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Varoufakis: Alle waren schuld, außer Griechenland und er selbst?

FMW-Redaktion

Yanis Varoufakis ergießt sich derzeit in einem Rede- und Vortragsexzess nach dem anderen. Auch gestern wieder. Nach seinem persönlichen #Honorargate (Lafontaine residiert doch auch in einem Palast, oder?), wo er argumentierte 24.000 Euro Honorar für seinen Kurzvortrag in Italien benötige er um seine Kosten zu decken, haut er jetzt erneut kräftig auf die Schuldfrage rund um die Griechenland-Krise. Und wer ist wohl schuld? Raten Sie mal…

Yanis Varoufakis
Yanis Varoufakis kann genau erklären, wer schuld an allem ist. Foto: Jörg Rüger / Wikipedia (CC BY-SA 3.0)

Um seinen endlosen Formulierungen eine Headline zu geben: Alle sind schuld außer Griechenland und er selbst!

Varoufakis ist nicht gescheitert – er hat sich unsterblich gemacht.

Gestern trat Yanis Varoufakis im überfüllten Audimax der Wirtschaftsuniversität in Wien auf. Dabei tobte er sich aus wie selben zuvor. Mehrmals sprach er über seinen Rücktritt, der kein Scheitern gewesen sei, vielmehr eine bewusste Entscheidung, um es mal so zu formulieren. Schaut man hinter seine Formulierungen, glaubt Varoufakis wohl tatsächlich, dass er sich selbst unsterblich gemacht hat „im Kampf gegen das böse Kapital“, als er sich in einer historischen Entscheidung geweigert habe den Forderungskatalog der Europartner zu unterschreiben. Anscheinend ist alles um ihn herum für Varoufakis eine einzige große Verschwörung „um die armen Menschen in Griechenland zu unterdrücken“. Es fielen seinerseits Zitate wie

„In ein Irrenhaus würden sie mich werfen…“

„Die Entscheidungsträger der EU sind geprägt von einer zutiefst platonischen Verachtung für Demokratie.“

„Brüsseler Korridore der Macht.“

„Entweder die EU wird demokratischer, oder sie schafft sich selbst ab.“

„Griechenland ist nur das Frühwarnsystem für das Scheitern der Eurozone.“

„Europa hat die ganze Krise über nichts anderes gemacht als zu täuschen.“

Besonders interessant ist folgende Aussage von Varoufakis, die wohl untermauern soll, dass es da eine jahrelang vorbereitete Verschwörung (böser Mächte?) gegeben haben muss. Die europäischen Banken hätten Griechenland die Kredite aufgezwungen, nur damit sie sie später über den Umweg von Hilfspaketen wieder hätten zurückholen können. Das heißt eine Bank vergibt Kredite, und weiß in dem Augenblick schon, dass der Schuldner pleite geht – sie plant daher schon bei der Kreditvergabe Hilfspakete durch Dritte um so ihr Geld zurückzubekommen… ohne Worte.

Heute wies Varoufakis gegenüber Journalisten auf fehlende Investitionen in Griechenland hin, auf die steigende Steuerlast und die Abwanderung vieler Menschen aus Griechenland. Schuld daran seien „die Auflagen der Gläubiger für Griechenland, die dem Land unter Führung von Wolfgang Schäuble auferlegt wurden. Der wisse, dass das Hilfsprogramm zum Scheitern verurteilt sei. Dem IWF und den EU-Einrichtungen (EU-Kommission / EZB) ginge es darum „diejenigen niederzuzwingen, die es wagen würden die Autorität der Troika anzuzweifeln“.

Das hat er alles zwar schon oft gesagt, aber durch das ständige Wiederholen der selben Message, im TV, in Kolumnen und in Vorträgen wird die einseitige Sichtweise einer dunklen Verschwörung bei vielen Menschen irgendwann zur unreflektierten und einfachen Realität, bei der man nichts mehr hinzufügen muss. Kein Wort von Varoufakis über seine eigene eventuelle Inkompetenz. Er selbst hat, so darf man annehmen, wohl alles versucht, nur wurde er wg. seiner den Menschen zugewandten Politik (von den dunklen Mächten?) daran gehindert Gutes zu tun. Kein Wort über das bürokratische Desaster oder die Korruption in Griechenland, die alles lähmen.

Inkompetenz oder Ignoranz?

