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Verbot von intransparenten Finanzprodukten? Wenn, dann bitte richtig!

Derzeit läuft bei der BaFin eine Prüfung, ob man die Vermarktung und den Verkauf sogenannter "Bonitätsanleihen" für deutsche Privatanleger verbietet. Die Tendenz, so scheint es...

FMW-Redaktion

Derzeit läuft bei der BaFin eine Prüfung, ob man die Vermarktung und den Verkauf sogenannter „Bonitätsanleihen“ für deutsche Privatanleger verbietet. Die Tendenz, so scheint es auszusehen, geht Richtung Verbot. Warum? Die FaFin moniert die Produktkomplexität von Bonitätsanleihen. Der private Anleger könne nur schwer abschätzen, ob ein möglicherweise zu erzielender Zins die übernommenen Risiken abdecke. Auch hätten Anleger nicht in umfassendem Ausmaß Zugang zu Detailinformationen.

Auch sei nicht klar dargestellt, dass der Käufer von Bonitätsanleihen ein Risiko übernehme, und sich in die Rolle eines Sicherungsgeber begebe. Die Funktionsweise des Produkts sei nicht ausreichend erläutert worden, wie man stichprobenmäßig einer Beratungsdokumentation entnehmen konnte, so die BaFin. In der Tat, Bonitätsanleihen sind keine normalen Anleihen. Der Käufer der Anleihe spekuliert auf die Bonitätsrisiken von Unternehmen. Rückzahlung der Anleihe + Zinszahlung sind abhängig von der Kreditwürdigkeit des Referenzunternehmens.

Die BaFin moniert auch, dass bei der Vermarktung gegenüber Privatanlegern mit Zinserlösen geworben werde, aber gleichzeitig nicht klargestellt werde welches Risiko entsteht. Letztlich kann man das als Bank oder Vertriebler so sehen, als Finanzaufseher wieder ganz anders. Fakt ist: Vor und auch nach der Finanzkrise 2008 haben Anleger in verschiedensten Variationen negative Erfahrungen gemacht. Der Gesetzgeber möchte hier wohl ein Zeichen setzen, dass es so nicht weitergehen kann. Dabei kann man auch sagen: Wenn, dann bitte richtig.

Denn es gibt den gigantisch großen Block der sogenannten „Geschlossenen Fonds“. Es ist überhaupt der Hammer, dass die deutsche Finanzindustrie diese Produkte als „Fonds“ bezeichnen darf. Denn es handelt sich hierbei nicht um Fonds, wo der Anleger Geld in einen Topf einzahlt, und dann entsprechende Anteile erhält wie bei einem Aktienfonds. Es handelt sich bei diesen Fonds (meistens Schiffsfonds oder Immobilienfonds) nämlich um Kommanditgesellschaften, bei denen der Anleger Miteigentümer dieser Gesellschaften wird. Und jetzt kommt´s: Er wird „persönlich haftender Gesellschafter“ dieser Firmen, und haftet anteilig auch für die Verluste der Firma (ähhh des Fonds).

Seit der Finanzkrise bekommen das zahlreiche Anleger ganz real zu spüren, die auf einmal Jahr für Jahr Geld nachschießen müssen, damit die in den „Fonds“ enthaltenen Schiffe ohne Erlöse am Laufen gehalten werden können. Anlegeranwälte haben es schon oft erwähnt: Gerade hier hat der Anleger keine Transparenz, keinen Einblick, und wurde oftmals gar nicht aufgeklärt, was er da wirklich unterschreibt. Natürlich können wir das nicht nachweisen, da wir nicht bei den einzelnen „Beratungsgesprächen“ dabei waren. Aber die Schlussfolgerung liegt nahe. Denn das Produkt heißt ja nicht „Anteil an einer Kommanditgesellschaft mit Nachschusspflicht“, sondern „Schiffsfonds“.

Wenn der Gesetzgeber über sein ausführendes Organ „BaFin“ die Zügel anzieht, was durchaus zu begrüßen ist, sollte er sich auch der großen Themenblöcke wie den „Geschlossenen Fonds“ annehmen, und hier endlich radikal für Klarheit sorgen. Wie die Sache mit den Bonitätsanleihen ausgeht? Verbot, oder wird die Branche nachbessern und Risiken klarer benennen? Das kann man jetzt noch nicht sagen. Aber uns geht es um eine generelle Transparenz bei Risiken und Produktinformationen, die in der Tat längst überfällig ist. Kümmert man sich um diese Anleihen, dann bitte ebenso um die großen Themenblöcke! An dieser Stelle könnte man sich auch fragen, warum Zertifikate eigentlich Zertifikate genannt werden dürfen, und nicht „Schuldverschreibungen mit spezieller Ausstattung“?

