Europa

Warum Deutschland trotz Industrie-Rezession weltweit größten Leistungsbilanzüberschuss schafft

Deutschland hat auch 2019 mit Abstand den weltweit größten Leistungsbilanzüberschuss produziert. Und das, obwohl hierzulande die Industrie deftig in der Rezession steckt? Wie soll das nur funktionieren? Erst mal zu den Zahlen. Das ifo-Institut hat heute veröffentlicht (hier auf sechs Seiten die Details), dass Deutschland im letzten Jahr einen Leistungsbilanzüberschuss (Exportüberschüsse, Gewinne aus Kapitalanlagen im Ausland etc) von 262 Milliarden Euro erwirtschaftet hat, was 7,6 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung entspricht. 2018 waren es noch 7,3 Prozent. Damit sei man mit Abstand die Nummer 1 vor Japan mit 194 Milliarden Dollar (China Nr 3 mit +183). Aber wie kann das sein? Autos und Maschinenbau stehen wirklich schlecht da, und das schon seit einigen Monaten. Wie kann das sein? Dazu liefert ifo aufschlussreiche Erläuterungen. Zitat:

Die Rezession in der deutschen Industrie dürfte ein wichtiger Faktor sein, denn dadurch sind die Importe von Waren langsamer gestiegen. Aber auch die Primäreinkommen, hinter denen vor allem die Erträge aus im Ausland angelegtem Vermögen stehen, legten im Jahr 2019 weiter zu. Die durch Primäreinkommen erzielten Überschüsse machen inzwischen 37 Prozent des Leistungsbilanzüberschusses aus. So werden hohe Netto-Einnahmen aus ausländischen Direktinvestitionen und Wertpapieranlagen erzielt. Dabei ist sich die Wissenschaft noch uneinig, wie rentabel die deutschen Investitionen im Ausland angelegt sind.

Da die üblichen Verdächtigen wie Deutschland und Japan fette Überschüsse anhäufen, muss irgendwer im Umkehrschluss auch fette Defizite produzieren. Logisch, irgendwoher muss es ja kommen. Dazu ifo im Wortlaut:

Dagegen dürften die USA weltweit wieder das größte Leistungsbilanz-Defizit verzeichnen mit etwa 490 Milliarden US-Dollar, was aber nur 2,3 Prozent seiner Jahreswirtschaftsleistung entspricht. Dahinter folgen das Vereinigte Königreich mit einem Defizit von 117 Milliarden US-Dollar (4,2 Prozent) und Brasilien mit 51 Milliarden US-Dollar (2,9 Prozent).

Hier weitere Detailaussagen vom ifo-Institut zum deutschen Überschuss-Wunder:

Kräftigere Exporte in die USA aufgrund der vorangeschrittenen Euro-Abwertung gegenüber dem US-Dollar sowie ausgeweitete Ausfuhren in das Vereinigte Königreich, wo sich die Nachfrage wieder etwas erholte, ließen die deutschen Gesamtausfuhren
in der zweiten Jahreshälfte wieder kräftig steigen. Dagegen expandierten die Einfuhren im Sommerhalbjahr 2019 sehr schwach, die an­haltende Industrierezession in Deutschland hat die Einfuhren von Vorleistungsgütern stark gebremst. Erst im Schlussquartal dürften sich die Importe – gestützt durch die Ausweitung der Einfuhren von deutschen Pkw, die inzwischen verstärkt in anderen EU-Staaten produziert werden – wieder etwas dynamischer entwickelt haben.

Aber auch die Primäreinkommen, hinter denen vor allem die Erträge aus im Ausland angelegten Vermögen stehen, legten im Jahr 2019 weiter zu. Die durch Primäreinkommen erzielten Überschüsse machen inzwischen 37% des Leistungsbilanzüberschusses aus. Deutschland hat inzwischen ein sehr hohes Nettoauslandsvermögen, das sich durch die Leistungsbilanzüberschüsse der vergangenen Jahre erklärt. So werden hohe Nettoeinnahmen aus ausländischen Direktinvestitionen und Wertpapieranlagen erzielt.

Leistungsbilanzüberschuss laut ifo



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