Dass Yanis Varoufakis (Uni-Professor, nur welches Fachgebiet?) entweder von VWL oder BWL oder grundsätzlichen wirtschaftlichen Abläufen keine wirklichen tiefgründigen Kenntnisse hat, oder ob er sie doch versteht und einfach nur die Realität ignoriert? Sein heutiger Vorschlag wirft diese Frage nämlich auf. Die EZB solle die monatlichen 60 Milliarden Euro, mit denen sie derzeit Anleihen von Euro-Ländern aufkauft, lieber dafür verwenden Infrastrukturprojekte in Europa zu finanzieren. Hierfür solle die EZB das Geld direkt zur Europäischen Investitionsbank überweisen. Helfen würde das der Konjunktur kurzfristig ein wenig, außer Frage – nur blendet er dabei eines völlig aus. Dieses von der EZB künstliche gedruckte Geld wird dem Geldkreislauf zusätzlich zur Verfügung gestellt um relativ kurzfristig (Monate und Jahre) die Inflation in der Eurozone anzuheizen. Die EZB muss in der Lage sein diesen Geldfluss und auch den Geldrückfluss zu regulieren. Bei Anleihen geht das ganz einfach, in dem man sie einfach bis zum Ablaufdatum im Notenbank-Depot behält – der Schuldner zahlt zurück an die EZB, die EZB verbucht das Geld und nimmt die Liquidität somit automatisch wieder vom Markt. Bei Varoufakis´ Vorschlag würde das Geld in der Industrie und im Mittelstand landen, in hunderttausenden großen und kleinen Unternehmen, von denen einige pleite gehen, andere die Kredite nur schleppend zurückzahlen usw. Eine gesteuerte Regulierung des Geldrückflusses an die EZB (Reduzierung der aufgeblähten EZB-Bilanz) wäre bei seinem Vorschlag gar nicht möglich. Und die EZB würde damit anfangen die Aufgabe der Politik mit zu übernehmen, nämlich reale Wirtschaftspolitik zu betreiben. Unrealistisch!

Aber abgesehen davon: Mit einigen seiner Aussagen hat Yanis Varoufakis durchaus recht. Es gibt viele Probleme rund um die Griechenland-Krise, die systemisch bedingt sind. Aber seine stumpfe, einseitige und radikale Sichtweise, dass eine große Verschwörung böser Mächte vorliegt um sein Heimatland und ihn fertigzumachen, dringt in jeder seiner Reden durch, und wird auch der Grund dafür sein, dass er als Finanzminister grandios scheiterte und nichts zustande brachte. Wie will man mit jemandem seriös verhandeln, der einen völligen Tunnenblick hat? Mit dem einfachen Rezept „die anderen sind an allen schuld“ wird ein Yanis Varoufakis schnell zum Popstar. Nur, wenn man den Realitätscheck macht… warum hat der Möchtegern „Che“ sein 24.000 Euro-Honorar für seinen Mini-Vortrag in Italien nicht den Suppenküchen in Athen gespendet? Gut situiert ist er auch ganz ohne Honorare für seine Reden!



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3 Kommentare

  1. Ich glaube hier wird dem Herrn Varoufakis etwas unrecht getan.
    Ich bin zwar auch der Meinung das er keine Eigenkritik übt, aber was hätte er denn in einem halben Jahr schon auf die Beine stellen können. Das die Troika das sagen weiter behält war klar, trotz der Ablehnung der Griechischen Bürger gegen das Spardiktat und die fehlende wirtschaftliche Perspektive.
    Aber an sich vollkommen egal was der Herr Schäuble oder der Herr V. sagt. Das ändert nichts daran das unser System einfach so nicht funktionieren kann, auch wenn man es den Bürgern noch so oft versucht weiß zu machen.

  2. Es ist bequem, sich den Argumenten von Prof. Varoufakis zu verschließen und es ist billig, ihn dafür zum geldgeilen Verschwörungstheoretiker zu stempeln.
    Griechenland ist zwar zur Zeit durch, das unvermeidliche vierte Rettungspaket wird Varoufakis bestätigen. Denn die zynische Gewissheit allein, dass das Land über 1000 Jahre Schuldendienst zu leisten hätte, macht es zur moralischen Pflicht, kompetent über Alternativen zu reden. Der Kardinalfehler liegt auf der Seite der EU/USA, die es zu verhindern wussten, Griechenland eine geordnete Insolvenz in 2010 zu erlauben – mit einem Viertel der Schulden von heute. Wenn ich Professor für Ökonomie und Grieche wäre, würde mich das auch umtreiben.

  3. Lächerlich! Die unterschwellige bzw. fadenscheinige Diskreditierung des Wissenschaftlers Varoufakis ist perfide und zeugt von mangelnder sachlicher Argumentationskraft auf Seiten des Autors. Doch nur ein neoliberal verseuchtes Ego-Hirn oder gibt es noch Hoffnung auf ideologiefreie kritische Vernunft? Eigeninteressenfreies Nachdenken ist dringend angeraten!

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