen auf die Gemengelage? Vor Ort produzieren, allen Drohungen des US-Präsidenten zum Trotze und in den USA investieren.

 

Die immer noch übergroße Dominanz des US-Marktes

Der amerikanische Bürger ist konsumfreudiger, die Bevölkerungszahlen stagnieren nicht wie in Deutschland, sondern steigen, allein 2018 um rund 2,5 Millionen auf etwa 330 Millionen Einwohner, das lockt die Unternehmen in die Staaten. Die Dax-Unternehmen wollen mehr in den USA investieren, eine schon seit Jahren beobachtbare Entwicklung. 16 Dax-Konzerne setzen in den Staaten mehr um, als in der Heimat.

Dazu ein paar Beispiele:

Die Deutsche Post baut in South Carolina einen neuen 158 000 Quadratmeter großen Logistikpark, der Spezialchemiekonzern Covestro hat den Bau einer neuen 1,5 Milliarden Euro teuren Produktionsanlage in Texas beschlossen, eine Anlage zur Herstellung von energieeffizienten Dämmstoffen.

Lanxess investiert in den nächsten vier Jahren 500 Millionen Euro zur Modernisierung der amerikanischen Werke in der Reifenproduktion. Auch Henkel ist mit einem Investitionsvolumen von 300 Millionen Euro dabei. Der Sportartikelhersteller Adidas kann gar nicht soviel liefern, wie in den USA nachgefragt wird, deshalb entstand in Geogia eine mit Robotern betriebene Speedfactory-Anlage. Für die Deutsche Telekom sind Investitionen in den USA ein Muss, denn die US-Tochter T-Mobile ist für fast die Hälfte des Umsatzes des Konzerns verantwortlich. Noch höher sind die Einnahmen von Fresenius Medical Care (FMC).

 

Was machen die deutschen Autobauer?

Das größte Damoklesschwert hängt derzeit über der deutschen Automobilindustrie. Gepeinigt von ständigen Zolldrohungen, bei einem gleichzeitigen Umbruch in der Antriebstechnik, ergreift sie die Flucht nach vorne und das ist die Produktion in der Höhle des Löwen. 2018 verzeichneten die großen Drei (BMW, Daimler und VW) einen Umsatz von 100 Mrd.€ in den USA bei 1,3 Millionen verkauften Fahrzeugen.

Das Problem: 700 000 Fahrzeuge wurden in Europa produziert und verlieren durch Zölle und dem Wechselkursproblem an Wettbewerbsfähigkeit. Die Vorgabe, dass 75 Prozent der Teile eines Automobils in den USA hergestellt werden müssen, um den Zöllen zu entgehen, führte zu folgen Investitionsabsichten:

– BMW erwägt den Bau eines Motorenwerks in den USA.
– Volkswagen kündigt neue Investitionen in Höhe von 800 Millionen Dollar in Chattanooga an, wo ein zweites Werk mit 1 000 Arbeitsplätzen entstehen soll.
– Daimler verkündete den Bau einer Batteriefabrik neben dem Standort Tuscaloosa, bei einem Investitionsvolumen von einer weiteren Milliarde Dollar, zur Produktion von Elektrofahrzeugen vor Ort.
– Continental, der große Automobilzulieferer, erwarb ein 400 Hektar großes Gelände für 1,5 Milliarden Dollar in Mississippi, um von dort aus den amerikanischen Markt mit Nutzfahrzeugreifen zu beliefern.

Betrachtet man das Gesamtvolumen der Umsätze unserer Dax-Konzerne von 1,3 Billionen Euro, so kommt man zu einer überraschenden Feststellung.

Der Umsatz der Firmen 2018 stammte zu 22 Prozent aus den USA, Deutschland erreichte 21 Prozent, gefolgt von China mit 16 Prozent.

53 Prozent der Dax-Aktien befinden sich in ausländischen Händen, auch hier spielen die Deutschen nur die zweite Geige.

Der Hauptumsatz in Deutschland wird im Mittelstand erwirtschaftet. Unser Leitindex Dax ist nicht nur in seiner artfremden Ausgestaltung als Performance-Index ein seltsames Gebilde.

 

Fazit

Es klingt schon makaber. Der Mann, der die Globalisierung in Teilbereichen rückgängig machen will, schafft es mit altertümlichen Methoden, dass sich ausländische Firmen seinem Diktat beugen – vorerst. Die Steuerreform hat er zwar unterzeichnet, konstruiert wurde sie durch Ex-Goldman Sachs-Direktor Steven Mnuchin und der Wall Street und für die Größe der 20,5 Billionen-Dollar-Ökonomie sowie der Dominanz des US-Dollars kann er nichts, das sind zum Teil Dinge, die er als US-Präsident geerbt hat und die er gnadenlos einsetzt.

