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Eskalierender Handelskrieg Wall Street revidiert Wachstumsprognose für China

Interne Schwächen und externe Schocks

Wall Street senkt Prognosen für China
Foto: JERO SenneGs - Freepik.com

Die Wall Street und globale Finanzhäuser senken ihre Erwartungen für China. Zölle, Exportverluste und Gegenmaßnahmen prägen die wirtschaftliche Lage im Frühjahr

Mit der Entscheidung, ihre Wachstumsprognose für China zu revidieren, beginnt der Frühling für Chinas Wirtschaft mit einer kalten Dusche. Internationale Banken senken ihre Erwartungen, die Exporte in die USA brechen ein und Peking kündigt eine Welle an Stimulierungsmaßnahmen an. Der eskalierende Handelskrieg mit den Vereinigten Staaten wird zum Belastungstest für eine Wirtschaft, die ohnehin unter strukturellen Schwächen leidet.

Wall Street über China: Prognosen kippen nach Zollschock im April

Einige Institute hatten ihre Erwartungen für 2025 noch vor wenigen Wochen angehoben, ermutigt durch erste Anzeichen einer Erholung in den Monaten Januar und Februar. Doch die Lage hat sich seither grundlegend verändert. „Die Handelskonflikte zwischen den USA und China haben sich verschärft, nachdem Trump am 2. April reziproke Zölle angekündigt hat, was zu gegenseitigen Strafmaßnahmen führte. Bis zum 11. April stand China praktisch unter einem US-Handelsembargo, da die Zölle auf 145 Prozent stiegen.“

Eine Reuters-Umfrage sieht das Wachstum für das erste Quartal bei 5,1 Prozent im Jahresvergleich. Für das Gesamtjahr 2025 rechnen Analysten nur noch mit 4,5 Prozent. Zum Vergleich, im Vorjahr lag das Wachstum bei 5 Prozent. Damit verfehlt die Volksrepublik das selbst gesteckte Ziel von rund 5 Prozent.

Citi senkte seine Prognose von 4,7 auf 4,2 Prozent. Goldman Sachs erwartet nur noch 4 Prozent, im Jahr 2026 dann 3,5 Prozent. UBS sieht das BIP-Wachstum 2025 bei 3,4 Prozent, ein Jahr später bei 3 Prozent. Morgan Stanley rechnet mit 4,2 Prozent nach zuvor 4,5.

UBS warnt in einem Bericht: „Nach unseren aktuellen Basisszenarien belasten die Zollerhöhungen das chinesische Wachstum um mehr als zwei Prozentpunkte. Wir rechnen damit, dass Chinas Exporte in die USA in den kommenden Quartalen um zwei Drittel sinken und die Gesamtexporte in US-Dollar gerechnet im Jahr 2025 um zehn Prozent zurückgehen.“

Zollschraube belastet Exporteure in China massiv

Der wirtschaftliche Druck auf China wächst. Die neuen Zölle belasten nicht nur die Exporte direkt, sondern verstärken auch die Unsicherheit im Unternehmensumfeld. Goldman Sachs schreibt: „Die jüngsten Ereignisse unterstreichen, wie schnell Präsident Trump die Zollsätze ändern kann, und machen deutlich, dass hohe Zölle auf chinesische Waren wohl dauerhaft bleiben werden.“

Die Bank warnt zudem vor sozialen Folgen: „Wir schätzen, dass 10 bis 20 Millionen Arbeitnehmer in China von Exporten in die USA betroffen sein könnten.“ Das Zusammenspiel aus sinkender Auslandsnachfrage und einer ohnehin verlangsamten Weltwirtschaft gefährdet die industrielle Basis des Landes.

