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USA: Das Infrastrukturprogramm von Joe Biden – höchste Eisenbahn

Die desaströse Infrastruktur der USA

Derzeit schüttelt man in vielen Ökonomenkreisen den Kopf über die große Neuverschuldung der USA innerhalb eines Jahres von 23 auf 28 Billionen Dollar. Obwohl die Wirtschaft in den USA im Jahre 2020 (nur) 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukt oder eine Summe von etwa einer Billion Dollar verloren hat. Sicherlich hat man viele Milliarden gebraucht, um den für die USA so essenziellen Konsum aufrechtzuerhalten. Aber viel Geld ist auch in andere Kanäle geflossen, zum Beispiel in die Aktienmärkte, durch Anleger, die das Geld anscheind nicht zum Leben gebraucht, sondern in extremer Weise gezockt haben. Es wurden Schulden aufgebaut, die im Normalfall nicht mehr abgebaut werden (können). Aber das neueste Konjunkturpaket (Build Back Better) über zwei Billionen Dollar, ist eine wichtige und überaus notwendige Investitionen für die Zukunft, wie ein Zustandsbericht eines in den USA lebenden deutschen Journalisten (Stefan Beutelsbacher/Welt) eindrucksvoll darlegt.

USA: Über zwei Billionen Dollar, aber nur ein Teil davon gehen in eine marode Infrastruktur

Die Summen klingen zunächst nach unheimlich viel, aber der amerikanische Ingenieursverband ASCE spricht sogar davon, dass Investitionen in Höhe von 2,6 Billionen Dollar nötig sind, um dem Zustand des Verfalls zu entgegnen. Es könnten bis zum Jahr 2040 deshalb sogar drei Millionen Arbeitsplätze verloren gehen. Der letzte Präsident Donald Trump hatte stets davon versprochen, das Land zu sanieren, dann aber vier Jahre lang nichts unternommen.

„Es ist eine Investition für Amerika, die nur einmal pro Generation vorkommt – ungleich allem, was wir seit dem Bau des Systems der Autobahnen und dem Wettrennen um den Weltraum vor Jahrzehnten erlebt haben“, so Biden in einer Rede bei einem Besuch in der Stadt Pittsburgh. Hier einige Eckdaten:

Es geht um 621 Milliarden US-Dollar, die in die Verkehrsinfrastruktur gesteckt werden sollen, 115 Milliarden davon in die Modernisierung von Straßen, 100 Milliarden in das Stromnetz, und ebenso viel soll in den Breitbandausbau fließen. Zum Aufbau der Elektromobilität will man für rund 500 000 Aufladestationen 174 Milliarden Dollar bereitstellen. Die Finanzierung soll über höhere Steuern, über 15 Jahre gestreckt, möglich werden. Dass die Senkung der Unternehmenssteuern von Donald Trump auf 21 Prozent, wieder teilweise zurückgenommen werden soll (auf 28 Prozent) ist schon lange Teil des Wirtschaftsprogramms von Joe Biden. Doch reichen die Mittel überhaupt aus, um die in „Jahrzehnte“ gekommene Infrastruktur zu erneuern? Hier ein paar Beispiele aus dem Bericht des Reporters, der sich auf die Zahlen des amerikanischen Ingenieurverbandes ASCE bezieht.

Straßen und Brücken

Dass manche Anzugträger der Wall Street bei Regen auf dem Weg zur Arbeit Gummistiefel anhaben, wegen der Schlaglöcher, könnte man noch als witzige Story abtun, nicht jedoch den Zustandsbericht der ASCE, der aufzeigt, dass im Hightech-Land USA jede zweite Straße ausgebessert werden müsste.

In der Heimat von Amazon, wo drei Viertel der Waren auf diesem Verkehrsnetz ausgeliefert werden. Dabei soll es sogar überhöhte Kosten für die Autofahrer geben, durch Schlaglöcher und Risse im Asphalt, die zu Reparaturen und Spritmehrverbrauch führen, man stellt hier sogar Mehrkosten von 1000 Dollar pro Pkw, auf das Jahr gesehen, in den Raum.

Die Verkehrsplaner der USA rechnen außerdem damit, dass für die Reparaturen des Straßennetzes 790 Milliarden Dollar nötig sein sollten.

Dramatisch sieht es auch bei einem Teil der rund 620.000 Brücken in den USA aus. Aus der Zustandsanalyse ergibt sich, dass 230.000 davon 50 Jahre oder älter sind, fast 50.000 wurden durch das US-Verkehrsministerium bereits als „strukturell mangelhaft“ eingestuft. Angesetzte Reparaturkosten: 125 Milliarden Dollar.

Schienen und Stromleitungen

Wie oft hat Wall Street-Kommentator Markus Koch schon von seinem Weg zur Arbeit von alten Zügen erzählt, deren Abteile aus den 1950-er-Jahren stammen könnten? Dabei kann er noch von Glück sprechen, denn 50 Prozent der Amerikaner haben laut der ASCE keinen Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Ingenieure setzen den Sanierungsbedarf auf bis zu 45 Milliarden Dollar an.

Vom Zustand der amerikanischen Stromversorgung konnte die Welt erst vor wenigen Wochen in den Nachrichten erfahren. Der Blackout in Texas war einer der größten in den USA und hatte dazu geführt, dass fünf Millionen Bürger in dieser Region für Tage ohne Strom waren. Auch halten Amerikas Hochspannungsleitungen oft der Witterung nicht stand. Die US-Statistikbehörde spricht davon, dass landesweit im Jahr durchschnittlich fast acht Stunden lang der Strom ausfiel, in Deutschland sind es eher wenige Minuten jährlich. Es gibt uralte Strommasten, die Modernisierungskosten werden auf fast 200 Milliarden Dollar hochgerechnet.