Zu Bonitätsanleihen schrieb die BaFin schon Ende Juli:


Die BaFin plant, den Retailvertrieb von Zertifikaten zu verbieten, die sich auf Bonitätsrisiken von Referenzunternehmen beziehen. „Strukturierte Produkte, die sich auf Kreditrisiken beziehen, können für institutionelle Investoren eine sinnvolle Anlagealternative sein. In die Hände von Privatkunden gehören sie aus unserer Sicht aber nicht“, begründet Exekutivdirektorin Elisabeth Roegele den Schritt der Aufsicht. „Uns ist bewusst, dass wir die Zertifikateindustrie damit vor Herausforderungen stellen“, sagt Roegele. „Aber gerade weil der Zertifikatemarkt bei uns in Deutschland einen hohen Stellenwert hat, dessen Ruf und Glaubwürdigkeit von zentraler Bedeutung sind, müssen wir bei einzelnen Produkten intervenieren.“ Die BaFin habe bei den Bonitätsanleihen vor allem wegen der hohen Produktkomplexität erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz. Bei Bonitätsanleihen sind Kreditrisiken von Referenzunternehmen ausschlaggebend für Verzinsung und Rückzahlung des investierten Geldbetrags. Von besonderer Relevanz ist dabei, ob ein Kreditereignis in Bezug auf die zugrundeliegende Referenzverbindlichkeit eintreten wird. Privatkunden können dies in der Regel nicht bewerten. Für sie ist nicht erkennbar, wie groß die Wahrscheinlichkeit für die Rückzahlung des Anlagebetrags ist und ob die Übernahme des Kreditrisikos durch die Höhe des Zinsversprechens adäquat vergütet wird. Als problematisch sieht die BaFin auch das in der Produktstruktur angelegte Risiko eines Interessenkonflikts an. Emittenten sind einerseits Produzenten der Bonitätsanleihen, die an Privatkunden abgesetzt werden. Andererseits unterhalten sie aber auch Geschäftsbeziehungen zu den Unternehmen, deren Bonitätsrisiken sie in ihren Produkten zugrunde legen, und treten etwa selbst als Kreditgeber auf. Die gängigen Vertragsbedingungen für Bonitätsanleihen räumen den Emittenten in diesem Zusammenhang erheblichen Spielraum ein. Anlegerschutzbedenken bestehen aber auch darin, dass bereits die Produktbezeichnung „Bonitätsanleihe“ irreführend ist. Anders als der Name nahelegt, handelt es sich dabei nicht um Anleihen im klassischen Sinne. Der Anleger ist bei wirtschaftlicher Betrachtung nämlich gerade nicht (Anleihe-) Darlehensgeber, sondern übernimmt vielmehr eine ähnliche Rolle wie ein Versicherungsgeber und damit das Risiko des Kreditereignisses. Diese „Rollenverwirrung“ lässt Bonitätsanleihen bei Privatanlegern fälschlicherweise als Zinspapiere erscheinen.

Die BaFin hatte in den letzten Monaten untersucht, inwieweit Bonitätsanleihen aktiv auch an Privatkunden vertrieben werden und ob diese ausreichend über die Risiken aufgeklärt werden. Dabei zeigte sich, dass Emittenten Bonitätsanleihen gezielt für den Absatz an Privatkunden produzieren. Die Auswertung der Beratungsdokumentation machte deutlich, dass diesen Kunden die Funktionsweise der Produkte in der Regel nicht adäquat erklärt wird.

Mit dem Verbot macht die BaFin von ihrer Möglichkeit zur Produktintervention Gebrauch. Das Kleinanlegerschutzgesetz führte diese im Juli 2015 ein. Die Aufsicht kann seitdem die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf bestimmter Finanzprodukte beschränken oder verbieten, etwa um Anleger zu schützen (§ 4b Wertpapierhandelsgesetz).



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2 Kommentare

  1. Das intransparenteste Finanzprodukt ist sind die Papierwährungen. Auf jedem Euro müsste ein Warnhinweis fett aufgedruckt sein: Vorsicht, verliert ständig Kaufkraft, ist komplett ungedeckt und der Herausgeber hält sich nicht an die Gesetze.

  2. Riester, Rürupp – Renten, Nettorenditen nach Steuer und KV/ Nachschusspflicht für Unternehmen Dank EZB-Politik – bei Betriebsrenten usw. usw.

    Millionen Leben, Schicksale und Privatrenten und tausende Firmen sind betroffen von privater Altersarmut oder latenten Bilanzrisiken.
    Kommen noch die öffentlich nicht wirklich kommunizierten Staatsschulden aus aktuellen und steigenden, zukünftigen Pensionsverpflichtungen des Ö. D.
    Die aktuelle Situation im Bereich Altenpflege oder auch allein Erziehender –
    Staatshaftung??
    Alles in Allem haben wir in Deutschland jede Menge vor der eigenen Haustür zu kehren – bevor wir zum Beispiel Griechenland, England, Russland usw. „erklären“ was die falsch machen.
    Das im Artikel angesprochene Ungleichgewicht beim Gesetzgeber in Bezug auf die einheitliche Bewertung von Finanzprodukten ist schlicht eine politisch gewollte
    Kiste die stark von der jew. Lobby beeinflusst wird. Mit Recht und Ordnung oder Gleichheitsgrundsatz hat das alles herzlich wenig zu tun. „Verbraucherschutz“ ist ein Märchen.

    Die angesprochenen Beteiligungen wie KG-Modelle werden seit 40 Jahren nicht umsont auch als s.g Grauer Kapitalmarkt bezeichnet.

    In eine simple Formel gebracht: Der Anleger der auf höhere Renditen schielt sollte sich auch das passende Fachwissen selbst aneignen um zur angestrebten Rendite auch das immer eingergehende Risiko einschätzen zu können.

    Gier und Opfermentalität passen ebenso wenig zusammen wie vermeintlicher Verbraucherschutz zu Lobbypolitik / Stuhlerhalt. Wer das Eine will muss das Andere mögen.

    Beste Grüße & gute Trades

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