Die Welt ist gerade dabei sich in ihren Großkonstellationen zu ändern. Könnte sein, dass die Konzentration auf die USA und mit ihrem unberechenbaren Präsidenten so etwas, wie der Pakt mit dem……ist. Aber ich will hier nicht übertreiben.



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6 Kommentare

  1. Sehr guter Kommentar. Hoch interessant.

  2. Ganz unproblematisch ist die Produktionsverlagerung in die USA dennoch nicht. Sollte der Handelskonflikt weiter eskalieren und international zu höheren Zollbarrieren führen, sind die Kostenvorteile am Produktionsstandort USA für Exportgüter schnell durch Gegenzölle Chinas und Europas wieder aufgezehrt. Diesen Effekt spüren die Autobauer ja jetzt schon, da sie wegen der amerikanischen Zollschranken SUVs und Light Trucks jetzt schon zu großen Teilen in den USA produzieren, für den gesamten Weltmarkt. Alles, was über den Bedarf am US-Binnenmarkt hinaus für den Export produziert wird kann leicht zum Opfer des von den Amerikanern selbst forcierten Handelskonflikts werden.

  3. Ergänzung: Umgekehrt sieht am Beispiel Teslas, dass selbst die Produktion für den US-Binnenmarkt im Falle eines Handelskrieges problematisch wird. Tesla bezieht z.B. seinen Autopiloten (Hard- und Software) aus China. Durch amerikanische Importzölle wird damit die Produktion in den USA durch importierte und verzollte Autoteile ebenfalls teurer. Damit relativiert die Zolleskalation den Steuervorteil, ganz zu schweigen vom US-Konsumenten (Joe Sixpack), dem die Steuersenkung durch höhere Gesundheitskosten, steigende Benzinpreise und teurere chinesische Waren in den Supermärkten zu großen Teilen wieder weggenommen wird.

    1. Es ist doch gerade das Ziel, diese nach USA zu holen. Das Problem ist eher, das dafür das KnowHow evtl. nicht vorhanden ist, die Kosten zu hoch und die Stückzahl evtl. zu niedrig ist.
      Dem US Verbraucher dürften die Preissteigerungen sehr viel besser bekommen, wenn im Gegenzug gut bezahlte Jobs dafür herauskommen. Das Problem dabei ist die länge der Zeit, die für solch eine wirtschaftliche Veränderung von Nöten ist.

      Wenn die deutschen Firmen lediglich die drüben zu verkaufenden Güter produzieren, machen sie sich sehr viel unabhängiger von jedweder Art an Zöllen und Handelsstreitigkeiten. Das Problem ist lediglich, das die Stückkosten evtl. empfindlich höher liegen werden/würden.

  4. @Shong09…das sehe ich genauso…der zeitliche Rahmen der Anpassung muss viel länger sein…da die Fachkräfte eben auch ggf. erst ausgebildet werden müssen und das dann noch an den Orten wo auch produziert werden soll…Zwangsumsiedlung gibt es ja in den USA nicht…da hätten es die Chinesen leichter…die Idee von Trump Steuererleichterungen weiterzugeben an die Firmen, damit diese Geld haben, um die Verlagerung der Produktion voranzutreiben ist eben nicht umgesetzt worden…die Firmen haben das Geld lieber in buybacks gesteckt…man kann aber eben als Präsident nicht alles kontrollieren…

  5. @Shong09 @Ranzentier, Das Problem dabei ist die länge der Zeit, die für solch eine wirtschaftliche Veränderung von Nöten ist … der zeitliche Rahmen der Anpassung muss viel länger sein.
    Ist er aber nicht, lange zuvor gibt es bereits wieder einen amerikanischen Präsidenten mit anderen Ideen. Was wollen Sie beiden damit eigentlich genau aussagen? Zurück in die gute alte Zeit, zurück zu Abschottung und reiner Binnenwirtschaft, während der Rest der Welt in die andere Richtung strebt?

    Das Problem ist lediglich, das die Stückkosten evtl. empfindlich höher liegen werden/würden. Das ist nicht lediglich, sondern fundamental. Preissteigerungen in dem Ausmaß bei derart hochpreisigen Gütern sind in einer konsumgetriebenen und auf Schulden basierenden Volkswirtschaft schlicht unmöglich.

    Wie ich schon kürzlich geschrieben habe: In USA produzierte Autos auch dort verkaufen, und nicht nach China exportieren. In Europa produzierte Autos nicht nach USA exportieren, sondern nach China.

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