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Warum der Ölpreis trotz mehr Fördermenge steigt – Experte redet Klartext

Eine Öl-Pumpe

Der Ölpreis steigt. Das darf eigentlich gar nicht sein? Gestern Abend beendete ich meine Berichterstattung mit dem Hinweis, dass man schauen müsse, wie der Markt die Lage morgen (also am heutigen Freitag) einschätzt. Und siehe da, der Markt interpretiert die Entscheidung von OPEC und OPEC+ als optimistisch. Denn Der Ölpreis ist in den letzten 24 Stunden von 45 auf aktuell 46,22 Dollar gestiegen.

OPEC und externe Partner erhöhen Fördermenge

Was war passiert? Die OPEC+ (OPEC und externe Förderländer wie Russland) beschloss gestern Abend, die gesamte Fördermenge ab Januar um 500.000 Barrels pro Tag zu erhöhen. In den Folgemonaten sind weitere Erhöhungen um bis zu jeweils 500.000 Barrels pro Tag möglich. Dies soll durch die Öl-Minister der Teilnehmerländer monatlich besprochen werden, je nach Marktlage. Erwartet beziehungsweise gehofft hatte der Terminmarkt aber, dass Länder wie Saudi-Arabien und die VAE sich durchsetzen, und dass die Fördermenge für Öl bis März erstmal nicht angehoben wird. Dies hätte geholfen den Ölpreis nach oben hin zu stabilisieren.

Warum der Ölpreis steigt

Aber nein, der Ölpreis steigt jetzt auch trotz Fördermengenausweitung an, obwohl man eher fallende Kurse erwartet hätte bei so einem Ausgang Aber warum geht es nun bergauf? Man könnte es so sehen: Die Masse der Trader hatte womöglich Angst, dass Länder wie Russland, Kasachstan, Irak etc sich nicht länger in ein Korsett pressen lassen, und letztlich deutlich mehr als 500.000 Barrels pro Tag an Fördermengenausweitung beschlossen wird. Also ist die nun erzielte Einigung mit „nur“ +500.000 Barrels pro Tag sogar ein Erfolg für die Bullen am Markt? So könnte man es sehen.

Der womöglich anerkannteste Experte für Rohstoffe in Deutschland, Eugen Weinberg von der Commerzbank, hat vor wenigen Minuten seinen Research-Text veröffentlicht, und zwar genau zu dieser Frage – warum der Ölpreis steigt, obwohl die OPEC ihre Fördermenge erhöht. Und Eugen Weinberg redet Klartext, und das im Detail. Wir möchten vorwegschicken: Wir als kleingeistige Laien bei FMW sehen es ähnlich wie er. Der Optimismus, der sich aktuell im Ölpreis wiederspiegelt, scheint übertrieben zu sein. Was natürlich nicht heißen soll, dass wir von FMW der Tradergemeinde sagen wollen, sie solle jetzt bitte Short im Öl gehen. Das entscheiden Sie bitte mal ganz alleine!

Experte spricht Klartext

Eugen Weinberg sagt aktuell, dass angesichts der vorherigen Erwartungen und der fragilen fundamentalen Lage am Ölmarkt die Entscheidung der OPEC enttäuschend sei. Dennoch sei der Brentölpreis heute Morgen auf knapp 50 US-Dollar je Barrel gestiegen. Einige Marktteilnehmer würden dies auf eine höhere Flexibilität der OPEC zurückführen, wobei man die Produktion später auch um bis zu 500.000 Barrel täglich kürzen könnte. Doch dies sei aus vielerlei Gründen eher illusorisch. Man sollte laut Eugen Weinberg also nicht zu viel hineininterpretieren. Der Ölpreis steige, weil er steigt und nicht weil der Markt die gefundene Entscheidung der Produzentengruppe feiert. Die fundamentale Lage sei alles anders als rosig. Laut einer Reuters-Umfrage sei die OPEC-Produktion im November wegen Libyen um 750.000 Barrel täglich gestiegen. Dabei sehe man erneut die Differenzen bei der Umsetzung der vereinbarten Quoten.

Die V.A.E. hätten die verlangten kompensierenden Kürzungen für die zu hohe Produktion in den Monaten davor umgesetzt, ebenso wie Angola. Andere Länder wie Nigeria und der Irak haben das laut Eugen Weinberg bislang nicht getan. Die kleineren Produzenten Kongo, Äquatorial-Guinea und Gabon hätten die Vereinbarungen ebenfalls erneut massiv verfehlt. Damit seien weitere Spannungen innerhalb der Gruppe im Hinblick auf einen höheren Ölpreis vorprogrammiert. Daher teile man die positive Auffassung des Ölmarktes nicht und führe die jüngste Stärke im Ölpreis in erster Linie auf spekulative Käufe zurück. Der Preiszuwachs sei aus seiner Sicht wegen der Nachfrageschwäche in den Industriestaaten und einer auch außerhalb der OPEC+ steigenden Ölproduktion nicht nachhaltig.

Chart zeigt Ölpreis-Verlauf der letzten zehn Tage
Der Chart zeigt den Verlauf im WTI-Ölpreis in den letzten zehn Tagen.



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