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VIX auf Mehrjahrestief vor Woche der Wahrheit VIX: Die geringe Volatilität kaschiert die Risiken am Aktienmarkt

Blickt man derzeit auf den VIX – der beliebte Volatilitätsindex, der auch als „Angstbarometer“ gilt – herrscht eine starke Selbstzufriedenheit und Null Angst an den Aktienmärkten. Sowohl der VIX, der die implizite Volatilität des S&P 500 misst, als auch das deutsche Gegenstück, der VDax, stürzten zuletzt auf Mehrjahrestiefs ab. Die niedrigen Notierungen suggerieren völlige Sorglosigkeit der Investoren und verschleiern damit die Risiken für Aktien. Der starke Rückgang des Volatilitätsindex ist jedoch eher technischer Natur und vermutlich einer neuen Modeerscheinung geschuldet: den 0DTE-Optionen, die am selben Tag verfallen. 0DTE steht für Zero Days Till Expiry, also Null Tage bis zum Verfall. Einige Anaylsten führen den extrem niedrigen Stand des Angstbarometers auf diese Optionen zurück, dazu gehört auch Marko Kolanovic von JPMorgen.

Da der VIX auf der Grundlage von Derivaten berechnet wird, die 23 bis 37 Tage in der Zukunft verfallen, wird angenommen, dass er Schwierigkeiten hat, diese kurzfristigen Optionen zu erfassen. Doch der Index dürfte nicht allzu lange auf dem niedrigen Niveau notieren. In den letzten Jahren kam es immer wieder zu starken Anstiegen im Volatilitätsindex, nachdem der Wert in den Bereich zwischen 17 und 14 gefallen war. Kommt es diesmal auch so? Die kommenden Geschäftszahlen der Tech-Schwergewichte wie Microsoft, Alphabet (beide heute Abend), Amazon und Apple haben sicherlich das Potenzial, das sogenannte Angstbarometer zu beeinflussen.

Niedriger VIX kaschiert die Risiken

Wie Bloomberg berichtet, könnte die abnormale Ruhe, die der beliebte Volatilitätsindex der Wall Street signalisiert, für Anleger, die die geringe Marktvolatilität als Signal zum Kauf von Aktien ansehen, ein Problem darstellen, so Marko Kolanovic von JPMorgan.

Der Top-Aktienstratege der US-Großbank erklärte am Montag in einer Kundenmitteilung, dass der Rückgang des Cboe Volatilitätsindex (VIX) eher technischer Natur sei und nicht die derzeitigen Risiken für den Aktienmarkt widerspiegele. Der VIX hielt sich am Montag in der Nähe von 17 auf, nachdem er letzte Woche sogar auf 16 gefallen war, ein Niveau, das seit Ende 2021 nicht mehr erreicht wurde.

Volatilitätsindex VIX zeigt Sorglosigkeit im Markt - Marko Kolanovic
Keine Angst – VIX zeigt Sorglosigkeit am Markt

Kolanovic führte den Rückgang des Wertes auf einen Markt zurück, der derzeit von 0DTE-Optionsverkäufern dominiert wird, die eine Intraday-Umkehr erzwingen und die Marktpreise an den meisten Tagen praktisch unverändert lassen.

„Der aktuelle Stand des VIX ist ungewöhnlich niedrig, wenn man den Anstieg der Zinssätze, die Verschärfung der finanziellen Bedingungen, das Niveau der Makrorisiken und die erhöhten geopolitischen Spannungen bedenkt“, sagte er. „Diese Marktdynamik unterdrückt künstlich die Wahrnehmung von makroökonomischen Fundamentalrisiken.“

Verliert der Volatilitätsindex seine Aussagekraft?

Einige Anleger haben zuletzt die Verlässlichkeit des Indikators in Frage gestellt, der sich im letzten Monat kaum bewegte, obwohl die Turbulenzen im Bankensektor die US-Aktien in Mitleidenschaft gezogen haben. Analysten führen dies auf einen sprunghaften Anstieg der Zero-Days-to-Expiry- oder ODTE-Optionen zurück. Die deutliche Zunahme des kurzfristigen Handels veranlasste den in Chicago ansässigen Börsenbetreiber Cboe Global Markets sogar dazu, eine Ein-Tages-Version seines beliebten Maßes zu entwickeln, die am Montag eingeführt wurde.

Kolanovic äußerte Zweifel daran, dass der VIX ein verlässlicher Indikator für Aktienanleger ist, und bezeichnete ihn im Vergleich zu anderen Optionsmärkten, kurzfristigen Zinssätzen und dem makroökonomischen Hintergrund als „verschoben“.

„Dies ist eine Anomalie, und das derzeitige niedrige VIX-Niveau kann wahrscheinlich nicht lange aufrecht gehalten werden“, sagte er.

Der Stratege riet den Anlegern, jede Marktstärke, die durch die anstehenden Gewinnmeldungen ausgelöst wird, als Gelegenheit zu nutzen, um ihr Aktienengagement zu reduzieren.

