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Wann startet die Inflation?

Inflation im Anflug?

Inflation ist kein Naturgesetz. Niemand weiß, ob die Injektion von ein paar Billionen Euro oder US-Dollar in die Wirtschaft das Preisniveau jetzt, in einem Jahr oder auch nie erhöht. Da Preise beim Zusammenwirken von Milliarden einzelner Menschen entstehen, wird sich nie zweifelsfrei klären lassen, warum Preise steigen oder es nicht tun. Es gibt lediglich in der Praxis bedingt überprüfbare Theorien darüber, wie Inflation entsteht.

So besagt die Theorie von der Neutralität des Geldes, dass langfristig eine Geldmengenerhöhung nur zu steigenden Preisen, nicht aber zu einer Belebung der Wirtschaft führt. Dementsprechend wären die Billionen-Programme, die nun weltweit zur Unterstützung der Wirtschaft aufgelegt werden, langfristig nutzlos (kommt erstmal die Deflation?). Kurzfristig können die Maßnahmen aber sehr wohl eine Konjunkturbelebung bewirken. Gibt man Menschen und Unternehmen, die gerade kein Geld besitzen, Geld in die Hand, dann werden die es aller Wahrscheinlichkeit nach ausgeben, um dafür Waren zu kaufen. Kurzfristig wurde also die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen erhöht, Unternehmen damit das Überleben ermöglicht und die Arbeitslosigkeit zumindest einiger Menschen verhindert.

Einmal in Umlauf gebrachtes Geld wird nicht wieder eingesammelt

Um langfristig Inflation zu verhindern, müssten die Zentralbanken das jetzt in die Volkswirtschaften injizierte Geld aber auch wieder einziehen. Daran haperte es bereits nach der 2008er Finanzkrise. Die neue Krise begann, als die US-Zentralbank Fed gerade erst begann, dem Markt vorsichtig und sehr langsam Liquidität zu entziehen. Die EZB hatte damit noch nicht einmal begonnen und die Schweizer oder Japanische Zentralbank waren noch völlig im Gelddruck-Modus. Wenn es also 12 Jahre nach dem Beginn der letzten Finanzkrise und in einer der längsten Aufwärtsphasen der vergangenen 100 Jahre nicht gelang, geschaffene Liquidität wieder einzusammeln, wann dann?

Doch es gibt auch noch andere Theorien, die erklären können, weshalb trotz der Geldmengenausweitung in den vergangenen Jahren die Inflation weitgehend im Zaum gehalten werden konnte. So erhöht zusätzlich verfügbares Geld die Preise natürlich nur, wenn es auch nachfragewirksam wird. Der Drogenbaron, der sich ein Haus aus Geldscheinen baut, entzieht der Volkswirtschaft genauso Geld wie die Oma, die Kopfkissen mit 100 Euro Noten füllt oder Apple, die Milliarden in Geldmarktfonds parkten. Gerade die Deutschen sind Meister darin, Geld nachfrageunwirksam als Kontoguthaben aufzubewahren. Derart gespartes Geld, das nicht zum Kauf von Waren und Dienstleistungen eingesetzt wird, kann der Theorie nach nicht zu steigenden Preisen führen.

Sinkende Umlaufgeschwindigkeit kann Geldmengenwachstum neutralisieren

Nimmt also die Geldmenge zu, während die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes abnimmt, ist das Geldmengenwachstum neutralisiert. Die Inflation könnte jedoch eines Tages mit Wucht zurückkehren, wenn all das gesparte Geld doch noch auf den Markt kommen sollte. Zum Beispiel, weil genügend Deutsche nach zehn Jahren Wartezeit wieder Aktien oder Immobilien kaufen. Dann steigen die Preise zumindest auf diesen Teilmärkten, was wir in den vergangenen Jahren schließlich auch beobachten konnten.

Diesem Risiko setzt sich beispielsweise auch die Schweiz aus. Um den Wechselkurs des Franken zu drücken, hat die Schweizer Zentralbank inzwischen so viele Franken erschaffen und weltweit verkauft, dass die Franken-Besitzer davon nun mehr als ein Jahres-Bruttoinlandsprodukt der Schweiz aufkaufen könnten. Sollten die Besitzer der Franken jemals entscheiden, mit dem Geld in der Schweiz aufzutauchen und dort etwas kaufen zu wollen, wird die Inflation in der Schweiz explodieren.

Importe können Inflation trotz Geldmengenausweitung begrenzen

Es kann übrigens sein, dass eine Geldmengenerhöhung auch dadurch neutralisiert wird, dass eine Volkswirtschaft neue, günstigere Quellen für die nachgefragten Waren findet. So war der Eintritt Chinas in die Welthandelsorganisation ein weltweites Deflationsprogramm. Durch die Verlagerung von Produktionsstätten aus teureren Ländern nach China konnte die Inflation in Europa und den USA niedrig gehalten werden. Übrigens trifft das auch auf den CO2-Ausstoß zu. Wird ein Hammer in China statt in Deutschland produziert, dann steigt zwar der globale CO2-Ausstoß durch die deutlich ineffizientere Energiebereitstellung in China und den zusätzlichen Transport. Doch der deutsche CO2-Ausstoß sinkt und man kann sich selbst als Klimavorreiter darstellen.

