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Zwischen Panda und Uncle Sam Vietnam pokert im Machtspiel zwischen USA und China

Vietnams Bambusdiplomatie

Vietnam zwischen USA Trump und China
Foto: Bloomberg

Vietnam pokert im Machtspiel zwischen USA und China. Zwischen Zollkrieg und geopolitischem Druck sucht Hanoi nach Wegen, seine Unabhängigkeit zu wahren. Trumps angedrohte Zölle und der Handelskrieg zwischen den USA und China versetzen Vietnam in eine Zwickmühle. Doch aus diesem Dreieckspiel wird schnell eine Karambolage mit vier Kugeln, denn neben China und den USA mischen auch Kambodscha und Russland mit. Dabei wird großflächig „getrickst“.

Vietnam: Heikler Kurs zwischen China und USA

Vietnam sitzt zwischen Peking und Washington wie zwischen Stamm und Rinde. Im Norden thront der ungeliebte Nachbar China, der im Südchinesischen Meer wenig zimperlich auftritt. Mit seiner „Neun-Punkte-Linie“ beansprucht die Volksrepublik Teile von Vietnams ausschließlicher Wirtschaftszone, und chinesische Fischer- oder Explorationsflotten dringen wiederholt in vietnamesische Gewässer ein. Dazu fühlt sich Hanoi von China eingekreist, das seinen Einfluss über Kambodscha ausdehnt, das zunehmend Pekings Interessen dient. Ncht nur die Erinnerungen an den Krieg mit China 1979 schürt Misstrauen gegen den mächtigen Nachbarn, sondern die Annexionen durch den nördlichen Nachbarn im Laufe der Jahrhunderte sind tief im kollektiven Gedächtnis verankert.

Im Westen locken die USA, zu denen Vietnam ein ambivalentes Verhältnis pflegt. Für viele Vietnamesen sind die USA ein Symbol für Modernität, Freiheit und Popkultur. Amerikanische Filme, Musik und Fast-Food-Ketten wie Starbucks oder McDonald’s prägen das Stadtbild von Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt, und die USA sind ein Magnet für Studierende und Karriereambitionen. Doch der „Amerikanische Krieg“ hat tiefe Narben hinterlassen, vor allem bei älteren Generationen, die Zerstörung und Leid erlebten.

Die Bedeutung beider Staaten für Vietnam spiegelt sich in den Handelszahlen wider. China macht 25% des vietnamesischen Handelsvolumens aus, die USA 19%. Doch die Handelsbilanz ist unausgewogen: 34% der Exporte gehen in die USA, aber nur 4% der Importe stammen von dort. Der Handel mit China ist ausgeglichener. Entscheidend ist jedoch, dass viele vietnamesische Exporte in die USA chinesischen Ursprungs sind – relabelte Produkte, in Vietnam montierte Komponenten oder von chinesischen Fabriken in Vietnam hergestellt. Vietnam ist damit ein Drehkreuz im Umgehungskampf des US-China-Zollkriegs.

Mit seiner „Bambus-Strategie“ manövriert Vietnam geschickt zwischen diesen Großmächten. Als Trump seine Strafzölle ausrief, griff Hanoi sofort zum Telefonhörer und entsandte eine Delegation nach Washington, um Schaden abzuwenden.

Freund oder Feind? Vietnams doppeltes Spiel mit China

Doch auch für China ist Vietnam ein unverzichtbarer Partner, um im Handelskrieg gegen die USA zu bestehen. Kein Zufall, aber perfekt getimt, war Xi Jinpings Besuch kurz nach dem „Liberation Day“ 2025, bei dem Vietnam die erste Station seiner Südostasienreise war.