Wasserwege und Dämme

Auch hier ein ähnliches Bild bei der Infrastruktur. Auf den 40.000 Kilometern Wasserwege wird fast 20 Prozent des inländischen Güterverkehrs transportiert. Es gibt jährlich viele Schleusenschließungen durch marode Anlagen, ein großes Problem für die Landwirtschaft. Gefährlich ist jedoch der Zustand der Dämme. In den USA gibt es 15.600 Hochrisikodämme, in der Nähe von Siedlungen, von denen alleine 2300 ausgebessert werden müssen. Auch in diesem Bereich sind es viele Milliarden Dollar, die für notwendige Sanierungsaufgaben aufgebracht werden müssen.

Man hat schon vieles über die marode Infrastruktur in den USA gelesen, aber dieser Zustandsbericht aus der größten Wirtschaftsnation der Welt verwundert schon.

Die unerfüllten Wünsche des Ex-US-Präsidenten

Es klingt schon irgendwie nach einer Laune des Schicksals. US-Präsident Donald Trump hatte in seiner Amtszeit die US-Wirtschaft stets als „Best Economy Ever“ gelobt, die nach seinen Vorstellungen ein Wachstum von vier Prozent erreichen sollte. Geschafft hat er in seiner Amtszeit aber nur maximal 3,1 Prozent.

Aber was vollzieht sich gerade in den USA unter dem neuen Amtsinhaber Joe Biden? Selbst die US-Notenbank prognostiziert für 2021 ein Wachstum von über sechs Prozent, selbst wenn dies zu optimistisch sein sollte, vier Prozent sollten es allemal werden. Doch nicht genug. Eine weitere Skurrilität ist die letzte Phase der „America First-Politik“, die auch seinem Nachfolger sehr zugute kommt. Trump hat in den letzten Monaten seiner Amtszeit die Maxime für seine Beauftragten herausgegeben, so viel Impfstoff zu beschaffen, wie es irgendwie geht und ohne Rücksicht auf die Kosten – Operation Warp Speed. Dies hat dazu geführt, dass in den USA innerhalb von gut drei Monaten über 100 Millionen (Erst)Impfungen und über 60 Millionen vollständige Impfungen durchgeführt werden konnten und die Vereinigten Staaten schon in gut zwei Monaten mit einer Immunisierung der erwachsenen Bevölkerung rechnen können, eine unerwartete Mutationsthematik einmal ausgeschlossen. Damit könnten die USA einen großen Vorteil bei dem Reopening ihrer Wirtschaft im Vergleich zu anderen westlichen Industriestaaten erreichen, bei einer selten gesehen Wachstumsrate. Ob sich Donald Trump da in den nächsten Monaten gerne Wirtschaftssendungen im US-Fernsehen betrachten wird?

Fazit

Auch wenn viele Beobachter die Schuldenpolitik der USA für skandalös halten, die Investition in die marode Infrastruktur des Landes ist ein „Muss“, ein weiteres Hinausschieben würde die Wirtschaftsentwicklung mehr und mehr beeinträchtigen. Und bei der Summe, um die es geht, muss man einschränkend sagen. Allzu inflationstreibend dürfte das Ganze nicht werden, denn schließlich soll das Programm über acht Jahre gestreckt werden. Bei etwa 2,25 Billionen Dollar, ergäbe das 280 Milliarden jährlich und Lisa Abramovic (von Bloomberg) bemerkte hierzu, dass man in China allein für dieses Jahr umgerechnet 551 Milliarden Dollar auf diesem Gebiet in die Hand nehmen wird.

Dass einem Donald Trump der Zustand der Infrastruktur seines Landes nicht so aufgefallen ist, ist aber durchaus verständlich. Schließlich war der Ex-POTUS häufig mit Hubschrauber und Air Force One im Lande unterwegs.



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2 Kommentare

  1. Immer dann wenn eine Regierung etwas will, wird mit Argumenten richtig geklotzt. Diesmal ist es wieder Geldausgeben, um die Wähler zu überzeugen. Statt einen angepassten langfristig ausgerichteten Aufbau auf der Basis stabiler ökonomischen Prinzipien, werden riesige Summen ins Spiel geworfen, die damit eindeutige Tatsachen schaffen ohne Rückkehrmöglichkeit wie die Geldruckerfallen der Notenbanken.

  2. Jetzt könnte man wieder die früher geführte Diskussion über produktive und unproduktive Schulden führen.Die genannten Infrastrukturprogramme mit neuen Schulden werden erst später wirksam und sind nicht so wirtschaftsfördernd wie erwartet.
    Verpasster Unterhalt an Infrastrukturen, die früher mit erwirtschafteten Gewinnen nicht gemacht wurden, jetzt mit neuen Schulden nachzuholen, bringt der Wirtschaft keine Mehrleistung, sondern hält nur den alten Zustand aufrecht.Wenn sie eine neue Fabrik mit Schulden bauen erhalten sie eine Mehrleistung, das heisst produktive Schulden.Darum sind die aufstrebenden Länder im Vorteil, da jede neue Fabrik oder Brücke eine Verbesserung und Wachstum bringt.Mit @PK haben wir diese Diskussion bis zur Bewusstlosigkeit geführt.
    Melde dich doch wider einmal, mit deiner These, dass die Notenbanken die ganze Welt für ewig mit Geld überschwemmen wird lagst du doch goldrichtig. Ich habe nie geglaubt, dass unsere Elite das Finanzsystem so elitär an die Wand fahren würde.

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