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Warum China im ersten Quartal nicht wachsen kann

Dennoch liegt der Analystenkonsens bei immer noch über 4 Prozent Wachstum für das Auftaktquartal 2020. Erst gestern haben die Experten der HSBC, die für ihre China-Expertise eigentlich bekannt sind, ihre Wachstumsprognose von 5,7 Prozent auf lediglich 4,1 revidiert. Weitere Wachstumsrevisionen sind wohl unvermeidbar.

Die wahren Hiobsbotschaften aus China kommen erst noch

Aber nicht nur die Wachstumsaussichten für China sind noch unrealistisch hoch. Das Gleiche gilt für die Effekte für die Handelspartner des Landes. Ich hatte zu den Belastungen für die Staaten Lateinamerikas bereits einen Artikel verfasst. Generell ist China nicht nur für die westlichen Automobilhersteller einer der wichtigsten Absatzmärkte weltweit. Auch Chiphersteller wie Nvidia setzen die Hälfte ihrer Produkte in Greater China ab (Festlandchina, Hong Kong, Macau und Taiwan). Die ohnehin von der Boeing-Krise belasteten Airlines haben vollständig ihre Verbindungen nach China bis ins zweite Quartal hinein ausgesetzt. Der Frachtverkehr ist stark eingeschränkt.

Es drohen trotz der Bemühungen der Regierung und der Zentralbank Chinas Bankrotte von Unternehmen und die Zerstörung von Lieferketten, die auch für den Rest der Welt wichtig sind. Wie lange es dauern kann, bis solche Schäden wieder repariert sind, konnte man nach der Finanzkrise gut beobachten (in Südeuropa bis heute nicht vollständig geschehen). Die Zahl überschuldeter und wirtschaftlich angeschlagener Unternehmen in China war auch vor der Epidemie schon besorgniserregend hoch. Viele dieser Firmen kommen nun in existenzielle Schwierigkeiten. Das gilt auch für viele Verbraucher, die sich mit Immobilien-, Automobil- und Konsumdarlehen übernommen haben und nun zusätzlich Lohneinbußen hinnehmen müssen.

Der Produktionsstillstand in vielen Betrieben dürfte so schnell auch nicht enden, da die große Gefahr besteht, dass sich zurückkehrende Mitarbeiter gegenseitig mit dem COVID-19 anstecken und dann wochenlang in Quarantäne müssen, was den Betrieb erneut zum Erliegen bringt.

Fazit und Ausblick

Mit gesundem Menschenverstand lässt sich nicht erschließen, warum die Wirtschaft in China im ersten Quartal dieses Jahres wachsen soll. Im Vorjahresquartal war die Wirtschaft des Landes noch nicht in dem aktuellen Ausmaß von Strafzöllen betroffen und große Teile des Landes standen nicht still. Zumal sich auch ohne Coronavirus-Epidemie die Wachstumsraten zuletzt deutlich abgekühlt hatten. Man darf gespannt sein, welche Zahlen die Regierung in Peking pünktlich Anfang April aus dem Hut zaubern wird. Sollte tatsächlich ein Wachstum vermeldet werden, kann man die Zahlen gemäß dem „Lied der Partei“ der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) als plumpe Propaganda abhaken: „…die Partei, die Partei, die hat immer Recht!“.



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5 Kommentare

  1. Nur mal so als Frage. Sie schreiben: „Der IWF schätzte Anfang Februar, dass der COVID-19 Schäden in Höhe von ca. 280 Mrd. US-Dollar verursachen wird.“ Das könnte China doch mit Maßnahmepaketen in die Märkte pumpen und der Schaden wäre behoben. Ein Konjunkturpaket gab es doch schon, und alles war beruhigt.

    1. @Sven: Bisher wurde lediglich neues Geld in Form von Krediten in die Märkte gepumpt. Das wird in dieser Dimension nicht ausreichen und erreicht auch nicht alle Bedürftigen Unternehmen und Verbraucher. Aber theoretisch sind noch ganz andere Maßnahmen denkbar, die die wirtschaftlichen Folgen abmildern helfen (massive Zinssenkungen, staatliche Ausgabenprogramme und Helikoptergeld). Jedoch wirken solche Maßnahmen immer mit Zeitverzögerung auf die Realwirtschaft, die zudem aktuell durch die Quarantänemaßnahmen und sonstige Beschränkungen stark gelähmt ist (an den Finanzmärkten wirken solche Stimuli sehr viel schneller). Daher ist ein Absturz der chinesischen Wirtschaft im Auftaktquartal 2020 nicht mehr zu verhindern. Die Zahlen in den kommenden Tagen und Wochen werden dies klar zeigen.

  2. Die im Artikel genannten Zahlen zu den am Coronavirus erkrankten und verstorbenen Patienten wurden heute Morgen nach zunächst anders lautenden Zahlen mit Stand 5.45 Uhr MEZ später nach unten korrigiert (man habe sich verzählt). Die aktuellen Zahlen finden Sie hier: https://www.worldometers.info/coronavirus/

    1. Vielen Dank für die schnelle Antwort.

  3. Liquiditätsflutungen und staatliche Ausgabenprogramme (angemessen dosiert und zielgerichtet eingesetzt) können langfristig immer nur dann positive Effekte entfalten, wenn der Stimulus zu einem sich selbst tragenden Wirtschaftsaufschwung führt. Das heißt, wenn die zusätzlich gewonnene Ertragskraft den zusätzlichen Schuldendienst überdecken kann. China und die westlichen Industrienationen treten seit vielen Jahren den Beweis an, dass diese Maßnahmen nicht nur regelmäßig wirkungslos verpuffen, sondern diese in immer größerem Maße erzwingen, um einen Kollaps zu verhindern. Nun glauben einige, man könne dieses Karussell ewig so weiter drehen. Nein, das kann man nicht. Das Ende ist erreicht, wenn die Staatsschulden und die Schulden aller Unternehmen und Haushalte das Gesamtvermögen einer Volkswirtschaft eingeholt haben. Dann bricht das System zusammen und es beginnt bei null wieder von vorne. Diesem Punkt nähern wir uns unaufhaltsam mit immer größer werdender Geschwindigkeit. Die Coronavirus-Epidemie tritt jetzt noch zusätzlich kräftig aufs Gaspedal und mit einer Flucht in die Edelmetalle wird der Systemneustart noch schneller kommen.

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