Anleihen

Warten auf die Unsterblichkeit? Österreich bringt Staatsanleihe mit 100 Jahren Laufzeit auf den Markt

Gut Ding will bekanntlich Weile haben! Das hat sich jetzt scheinbar auch Österreich gedacht, und will bald eine Staatsanleihe mit Laufzeit von 100 Jahren emittieren - grotesk, möchte man meinen. Oder?

FMW-Redaktion

Gut Ding will bekanntlich Weile haben! Das hat sich jetzt scheinbar auch Österreich gedacht, und will bald eine Staatsanleihe mit Laufzeit von 100 Jahren emittieren – grotesk, möchte man meinen. Aber was ist schon normal in Zeiten wie diesen, in denen Investoren doch allen Ernstes Negativrenditen für den Kauf von Staatsanleihen akzeptieren – und munter zulangen.

Genau deshalb, meint der Staat Österreich jetzt, besteht nun Nachfrage nach diesen Anleihen mit ultralanger Laufzeit! Wenn Investoren bereit sind, Anleihen mit Negativrendite zu kaufen, dann werden sie umso bereiter sein, Anleihen zu kaufen, die noch positiv rentieren. Die Anleger werden also gewissermaßen in die langen Laufzeiten gedrängt, weil sie durch die Nullzinspolitik der EZB viel Liquidität haben und diese vermeintlich sicher anlegen müssen in Staatsanleihen (für die man kein Eigenkapital hinterlegen muß, was gerade für Banken attraktiv ist).

Erst im letzten Jahr hatte Österreich eine Anleihe mit Laufzeit 70 Jahren an den Markt gebracht, also mit einer Laufzeit bis ins Jahr 2086. Diese Anleihe rentiert derzeit bei 1,82% (bei der Erst-Emission der Anleihe noch bei 1,53%, also ist die Risikoprämie seitdem deutlich gestiegen!)- also steht logischerweise zu vermuten, dass die Renditen für die 100-jährige Anleihe etwas höher sein wird, gemäß der Faustregel: je länger die Laufzeit einer Anleihe, desto höher das Risiko, dass in dieser Zeit etwas „Unvorhergesehenes“ passiert. Etwa dass ein Staat pleite geht – oder vor allem: dass die Inflation deutlich ansteigt, was dann faktisch für die Investoren einen negativen Realzins bedeuten würde.

Diese Anleihe mit 100 Jahren Laufzeit wäre die erste ihrer Art in der Eurozone. Zwar hatten im letzten Jahr Irland und Belgien ebenfalls Staatsanleihen mit 100-jährige Laufzeit verkauft, dies war allerdings einem ausgewählten Kreis von Investoren vorbehalten, die Anleihen wurden also nicht öffentlich zum Kauf angeboten.

Außerhalb der Eurozone haben bisher nur Argentinien (sic!) und Mexiko Staatsanleihen mit 100 Jahren Laufzeit in öffentlichen Auktionen an den Investor gebracht, bei Unternehmensanleihen bisher zwei französische Staatskonzerne (der staatliche Eisenbahnkonzern SNCF und Electricité de France SA). Derartige Superlative, die von anderen Ländern produziert werden, dürften der Trump-Administration sicher ein Dorn im Auge sein, sodass auch jenseits des Atlantiks bald erfreuliche Nachrichten in dieser Richtung zu erwarten sind, nachdem die Schuldenobergrenze dann erfolgreich beseitigt worden ist.

Der Trend geht also zu längeren Laufzeiten, so viel ist klar. So sind zuletzt Staatsanleihen mit Laufzeit 20 bis 50 Jahre wie Pilze aus dem Boden geschossen, nun also 100 Jahre. Wird der Mensch aufgrund des technischen Fortschritts bald unsterblich, sind deutlich längere Laufzeiten biologisch natürlich folgerichtig..


Wer solche Landschaften besitzt, findet auch Käufer ultralanger Anleihen..
Foto: Accrochoc at French Wikipedia, http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html



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