Der Volkswagen Konzern steckt wie die gesamte Automobilbranche in Deutschland weiter tief in der Krise und steht vor großen Herausforderungen. Die Restrukturierung stockt, die Gewinne sinken und der Absatz in wichtigen Märkten wie den USA und China bricht ein. VW plant deshalb die Schließung einiger Werke, um Kosten zu sparen. Dies stößt jedoch auf den Widerstand der Beschäftigten und der Gewerkschaften. Diese bereiten sich nun auf Streiks vor, nachdem die Tarifgespräche bei Volkswagen ins Stocken geraten sind. Sollte VW nicht zu einem Kompromiss bereit sein, müsse man sich „auf einen Arbeitskampf um Standorte einstellen, wie ihn dieses Land seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt hat“, sagte der Verhandlungsführer der Arbeitnehmerseite.
Die Aktie notiert angesichts der anhaltendne Problem in diesem Jahr rund 27 Prozent im Minus. Der Aktienkurs hat zudem die Tiefststände der Corona-Pandemie bei rund 80 Euro erreicht, im März 2021 lag der Kurs noch bei 252 Euro.
Volkswagen: Streiks drohen
Wie Bloomberg berichtet, sieht sich die Volkswagen AG mit der wachsenden Gefahr von Arbeitsniederlegungen und Streiks konfrontiert, da Management und Gewerkschafter über die Restrukturierung des größten europäischen Automobilherstellers streiten.
Die Gewerkschaftsführung bietet zusätzliche Kostensenkungen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro (1,6 Milliarden Euro) an, darunter den Verzicht auf einen Teil der Bonuszahlungen, um die Werke offen zu halten, nachdem das Management mit Schließungen gedroht hatte. Beide Seiten sind jedoch noch weit voneinander entfernt, da VW weitaus höhere Einsparungen anstrebt, um Überkapazitäten abzubauen. Die Gespräche werden am Donnerstag fortgesetzt, und es wird erwartet, dass im Dezember Warnstreiks beginnen, da eine Einigung weiterhin aussichtslos ist.
Volkswagen drängt auf tiefgreifende Einsparungen bei seiner gleichnamigen Marke, die mit einem schwachen Absatz von Elektroautos und einer schwindenden Bedeutung in China, dem größten Automarkt der Welt, zu kämpfen hat. Vorstandschef Oliver Blume versucht, die Ausgaben in Deutschland zu senken, wo die Arbeits- und Energiekosten zu den höchsten in Europa gehören.
VW will Werke schließen, um Kosten zu sparen
Arbeitnehmervertreter erklärten am Mittwoch, dass das VW-Management insgesamt 17 Milliarden Euro einsparen wolle, wovon der Personalbereich nur einen kleinen Teil ausmache. Das Unternehmen erwägt Maßnahmen, die weit über das hinausgehen, was die Gewerkschaften zu akzeptieren bereit sind, darunter die Schließung oder den Verkauf mehrerer Werke in Deutschland – ein Tabubruch in einem Land, das für seinen eher konsensorientierten Ansatz in den Arbeitsbeziehungen bekannt ist.
Das Management hat den Verkauf der Autowerke in Osnabrück und Dresden vorgeschlagen, berichten mit der Angelegenheit vertraute Personen. VW erwäge auch, seinen Standort in Emden für die Auftragsfertigung zu nutzen, sagten die Personen, die nicht namentlich genannt werden wollten, da die Verhandlungen privater Natur seien.

Ein Sprecher von Volkswagen lehnte eine Stellungnahme ab.
Während die Gewerkschaften Werksschließungen strikt ablehnen, haben Volkswagen-Manager erklärt, der Konzern habe wegen des Absatzeinbruchs in Europa zwei Werke zu viel.
Massiver Arbeitskampf droht
Sollte VW nicht zu einem Kompromiss bereit sein, müsse man sich auf „einen Arbeitskampf um Standorte einstellen, wie ihn dieses Land seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt hat“, sagte der Verhandlungsführer der Arbeitnehmerseite, Thorsten Gröger, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Wolfsburg.
Warnstreiks – zeitlich befristete Arbeitsniederlegungen – sind in Deutschland gängige Praxis der Gewerkschaften, um bei festgefahrenen Tarifverhandlungen Druck auf die Unternehmensleitung auszuüben.
VW ist nicht der einzige Konzern, der Stellen streichen will. Ford Motor kündigte am Mittwoch Pläne an, wegen der schwachen Nachfrage nach Elektroautos weitere 4.000 Arbeitsplätze in Europa zu streichen – etwa 14 Prozent der europäischen Belegschaft. Die meisten Stellenstreichungen betreffen die deutsche Niederlassung des Herstellers, ein weiterer Schlag für die industrielle Produktion in Europas größter Volkswirtschaft.
VW plant drastische Maßnahmen
Arbeitnehmervertreter sagten am Mittwoch, das VW-Management strebe Kostensenkungen von insgesamt 17 Milliarden Euro an. Die Gewerkschafter schlugen stattdessen vor, die Dividende zu kürzen, Teile der Bonuszahlungen für Management und Mitarbeiter im nächsten Jahr und 2026 zu kürzen und geplante Lohnerhöhungen in einen Fonds einzuzahlen, um mögliche Entlassungen und Schichtreduzierungen abzufedern. Der Autohersteller sagte, er prüfe diese Vorschläge und fügte hinzu, dass er die Schließung von Fabriken derzeit nicht vom Tisch nehmen könne.
Das Management hatte zuvor drastischere Maßnahmen ins Spiel gebracht, darunter die Streichung Tausender Stellen und eine Lohnkürzung um 10%, um die Marke VW zu sanieren, die mehrere Markteinführungen von Elektroautos verpasst hat und mit niedrigen Renditen kämpft.
Der Verkauf von Osnabrück und Dresden und die Umnutzung von Emden seien nur einige der Kostensenkungsszenarien, die das Management in den Gesprächen vorgeschlagen habe, so die Personen.
Schwache Nachfrage nach Elektroautos
Die Beschäftigten spüren bereits die Auswirkungen der Absatzflaute. Das Volkswagen EV-Werk in der norddeutschen Hafenstadt Emden rechnet wegen der schwachen Nachfrage nach Elektroautos im kommenden Jahr mit einem Produktionsrückgang. Das Werk in Osnabrück, das in der Vergangenheit Überkapazitäten für andere Standorte abfederte und Sondermodelle produzierte, hat keine Verträge für die Zeit nach 2026. Das kleine VW-Werk in Dresden verfügt hingegen nicht über die notwendige Größe, um kostengünstig zu produzieren.
Die Unternehmensstruktur von Volkswagen, die den Arbeitnehmern ein starkes Mitspracherecht bei wichtigen Entscheidungen einräumt, erschwert die Umsetzung von Kostensenkungen. Die Arbeitnehmervertreter besetzen die Hälfte der Sitze im Aufsichtsrat des Unternehmens, während das VW-Heimatland Niedersachsen mit den Standorten Osnabrück und Emden zwei weitere Sitze innehat.
Volkswagen meldete im vergangenen Monat das unprofitabelste Quartal seit Jahren, was das Management zu drastischen Maßnahmen veranlasste. Blumes Fokus auf die Sanierung von VW hat an Dringlichkeit gewonnen, da die Premiummarken des Konzerns, Porsche und Audi, zunehmend in Schwierigkeiten geraten, da Probleme in der Lieferkette, Modellverzögerungen und die nachlassende Nachfrage nach Luxusgütern in China ihre Gewinne schmälern.
FMW/Bloomberg
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