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Warum die Coronakrise die Inflation anheizen wird!

Inflation in Folge der Coronakrise

In den vergangenen 20 Jahren profitierte die Welt von einer Periode ungewöhnlich niedriger Inflation. Obwohl auch zur Krisenbewältigung nach 2008 Geld gedruckt wurde, als gäbe es kein morgen mehr, blieb die Inflation sogar hinter den niedrigen Inflationszielen der Zentralbanken von 2% pro Jahr zurück. „Schuld“ daran hatte vor allem auch der globale Handel. Doch die Coronakrise könnte genau den nicht nur kurz-, sondern auch langfristig massiv schwächen und so eine neue Phase von Preissteigerungen auslösen.

Handel reduzierte die Inflation nachhaltig – bis jetzt!

Bislang half der Welthandel dabei die Inflation im Zaum zu halten. Unternehmen, Verbraucher und ganze Staaten zogen einen Nutzen daraus, die benötigten Rohstoffe, Produkte und Dienstleistungen dort einkaufen zu können, wo sie am günstigsten angeboten werden. Im Vertrauen darauf, dass von diesem internationalen Austausch alle Beteiligten profitieren und daher ein Interesse an der Fortführung dieser Art der weltweiten Arbeitsteilung besteht, wurden nationale Produktionskapazitäten abgebaut, wenn sie international nicht mehr wettbewerbsfähig waren. Die Coronakrise ist eine Zäsur, die diesen Trend vermutlich stoppen wird. Und dabei sind es nicht einmal die nationalen „Lockdowns“, die die Lieferantennetzwerke temporär zerstören, die zu einem Umdenken führen werden. Es sind vor allem auch die nationalen Alleingänge in Sachen Exportverboten, die zu Verhaltensänderungen führen werden. Dass ein Unternehmen nicht mehr produzieren kann, weil die Arbeiter zuhause sitzen wollen oder müssen, können Handelspartner noch nachvollziehen.

Zumal dann, wenn sie selbst die eigenen Mitarbeiter nach Hause schickten, wie es derzeit weltweit geschieht. Was jedoch einen massiven Vertrauensbruch darstellt, ist das Verbot von Exporten bestimmter Produkte. Solche Verbote führten zum Beispiel China, Italien, Frankreich, die USA und Deutschland für medizinische Schutzkleidung ein. Italien fing auch Lieferungen von Beatmungsgeräten ab und setzte die Geräte im eigenen Land ein. Rumänien erließ nun auch ein Exportverbot für Getreide, das nur noch innerhalb, aber nicht mehr außerhalb der EU verkauft werden darf. Die Lieferanten, auf die sich die Kunden jahre- oder gar jahrzehntelang verließen, könnten also liefern, dürfen es aber aus politischen Gründen nicht. Mag ein Exportverbot für Beatmungsgeräte und Schutzkleidung auf den ersten Blick noch sinnvoll erscheinen, erzeugt es doch mittel- und langfristig mehr Schaden als Nutzen. Getreideexporte zu verbieten, obwohl die Nahrungsmittelversorgung weder aktuell noch langfristig in Gefahr sein wird, erzeugt nicht einmal kurzfristigen Nutzen, aber langfristigen Schaden. Die Inflation lässt grüßen.

Rumänien verbietet Getreide-Exporte, obwohl kein Mangel besteht

Der mittel- und langfristige Schaden von Exportverboten besteht darin, dass die Waren ineffizient verteilt werden. Es ist praktisch sicher, dass die Politik die Exportverbote nicht zum richtigen Zeitpunkt aufheben wird, sondern dann, wenn die Länder auf einem großen Vorrat an den exportbeschränkten Produkten sitzen. Im Falle Rumäniens wurde das Getreide-Ausfuhrverbot sogar erlassen, als gar keine Knappheit bestand. Das United States Department of Agriculture veröffentlicht monatlich einen Marktbericht zu Getreide. Im aktuelle April-Bericht geht die Behörde von Rekordernten bei Weizen und Reis aus, trotz Coronakrise. Rumänien exportierte 2019 fast als 13 Millionen Tonnen Getreide und es gibt wenig Grund anzunehmen, dass es in diesem Jahr ein Defizit geben könnte.

Das Exportverbot ist nichts weiter als eine politische Maßnahme, um dem Volk Handlungsfähigkeit zu beweisen. Indirekt gibt das Rumäniens Premierminister sogar zu. Denn Begründung für den Exportstop war die Tatsache, dass Rumänien im März 700.000 Tonnen Getreide exportierte. Keine Besonderheit in einem Land, das im Vorjahr monatlich 1.075.000 Tonnen Getreide ausführte. Doch nun hielt ein sogar geringeres Exportvolumen als Begründung für ein Exportverbot her. Eine sinnlose Maßnahme, die grundlos Lieferketten und Vertrauen zerstört. Werden die Ausfuhrbeschränkungen erst aufgehoben, wenn ein großer nicht benötigter Vorrat an den Produkten besteht, herrscht dadurch andernorts unnötige Knappheit, was Inflation erzeugen kann. Zudem kann der Markt keine eindeutigen Signale mehr über den Preis aussenden, wenn das Zusammenwirken von Angebot und Nachfrage politisch unterbunden wird. Schon im Falle der Maskenproduktion plädierte ich dafür, den Markt selbst für schnellst- und bestmöglichen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage bei Masken sorgen zu lassen. Das gilt für alle anderen Produkte natürlich genauso.

