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Vergemeinschaftung von Schulden in Europa verlagern auf Privatanleger – so wird das gemacht

Die Vergemeinschaftung von Schulden in Europa ist ein Dauerthema, vor allem bei uns in Deutschland. Wir wollen es nicht, weil wir der größte Zahlmeister wären. Die EU-Kommission hat zwar bereits über Rettungsmechanismen wie den ESM schon eine gewisse Art der Vergemeinschaftung von Schulden eingeführt – und die EZB kauft im Auftrag aller Mitgliedsstaaten schon seit Jahren Staatsschulden auf.

Aber so richtig los geht es erst jetzt mit dem neuen Instrument der EU-Kommission namens „Sovereign Bond-Backed Securities“ (SBBS). Es ist quasi eine modernere Variante der Verbriefung von Immobilienkrediten, welche letztlich verdeckten, wie kaputt und überladen das US-Hypothekensystem im Jahr 2007 war. Nun will die EU-Kommission den Weg frei machen, dass Staatsanleihen mehrerer Eurozonen-Staaten in einer Verbriefung (also in einem „Produkt“) gebündelt werden. Dieses Produkt soll dann von privaten Investoren gekauft werden.

Also kann man annehmen, dass vielleicht Fondsgesellschaften, Pensionskassen etc solche Produkte kaufen um höhere Renditen zu erzielen. Über diesen Umweg landen letztlich die Risiken von Staatspleiten beispielsweise in Griechenland und Italien in den Rentenspar-Plänen deutscher Arbeitnehmer, ohne dass die davon überhaupt etwas mitbekommen. Zitat EU-Kommission aus einer aktuellen Veröffentlichung:

Die Europäische Kommission will regulatorische Hindernisse für die marktgetriebene Entwicklung von Wertpapieren, die durch Staatsanleihen besichert sind (Sovereign Bond-Backed Securities, kurz „SBBS“) aus dem Weg räumen. Die Wertpapiere würden von privaten Instituten aufgelegt als Verbriefung von Forderungen auf ein Portfolio aus Euroraum-Staatsanleihen. Die Verbriefungen würden keinerlei Vergemeinschaftung von Risiken und Verlusten unter den Euro-Staaten bedeuten. Risiken und mögliche Verluste würden ausschließlich von privaten Investoren getragen. Durch Anlagen in diese neuen Instrumente könnten Investoren ihre Anleihebestände diversifizieren. Banken wiederum könnten die teils noch zu enge Kopplung an ihre Herkunftsstaaten lockern.

Es klingt genau so wie in den USA vor zehn Jahren. Durch diese Verbriefungs-Geschichten sollen Risiken „verteilt“ werden. Dadurch entsteht aber beim Marktteilnehmer der Eindruck, dass das Risiko nicht mehr existiert. In Wirklichkeit ist das Risiko hierdurch überall vorhanden, und nur noch schwer erkennbar. Lesen Sie hierzu mal dieses Zitat:

„Die marktgetriebene Entwicklung von SBBS wird dazu beitragen, dass Anleger ihre Staatsanleihebestände diversifizieren können, und sie wird die Finanzmarktintegration befördern. Wir haben einen pragmatischen Vorschlag vorgelegt, der die privatwirtschaftliche Risikoübernahme über integrierte Finanzmärkte stärken und die Risiken im Bankensektor verringern wird, ohne dass Risiken vergemeinschaftet werden“, sagte der für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und die Kapitalmarktunion zuständige Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis. SBBS würden sich nicht negativ auf die bestehenden nationalen Anleihemärkte auswirken.

Die EU-Kommission macht aktuell Druck. Man fordere den EU-Rat und das EU-Parlament dazu auf eine „zügige Annahme und Umsetzung“ von SBBS sicherzustellen. Woher kommt der Druck? Wir überlegen mal. Besonders Länder wie Griechenland, Italien und Co dürften sich die Finger danach reiben – so könnten sie noch leichter mehr Geld am Markt aufnehmen, wenn Banken Risiken an Dritte weiterreichen können. Banken dürften sich zügig daran machen SBBS-Produkte aufzulegen, um so Staatsanleihen in eine Gulaschkanone namens SBBS-Verbriefung zu packen. Landen werden diese Produkte wohl fast überall, ohne dass viele Endverbraucher es merken – wenn ihre Lebensversicherungsgesellschaft, ihre private Rentenversicherung oder ihre Betriebsrentenversicherung so etwas in ihr eigenes Portfolio aufnimmt, wie wollen Sie als Sparer davon etwas mitbekommen? So läuft das wunderbar mit der Vergemeinschaftung von Schulden hin zum Privatanleger.

Hier nochmal die Erläuterung der SBBS zu der Funktionsweise:

SBBS sind ein Topf, in dem verschiedene Euroraum-Staatsanleihen gebündelt werden. In diesem Bündel sind die Staatsanleihen aller Euroraum-Staaten je nach deren wirtschaftlichem Gewicht enthalten. Kaufen Anleger SBBS, die durch diesen Anlagepool abgesichert sind, können sie je nach Risikobereitschaft zwischen Papieren mit höherem oder niedrigerem Risiko wählen. Die risikoreichsten Papiere würden etwaige Verluste, die bei dem zugrunde liegenden Anleihepool entstehen könnten, als Erstes tragen, würden den Anlegern dafür aber auch eine höhere Rendite bescheren.

Vergemeinschaftung von Schulden EU
© European Union, 2015 / Source: EC – Audiovisual Service / Photo: Christophe Maout

Quelle: EU-Kommission



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3 Kommentare

  1. Wir werden erst uninteressant wenn wir unter das Niveau von z.B. Italien oder Spanien sinken, solange gibt es einen Grund uns zu melken. Ein Freund hat mir einmal gesagt „willst du verstehen warum ein Volk so tickt wie’s tickt must Du dich mit deren Geschichte beschäftigen“. OK, geschichtlich gesehen gehörten diese beiden Nationen einmal zu den ganz großen die sich in Rahmen der Möglichkeiten das genommen haben was sie konnten. Lediglich die Briten haben die feine moderne Variante gewählt und die Partie velassen als die Laune noch halbwegs ok war. Und was lehrt uns unsere Geschichte? Wir scheinen den A…h nicht einmal hochzukriegen wenn‘ schon 5 nach 12 ist !?

  2. Die EU lehrt uns, dass sie die probleme geschaffen hat,- mit jeder vergemeinschaftung werden sie größer,- dass die schuldnerländer alle nicht in der lage sind sich mit hilfe der wirtschaft, sich aus den schulden heraus zu wirtschaften. allein darin muss doch jeder merken, dass hierin ein systemfehler liegt! seit bestehen der eu werden die problem größer, statt kleiner. all die politik und diplomatie hat mit ihren bisherigen lösungen absolut nichts gebracht. wer halbwegs rational denken kann, der wird erkennen, dass es nur noch den weg an die wand gibt. mit mehrheitlicher unterstützung unserer wählerschaft. aufwachen!!! bitte!

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