Derzeit wirkt der Ölpreiseinbruch inflationshemmend und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir in drei bis sechs Monaten einen inflationshemmenden Effekt durch den massenhaften rabattierten Abverkauf von Lagerwaren sehen werden. Bekleidungs- und Elektronikgeschäfte, die in den vergangenen Wochen nicht öffnen durften, sitzen jetzt auf nicht mehr saisongemäßer Ware oder veralteter Elektronik, die schnellstmöglich abverkauft werden müssen, bevor die Preise noch weiter sinken.

Wann die Inflation kommt, hängt also von diversen Variablen und Annahmen ab. Eine Geldmengenerhöhung ist nicht per se preissteigernd. Es bringt also nichts, Ihre Vermögensanlage hundertprozentig auf den Fall starker Inflation auszurichten. Käme die Inflation, wäre die Vorbereitung positiv. Kommt die Inflation jedoch nicht oder erst sehr viel später, dann gehören Sie zu den Verlierern. Eine gute Diversifizierung Ihrer Vermögensanlage ist daher das beste Mittel, um möglicher Inflation zu begegnen.



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3 Kommentare

  1. Leider ist er Artikel viel zu theoretisch und so theoretisch dachten auch die Zentralbanken das gesamte letzte Jahrzehnt. Ausweitung der Geldmenge, Nullzinsen, QE und all die netten Instrumente. Nur funktioniert hat es nicht.
    Es reicht ein Blick zurück in die bundesdeutsche Vergangenheit um zu wissen, wo das Problem liegt. In den 70er Jahren hatten wir eine Inflation von fast 7%. Die Ursache waren höhere Lohnabschlüsse von fast 10% im Jahr (Anfang der 70er). Das Geld wurde auch ausgegeben und fröhlich konsumiert. Die Lohnerhöhungen der vergangenen Jahre waren viel zu gering um eine größere Inflation zu erzeugen, zumal die Kosten für Wohnung, Strom usw. einen Großteil der Lohnerhöhungen schon neutralisiert hat. Hinzu kamen die Ausgaben für die private Altersvorsorge – simpel gesagt – es wurde gespart statt konsumiert.
    Wie soll bitte Inflation entstehen, wenn ein Großteil der Weltbevölkerung wohl über einen langen Zeitraum weniger Geld zum konsumieren zur Verfügung hat? Wer wird exessiv konsumieren, wenn man Angst um den Job oder die persönliche Zukunft hat?

    1. Guter Punkt. Ich habe auch lange an eine Hyperinflation oder zumindest kommende hohe Inflation geglaubt, aber mittlerweile sehe ich das nicht mehr. Sonst wäre das die letzten 10 Jahre schon passiert.

      Das Geld ging in die Immo- und Aktienblasen, und war -und ist- dort gut aufgebhoben.

      Solange nicht wirklich breitflächiges Heligeld kommt, und zwar für die Privatpersonen, nicht für Firmen (dafür gibts das ja praktisch schon….) wird es zu keiner nennenswert hohen Inflation führen. Auch wenn das logische Denken dem widerspricht, die Realität holt einen ein.

      Selbst wenn wir irgendwann 5% Infl. hätten, würden die meisten Leute das doch gar nicht bemerken.

      1. Wenn das ganze Geld nich zu Inflation führt, womit will man (die EZB) dann die Geldflut rechtfertigen? Inflation ist doch genau Zweck und Ziel der Geldflut?
        Wirkt die ganze Chausé etwa nicht oder hat die EZB evtl. ganz andere Ziele und belügt und verdummt die Deutschen seit einem Jahrzehnt? Neeeeeiiin, wir müssen Italien, Spanien, Frankreich ja wirklich mal wieder helfen… Nach der Flüchtlingskrise, nach der Finanzkrise, nach dem Brücken einstürzen und die Mafia denn Müll nicht mehr abholt, jetzt in der Coronakrise. Das gebietet die Solidarität nun wirklich. Ach Moment, was ist denn die Gegenleistung? Bekommen wir Mallorca, Capri, Sardinien oder Korsika als Pfand? Nein, das wäre nun wirklich zu viel verlangt. Solidarität ist Einbahnstraße.
        Fakt ist, das mit dem Geld (00-Papier, Tapete) Pleitefirmen wie zB Vapiano, Karstadt, aber auch viele kleine Unternehmen deren Geschäftsmodell überkommen ist, schlechte Unternehmer dind odet die das Geld für private Zwecke aus dem Unternehmen gezogen haben anstatt vorzusorgen, gepempert werden. Und zwar auf Steuerzahlerkosten und letztlich auf Kosten der Allgemeinheit.
        Charmant, damit lassen sich natürlich gleich neue Steuern im DeutschlandParadies mit der zweithöchsten Abgabenquote und mit der höchsten Staatsquote Europas verargumentieren. Der dubbelige Deutsche lässt sich ja alles bieten.

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