Das Exportverbot beim Getreide führt nun wahrscheinlich zu einem Überangebot in der EU mit fallenden Preisen, die Bauern in die Insolvenz treiben könnten. International hingegen sinkt durch das Exportverbot das Angebot, was zu steigenden Preisen führt und Produzenten animieren könnte, die Produktion zu steigern. In der EU könnte es also künftig weniger und global mehr Angebot geben. Im Falle von Getreide würde das kurzfristig die Inflation senken, langfristig jedoch erhöhen.

Absicherung gegen Lieferkettenunterbrechungen machen Produkte teurer

Viel schlimmer wäre jedoch eine Kettenreaktion, würden nun andere Länder Rumäniens Beispiel folgen und ihrerseits Exportverbote erlassen. Je mehr Länder das tun, umso mehr verlagert sich die Nachfrage auf die weniger werdenden Staaten, die noch Nahrungsmittelexporte zulassen. Bei denen könnte diese steigende Nachfrage dann tatsächlich dazu führen, dass der eigene Bedarf nicht mehr gedeckt werden kann. Am Ende würden wir in einer Welt leben, in der jedes Land nur noch für sich selbst sorgt.

Echte Lieferengpässe und steigende Preise sind die Folge. Um sich künftig gegen die Möglichkeit von Exportbeschränkungen oder zerstörten Lieferketten zu wappnen, werden nach der Krise ohnehin diverse Unternehmen und auch Staaten dazu übergehen, nicht mehr dort produzieren zu lassen, wo es am günstigsten ist. Unternehmen wie Apple werden aller Voraussicht nach auch unter Inkaufnahme höherer Preise Produkte in diversen Ländern fertigen lassen und sich nicht mehr wie bisher zum Beispiel auf China verlassen. Und Staaten werden zumindest bei manchen Produkten wie Schutzkleidung die inländische Nachfrage entweder erzwingen oder subventionieren. Diese Diversifizierung der Lieferketten und die erzwungene inländische Produkten werden teurer werden – und bezahlen tun das am Ende wir Kunden – die Verbraucherpreise (Inflation) werden steigen.

Wahrscheinlich wird es auch zu einer partiellen Abkehr vom Just-in-time Prinzip kommen, bei dem Waren in dem Moment an die Montagelinie oder das Ladenregal geliefert werden, wenn man sie benötigt. Lagerhaltung wird wieder stärker betrieben, was die Preise ebenfalls erhöhen wird. Schließlich muss jemand für die Lagerhaltung bezahlen – und das sind in letzter Konsequenz auch wieder wir Kunden. Zu all diesen preissteigernden Effekten kommt noch die jetzt massiv vergrößerte Geldmenge als weiteres Element hinzu. Die Folgen werden stärkere Inflation sein, als wir sie in den vergangenen zwei Jahrzehnten kannten.



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4 Kommentare

  1. „blieb die Inflation sogar hinter den niedrigen Inflationszielen der Zentralbanken von 2% pro Jahr zurück. „Schuld“ daran hatte vor allem auch der globale Handel.“

    … und natürlich die Tatsache, dass Inflation nicht bei Vermögenspreisen wie z. B. Aktien und Immobilien gemessen wird. Bei Immobilien sind ja nicht nur die Haus/Wohnungspreise ansich gestiegen sondern auch Material und Handwerkerkosten.
    Aber richtig, die von der EZB gemessene Inflation für Brot, Milch und Butter hat sich in der Tat nicht stark entwickelt. Man nimmt in Frankfurt eben nur die Statistik die man gerade braucht.

  2. Es gibt keine Angebotskrise sondern eine Nachfragekrise. Arbeitslosigkeit steigt gerade global, Einkommen sinken und wer seine Arbeit behält wird vor mageren Jahren bezüglich Lohnentwicklung stehen.
    Auch die aufgeblasenen Sachwerte sind betroffen. Menschen können sich weniger leisten, viele werden ihr mit zuviel Kredit gekauftes Haus verlieren, wenn die Banken nicht massiv gestützt werden führen Kreditausfälle bei denen dazu, dass nötige Kredite für an sich solvente Unternehmen und Haushalten teurer werden oder ganz austrocknen.
    Durch das ganze System wurden bereits Unsummen Kapital vernichtet und wir blicken in den Abgrund aus Deflation und stagnierender Konjunktiv wenn die deutsche Eigenheit der ständigen Angst vor Inflation in der EZB die Oberhand gewinnt.
    Und nichts und niemand kann die Globalisierung zurückdrehen, daran ändert auch Getreide aus Rumänien nichts.
    Die alternde Gesellschaft Europas ist außerdem der anhaltende Hintergrund der extrem deflationär wirkt.
    Wer ernsthaft auf Inflation setzt wird sich extrem verzocken.

    1. Ich sehe das auch so. Da die globalen Produktionsanlagen und die Leute die sie betreiben, nicht verschwinden gibt es keinen Produktionsengpass. Und so lange die Massenkaufkraft schneller fällt, als die Produktionskapazitäten gibt es kein inflationäres Szenario.
      Spannender ist eher die Frage, ob das Vertrauen in bestimmte Währungen bestehen bleibt. Und das hängt vor allem davon ab, dass dem Währungemittenten zugetraut wird, das Eintreiben von Forderungen im Notfall durchsetzen zu können. Weshalb immer die wirtschaftlich und militärisch stärkste Nation die Leitwährung stellt.

  3. Pingback: Meldungen und Nachrichten vom 12. April 2020 | das-bewegt-die-welt.de

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