Für Vietnam war der Besuch von Xi Jinping ein Möglichkeit, um die Verbundenheit mit China zu zeigen, ohne die USA zu brüskieren. Hanoi sicherte sich zahlreiche Kooperationsabkommen, darunter Investitionen in Eisenbahnen, finanziert durch Pekings Kredite, sowie Zugang zu KI, grünen Technologien und Agrarhandel. Die Zulassung der vietnamesischen Flugaufsichtsbehörde für chinesische COMAC-Flugzeuge zeigt, wie Vietnam seine Tore für Chinas Industrie öffnet. In einer gemeinsamen Erklärung mit Peking stellte sich Vietnam klar hinter ein WTO-zentriertes Handelssystem, das offenen und regelbasierten Handel gegen US-Protektionismus verteidigt – eine Botschaft, die in Washington ankam. Denn ausdrücklich sprach die Erklärung für die regelbasierte WTO-Handelsordnung aus und übernahm nicht die chinesische Sprachregelung der „multipolaren“ Handelsordnung. Hanoi unterstützte zudem Chinas Beitritt zur Trans-Pazifische Partnerschaft (CPTPP), und regionale Pläne wie „Two Corridors, One Belt“, um seine Wirtschaft mit Chinas Wachstumsmotoren zu verknüpfen. Doch trotz der wirtschaftlichen Annäherung hielt Vietnam die Spannungen im Südchinesischen Meer aus dem Spiel, um geopolitische Wellen zu vermeiden.

Aus Chinas Sicht war der Besuch ein Erfolg, aber kein Volltreffer. Vietnam wurde wirtschaftlich näher an Peking gebunden und rhetorisch in die Anti-Protektionismus-Front eingespannt, doch eine vollständige Vereinnahmung gelang nicht. Vietnams „Bambus-Strategie“ bewahrte seine Flexibilität.

Vietnam rüstet auf: Bye bye Russland, Hello USA

Diese Flexibilität zeigte sich Tage später, als durchsickerte, dass Vietnam aus den USA F-16-Kampfflugzeuge bestellen wird. Mittlerweile ist der Kauf bestätigt, und die Verhandlungen über C-130-„Hercules“-Transportflugzeuge laufen weiter. Der Kauf ist dringend nötig, da Vietnams russische Sukhoi Su-27- und Su-30-Flugzeuge das Ende ihrer Garantiezeit erreicht haben.

Zunächst stellt der Kauf weiterer russischer Flugzeuge für Vietnam ein rein praktisches Problem dar: Aufgrund der primären und sekundären Sanktionen gegen Russland ist die Bezahlung schwierig zu bewerkstelligen. Zudem bleibt unklar, ob und wann Russland überhaupt liefern könnte. Zwar leidet die russische Luftwaffe nicht direkt unter dem Ukraine-Krieg, doch Sanktionen und die Kriegswirtschaft führen dazu, dass kritische Komponenten nur schwer verfügbar sind. Hinzu kommen Vietnams negative Erfahrungen mit der Wartung und Reparatur seiner bestehenden Flotte. Sukhoi und Rosoboronexport zeigen sich bei Zusagen zurückhaltend und fordern hohe Vorauszahlungen, bevor Arbeiten überhaupt begonnen werden.

Für Russland ist es ein weiterer Schlag gegen seine Waffenexporte, die dem Kreml früher satte Einnahmen verschaffte. Laut SIPRI sanken die Waffenverkäufe Russlands um satte 64 Prozent.

Vietnams Bambusdiplomatie: Zwischen Panda und Uncle Sam

Für Vietnam stärkt der Kauf nicht nur die Verteidigungsfähigkeit, sondern ist ein Signal an beide Großmächte: an China, dass Hanoi seinen kommunistischen Nachbarn auf Distanz hält, und an die USA, dass es sich weiter öffnet. Und mit dem Pfund, noch mehr „wunderschöne“ amerikanische Kriegsgerät zu kaufen, lässt sich in den gegenwärtigen Verhandlungen in Washington kräftig wuchern und ein guter „Deal“ mit Präsident Trump aushandeln.



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