Morgan Stanley erwartet XXL-Stimulus

China reagiert mit einer doppelt gestaffelten Stimulusstrategie. Morgan Stanley schreibt: „Die politischen Entscheidungsträger werden das auf dem Nationalen Volkskongress angekündigte Stimuluspaket in Höhe von zwei Billionen Yuan (ca. 241 Milliarden Euro / 274 Milliarden US-Dollar) wahrscheinlich schon im zweiten Quartal vorziehen.“

Geplante Maßnahmen umfassen monetäre Lockerung, beschleunigte Ausgabe lokaler Anleihen für Infrastrukturprojekte, ein Umtauschprogramm für Konsumgüter, nationale Familienförderung und die beschleunigte Reduktion von Wohnimmobilienbeständen.
Für die zweite Jahreshälfte erwartet Morgan Stanley ein weiteres Paket von einer bis eineinhalb Billionen Yuan (ca. 120–181 Milliarden Euro / 137–206 Milliarden US-Dollar).

„Dieses könnte ausgeweitete Quoten für Umtauschsubventionen, gezielte Unterstützung des Konsums im Dienstleistungssektor sowie verstärkte Investitionen in Infrastruktur und Technologie enthalten. Insgesamt erwarten wir einen zusätzlichen Wachstumsimpuls von 60 Basispunkten durch den Stimulus.“

Morgan Stanley prognostiziert darüber hinaus eine Senkung des Mindestreservesatzes um 50 Basispunkte sowie eine Reduzierung der Leitzinsen um 15 Basispunkte im laufenden Quartal. Der Yuan steht ebenfalls unter Druck. Die Analysten rechnen mit einem Kurs von 7,4 Yuan pro US-Dollar bis Ende des zweiten Quartals, mit einem leichten Anstieg auf 7,5 bis Jahresende.

Auch Citi sieht Handlungsbedarf. „Wir sehen kaum Spielraum für ein Abkommen zwischen den USA und China nach den jüngsten Eskalationen.“ Stattdessen solle der Fokus auf der Binnenkonjunktur liegen. „Wir rechnen mit zusätzlicher Finanzierung in Höhe von ein bis eineinhalb Billionen Yuan, während die politische Umsetzung beschleunigt wird.“

Xi Jinping hat bereits angedeutet, dass es zeitnah zu großen Stimulus-Maßnahmen kommen werden.

China: Interne Schwächen treffen auf externe Schocks

Die strukturellen Probleme in China bleiben bestehen. Immobilienkrise, regulierte Tech-Industrie, schwacher Konsum und demografischer Druck belasten das Binnenwachstum. Externe Schocks wie Handelsbarrieren verstärken bestehende Schwächen, statt sie zu überdecken.

Gleichzeitig ist der Spielraum für neue Schulden begrenzt. Besonders die Lokalregierungen kämpfen mit Haushaltsengpässen. Ein weiterer Rückgang der Exporteinnahmen erhöht das Risiko für Kapitalabflüsse, insbesondere wenn der Yuan weiter unter Druck gerät.
UBS sieht wenig Potenzial für eine rasche Erholung. „Wir erwarten daher auch 2026 weiterhin negative Effekte der Zollerhöhungen auf Chinas Exporte“, heißt es im Bericht. Mit einem BIP-Ziel von 3 Prozent im nächsten Jahr entfernt sich die Volksrepublik weiter vom erklärten Ziel, bis 2035 eine moderat entwickelte Volkswirtschaft zu werden.

China: Zollstreit lähmt Hoffnung auf neue Impulse

Der Handlungsspielraum in der Außenpolitik ist gering. Während vergangene Handelskonflikte auf diplomatischem Weg gelöst wurden, dominiert derzeit konfrontatives Verhalten. Die Erwartungen an eine baldige Zollrücknahme bleiben entsprechend gedämpft.

Chinas Wirtschaft verliert an Schwung. Internationale Banken senken ihre Prognosen, der Exportmotor stottert, die Regierung versucht gegenzusteuern. Doch die Kombination aus strukturellen Schwächen, internationalem Gegenwind und politischer Unsicherheit stellt selbst die Krisenresilienz Pekings auf eine harte Probe.



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