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US-Wirtschaft: Warum der Stimulus bald kommen muß!

Die US-Wirtschaft ist stark abhängig vom Konsum. Daher darf und kann es nicht mehr lange dauern, bis der nächste Stimulus beschlossen wird!

Seit Wochen zieht sich schon der Hickhack um den nächsten Stimulus (der Fünfte!) zwischen den beiden großen Parteien in den USA hin: Er wird bald kommen müssen, denn nicht nur aus humanitären Gründen brauchen die Millionen Arbeitslosen finanzielle Unterstützung, es geht auch um die für die US-Wirtschaft so zentrale Kaufkraft dieser Menschen. Denn in den USA hat eines eine zentrale Bedeutung für die Wirtschaft – es ist der Konsum.

US-Wirtschaft: Itˋ s the Economy, stupid – daher muß der Stimulus kommen

Auf diese Formel hatte US-Präsident Bill Clinton das Wesentliche seiner Wahlkampagne im Jahre 1992 heruntergebrochen. Ein Spruch, der sehr populär wurde und in vielerlei Varianten verwendet wird.

So könnte man ihn eigentlich heutzutage auch auf den US-Konsum kaprizieren, zu groß ist die Abhängigkeit der US-Wirtschaft von der Konsumlaune seiner Verbraucher geworden. Als man im März die Dimension eines möglichen Wirtschaftseinbruchs realisierte – das humanitäre Problem wurde lange Zeit heruntergeredet – begann die Administration umgehend zu reagieren.

Die US-Regierung hat daher seit März bereits vier Stimuluspakete verabschiedet, um die Folgen der Pandemie abzumildern und natürlich, um den Konsum nicht einbrechen zu lassen. Das dickste Paket gab es am 27. März (Nummer drei) mit CARES, abgekürzt für Coronavirus Aid, Relief and Economic Security. Ausgestattet mit 2,2 Billionen Dollar für Finanzhilfen der in Not geratenen Unternehmen, für eine Aufstockung der Arbeitslosenhilfe um 600 Dollar pro Woche, Steuervergünstigungen, Darlehen und Staatsbürgschaften und die Stärkung des Gesundheitsschutzes. Eine letzte Erweiterung gab es im Juni in Höhe von 484 Milliarden Dollar, auch um endlich die Coronatests auszuweiten.

Auch wenn die US-Wirtschaft im zweiten Quartal um 32,9 Prozent (auf Jahressicht), in unserer Rechenart um 9,5 Prozent eingebrochen war, entstand die skurrile Situation, dass das Einkommen der Amerikaner aufgrund der staatlichen Hilfen im Schnitt um 10 Prozent gestiegen war. In einem US-Bundesstaat bekamen Arbeitslose tatsächlich sogar etwa 4500 Dollar Unterstützung/ pro Monat.

Aber diese umfangreichen Hilfspakete vom Frühjahr sind zum Großteil Ende Juli ausgelaufen und es fließen keine Sozialtransfers aus dem Bundeshaushalt mehr.

Die Entwicklung der Zahl der Arbeitslosen ist hierbei eine entscheidende Determinante. Im April 2020 erreichte sie offiziell mit 23,08 Personen ihren Höhepunkt, um sich bis zuletzt im November auf 10,7 Millionen zu halbieren. Eine „offizielle“ Arbeitslosigkeit, die mit herzlich geschönten 6,7 Prozent immer noch deutlich über den Vor-Corona-Zeiten notiert.

Der große Anteil des Konsums am US-BIP

In den USA beträgt der Anteil der Konsumausgaben in Relation zum BIP sehr hohe 67,9 Prozent, skurrilerweise liegt nur Griechenland mit 68,0 Prozent etwas darüber. In Deutschland sind es 52 Prozent, ein Platz im Mittelfeld, in China sind es gar nur 38,5 Prozent (Zahlen von 2019, Quelle statista).

Die Pandemie um Covid-19 hat natürlich Auswirkungen auf die Länder, in denen dieser Anteil besonders hoch ist. In den USA hätte ein Rückgang des Konsums aufgrund der gigantischen Verhältnisse gewaltige Dimensionen für die US-Wirtschaft.

21,433 Billionen Dollar hatte das Bruttoinlandsprodukt der USA im Jahre 2019 betragen, der Anteil des Konsums betrug demzufolge 14,55 Billionen Dollar. Oder anders ausgedrückt: Der US-Konsum wäre nach Zahlen immer noch die zweitstärkste Wirtschaftsnation der Welt, vor China. Der Konsumhunger der Amerikaner repräsentierte damit im letzten Jahr 17 Prozent der Weltsozialprodukts (86,6 Bio $), bei einem Bevölkerungsanteil von 4,3 Prozent. Kaum auszudenken, was passieren würde, sollte sich der Rest der Welt amerikanische Konsumgepflogenheiten zu eigen machen.

Betrachtet man dazu im Vergleich den Industriesektor, so macht dieser nicht einmal 19 Prozent des US-BIPs aus.

Die Bedeutung der staatlichen Stimuli zu Zeiten der Pandemie

Über die große Not der unteren Bevölkerungschichten wurde in diesem Forum schon viel geschrieben. Fast jeder vierte Haushalt in den USA, schätzen Ökonomen der Northwestern University im Bundesstaat Illinois, ist derzeit auf Lebensmittelmarken angewiesen. Das könnten mehr als 70 Millionen Bürger sein. Hungernde Bürger im reichsten Staat der Welt, was für eine Spreizung der Einkommensverhältnisse. Einer Studie der Notenbank zufolge ist fast die Hälfte der Bevölkerung nicht einmal in der Lage 400 Dollar für Ersatzbeschaffungen oder Reparaturen aufzubringen. Und jetzt beschleunigt die dritte Welle von Corona noch einmal die Arbeitslosigkeit in den USA.

Aktuell liegt ein parteiübergreifender Vorschlag in Höhe von 908 Milliarden Dollar auf den Tisch, für zusätzliches Arbeitslosengeld oder für Geld an kleine Unternehmen. Vieles läuft zum Jahresende aus und wenn es bald keine Einigung gibt, würden demnächst zig Millionen Amerikaner ohne Unterstützung dastehen, bei zunehmendem Räumungen von Wohnungen und auch bei Hospitalisierungen infolge von Covid-19. Ein Teil Amerikas hungert, da wird sogar den Politikern mulmig. Die Speakerin der Demokraten Nancy Pelosi sagte daher gestern über den Stimulus: „Wir können hier nicht ohne ein Gesetz abreisen.“

Fazit

Aus den genannten Fakten wird einmal mehr klar, warum die US-Wirtschaft so stark davon abhängt, dass ihre Bürger konsumieren was das Zeug hält, insbesondere unter Verwendung zahlreicher Kreditkarten. Nicht umsonst betont Fedchef Jerome Powell in jeder Sitzung den gesetzlichen Auftrag der Federal Reserve: „Maximum Employment and Price Stability“. Die Zahl der Arbeitslosen hat maßgeblichen Einfluss auf die Konsumausgaben im Lande. Wobei wir wieder einmal bei der Zinspolitik der Notenbank wären. Die ultralaxe Geldpolitik füttert den 40 Billionen Dollar schweren Aktienmarkt und bringt die Raten für die Immobilienkredite in den USA auf niedrigste Levels. Auch Letztere werden zum Zwecke des Konsums beliehen, als weitere Geldquelle der Amerikaner. Man braucht aber auch die Konsumausgaben der unteren Schichten: Deshalb wird das nächste Stimulusprogramm in den USA kommen (müssen). Nach dem Motto: Itˋs the Consumption, Stupid!



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