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Vollgeld-Abstimmung: Schweizer sagen mit 75,7% NEIN

Es war der große Traum einer Art Entmachtung der Banken, einer Revolution des Bankensystems, und der wirklichen Sicherung aller elektronisch gehaltenen Geldvermögen. „Vollgeld“ sollte die Wende für die Schweiz bringen, deren Finanzsystem quasi an die Solidität mehrerer Großbanken gebunden ist – fallen sie, geht die Schweiz unter, ähnlich wie es sich in Deutschland mit der Deutschen Bank verhält.

Nein zum Vollgeld

In so einem Fall könnte nur der jeweilige Staat mit einer gigantischen Rettungsaktion aus Steuergeldern die Kundeneinlagen retten, weil jeder Einlagensicherungsfonds für so große Summen viel zu klein wäre (wir berichteten). Aber 75,7% der Schweizer Bürger, die gestern an der Volksabstimmung über das Vollgeld teilnahmen, sagten NEIN dazu. Die Wahlbeteiligung lag bi 34%. Die Initiatoren der Abstimmung sehen in den 24,3% JA-Stimmen einen Achtungserfolg, wie sie auf ihrer Webseite aktuell schreiben.

Hätten Sie gewonnen, wäre ausschließlich die Schweizerische Nationalbank zukünftig ermächtigt gewesen „Geld zu erschaffen“ durch die Erweiterung ihrer Bilanz. Geschäftsbanken wären nur noch reine Verwahrer von Notenbankgeld und Kreditvermittler gewesen. Sie hätten (das ist entscheidend) nicht mehr die Einlagen ihrer Kunden verleihen können, da die Kontotuthaben (Vollgeld) in Zukunft keine Forderungen der Kunden gegen die Banken mehr gewesen wären, sondern Notenbank-Franken, die lediglich bei der Bank aufgewahrt worden wären.

Es ist nämlich ein weit verbreiter Irrglaube, dass elektronisches Geld auf Bankkonten Eigentum der Kunden ist. Es ist lediglich eine Forderung gegen die Bank – der Kunde gibt der Bank mit seiner Einlage Kredit – wirtschaftet die Bank schlecht, ist es weg, wenn die Einlagensicherung nicht ausreicht. Banken und Parteien in der Schweiz argumentierten gegen das Vollgeld, dass die Arbeit der Banken und das Funktionieren des Finanzsystem deutlich erschwert worden wäre.

Thema zu komplex und undurchsichtig für den Bürger?

Wir tippen einfach mal: Das Thema ist zu komplex und nicht so einfach zu durchschauen – was wäre gewesen bei einer realen Umsetzung hin zu Vollgeld? Es war wohl die Unsicherheit und Unklarheit, was dann wirklich passiert wäre – da haben die meisten Bürger wohl vorsorglich mit NEIN gestimmt, was auch als normale Reaktion verständlich ist. Ein bestehendes System scheint vermeintlich zu funktionieren – also zögert man ein neues schwer zu verstehendes System anzunehmen. So schreiben die Initiatoren zum Abstimmungsergebnis:

Die beiden SRG-Umfragen vor der Abstimmung zeigten aber deutlich, dass eine Mehrheit eigentlich nicht will, dass private Geschäftsbanken Geld selbst herstellen. Dies soll nur die Nationalbank machen. Obwohl die Vollgeld-Initiative genau das zum Ziel hatte, fand sie keine Mehrheit. Es ist dem Initiativkomitee aufgrund der beschränkten Mittel und angesichts der komplexen Materie offensichtlich nicht gelungen, die Bevölkerung genügend aufzuklären. Hinzu kam die Angstkampagne der Bankenlobbyisten, welche das ihre zum Endergebnis beigetragen hat. Die Probleme im Bankensystem sind nicht gelöst und ein grosser Anteil in der Bevölkerung sieht dies ebenso. Es besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf, denn die nächste Krise kommt bestimmt. Die Politik ist jetzt gefordert, konkrete Massnahmen zu treffen, um krisensicheres Geld und einen sicheren Zahlungsverkehr zu gewährleisten. Es kann nicht sein, dass die privaten Geschäftsbanken durch die Gelderzeugung aus dem Nichts weiterhin unseren Wohlstand gefährden.

Erleichterung bei Regierung und Notenbank

Der Schweizer Finanzminister zeigte sich heilfroh über das Abstimmungsergebnis. Die Schweizer Finanzindustrie habe das Misstrauen der Bürger nach der Finanzkrise wieder ausgeräumt. Auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) zeigt sich erleichert. Zitat:

Der in Verfassung und Gesetz verankerte Auftrag der Nationalbank besteht darin, eine Geld- und Währungspolitik im Gesamtinteresse des Landes zu führen. Sie hat die Preisstabilität zu gewährleisten und dabei der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen. Eine Annahme der Vollgeldinitiative hätte die Nationalbank bei der Erfüllung dieses Auftrags stark behindert. Die Nationalbank wird nun unter den gleichen Rahmenbedingungen wie bisher ihre auf die Preisstabilität ausgerichtete Geldpolitik weiterführen können. Die Gewährleistung der Preisstabilität ist ein wichtiger Beitrag zum Wohlstand in unserem Land.

Die SNB ist gegen Vollgeld
Vollgeld? Die SNB ist dagegen. Die SNB-Zentrale in Bern. Foto: Schweizerische Nationalbank



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2 Kommentare

  1. „Es ist nämlich ein weit verbreiter Irrglaube, dass elektronisches Geld auf Bankkonten Eigentum der Kunden ist. Es ist lediglich eine Forderung gegen die Bank – der Kunde gibt der Bank mit seiner Einlage Kredit “

    Naja, das ist zwar tatsächlich ein Irrglaube, aber wie verbreitet ist dieser Irrglaube denn? Eigentlich weiß doch jeder, dass das Bankguthaben eine Forderung gegenüber der Bank ist – sagt ja der Name auch schon aus.

  2. Zum Glück haben die Lobbyisten genügend Angst verbreitet vor dem bösen Vollgeld ! War da sicher die Sicht aus der Bankenlobby Ecke… So schade, der Sensenmann der CH Banken war doch schon in den Startlöcher…aber wie immer in der CH brauchen gewisse Änderungen noch etwas Zeit. Ich freu mich auf den Tag wo die CH Banken mal richtig arbeiten müssen für ein wenig Marge, ohne Geldvermehrungs- Zauberhut sprich Zinsen aus Mehrfach belehntem Kunden Gelder etc…

    ps:
    Gruss aus der CH :-)

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