Kolanovic, der während eines Großteils des letztjährigen Marktausverkaufs zu den größten Optimisten an der Wall Street gehörte, hat seine Meinung inzwischen geändert und die Aktienquote im Modellportfolio seiner Bank Mitte Dezember, im Januar und im März aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Wirtschaftsaussichten reduziert.

FMW/Bloomberg

VIX: Die geringe Volatilität kaschiert die Risiken am Aktienmarkt
A trader at the Chicago Board Options Exchange (CBOE) in Chicago, Illinois, Photographer: Jim Young/Bloomberg


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7 Kommentare

  1. Young Global Leader

    „Da der VIX auf der Grundlage von Derivaten berechnet wird, die 23 bis 37 Tage in der Zukunft verfallen, wird angenommen, dass er Schwierigkeiten hat, diese kurzfristigen Optionen zu erfassen.“

    Mag alles sein. Nun ist der der VIX stark positiv ( r ≈ 0.88 ) korreliert mit einem ATR kleiner Lookback-Periode ( ≈ 4 ), und der ATR fällt ebenfalls auf ein Mehrjahrestief. Es wäre nur sonderbar, wenn der VIX und der Indikator auseinander laufen würden. Im Grunde könnte man sich die komplizierte Berechnung des VIX sparen und durch die triviale des ATR ersetzen.

  2. Young Global Leader

    PS. ATR auf den SP500. Ohne den Bezug ergibt obige Aussage keinen Sinn.

    1. Der ATR ist auch einer von vielen Indikatoren aus der Abteilung „Braucht man nicht“!

      1. Young Global Leader

        Die bekannten Indikatoren sind einfach zu verstehen, aber es ist nicht einfach, sie für sich nutzbar zu machen. Marktdaten sind verrauscht und durch ihre Glättung entfernt man sich vom realen Preis. Gäbe es dieses grundlegende Problem nicht, dann gäbe es vielleicht auch keine Finanzmärkte, wie wir sie heute kennen, denn jeder hätte Gewinnstrategie, was unmöglich ist.

        Bei den Vola-Indizes ist schon die Konstruktion kompliziert und die Berechnung aufwendig und am Ende hat man doch nur ein Konstrukt, dass stark mit dem ATR über einem bestimmten Asset korreliert, den man aus ein paar OHLC Kerzen berechnen kann.

  3. …wenn man sich den Chart ganz genau anschaut, dann sieht man, dass der VIX hauptsächlich zwischen 15-25 pendelt und es eben mal Spitzen gibt, die aber sehr kurz sind und dann manchmal etwas längerer Phasen unter 15 (z.B. in der Trump Zeit)…ich empfinde es daher als nicht ungewöhnlich, dass der VIX das aktuelle Niveau hat…verstehe die Aufregung auch gar nicht…die Banken sind aktuell versorgt, die Zinsentwicklung ist auch relativ klar, die großen Techunternehmen werden jetzt nicht plötzlich Verluste machen, sondern auf alle Fälle mehr Umsatz und vielleicht marginal weniger Gewinne (Microsoft hat auch da kein Problem oder kennt jemand jemanden der nicht mit Microsoftprodukten arbeitet?)…also ich sehe grds. auch keinen Grund für den VIX aufgeregt zu sein…

    1. Exakt, @Ranzentier, sehe ich ganz genau so.
      Die Erwartung an den VIX bzw. die Enttäuschung, dass er jetzt nicht bestätigt, dass die Welt untergehen wird, basieren auf der Fehlannahme, dass Jeder, keine steigenden Kurse erwartet, VIX long gehen müsste.
      Das stimmt nicht, der VIX bildet etwas anderes ab.

      1. …genau…oder anders ausgedrückt…warum quatschen Kolanovic und Wilson seit Monaten den Markt auf neue Tiefstände, aber der VIX fällt trotzdem…die haben große, richtig große Häuser hinter sich…da scheinen auch bei den professionellen Anlegern keine Schweißperlen auf der Stirn zu stehen…und ich glaube kaum, dass professionelle Investoren alles auf die Karte Vola mittels 0DTE setzen…die beiden haben einen guten Namen und eine hohe Reputation, da wird denen jetzt auch verziehen, wenn sie daneben liegen bzw. erinnert sich in einem Jahr eh keiner mehr was die gesagt haben und zusätzlich weiß man ja auch nicht, ob die in 1-2 Jahren noch diese aktuellen Positionen begleiten oder vielleicht im Unternehmen eine Stufe nach oben geklettert sind…und dann keine Einschätzungen mehr geben müssen zu den Märkten…dann werden wieder neue Namen gespielt…der wöchentliche MACD im SuP ist positiv…das ist langfristig ein sehr guter Indikator…erst wenn der wieder in den negativen Bereich rutscht werde ich skeptisch

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