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Warum die ganze Aufregung in Brüssel? Italien verabschiedet Haushalt im Rahmen der EU-Regeln

Warum eigentlich die ganze Aufregung? Seit Wochen hört man aus Brüssel Wut und Zorn, weil Italien statt bislang 0,8% neuer Schulden (in Relation zum BIP) eine deutlich höhere Neuverschuldung umsetzen möchte. Wie waren nochmal die Maastricht-Kriterien in Sachen Neuverschuldung? Richtig, bis zu 3,0% sind erlaubt. Und heute Nacht hat die Regierung in Rom ihren Haushaltsplan nun vorgestellt. Es werden wie bislang vermutet tatsächlich neue Schulden in Relation zum BIP von 2,4%.

Also, wo ist das Problem? Warum regen sich alle auf? Nur weil die Vorgängerregierung unter Gentiloni ein niedrigeres Defizit in Aussicht gestellt hatte? Jahrelang haben so ziemlich alle EU-Staaten entweder gegen die Maastricht-Kriterien bei der Neuverschuldung verstoßen, oder gegen die bei der Gesamtverschuldung, oder gleich gegen beide Kriterien. Und dass Italien dringend Maßnahmen zur Konjunktur-Ankurbelung braucht, ist unstrittig.

Und bei der Schuldenlast von 130% in Relation zum BIP… tja, man spielt in einer Liga wie Griechenland oder Japan. Die Schulden sind nun mal exorbitant hoch, aber was wäre die Alternative? Totsparen? Brüssel wird die 2,4% durchwinken, denn wie wollte man sie verhindern? Denn wie gesagt, sie liegen innerhalb der Maastricht-Vorgaben! Die EU-Kommission muss zum Haushaltsplan wie bei allen EU-Ländern noch sein OK geben, aber es gibt inhaltlich keinen Grund für eine Ablehnung! Daher wird man die Sache durchwinken.

Natürlich kann man sich darüber trefflich streiten, wofür in Italien diese Neuverschuldung verwendet wird. Denn ein gezieltes massives Konjunkturprogramm ist es nicht, dass hier gestartet wird. Die Gelder werden (wie bei der Wahl versprochen) zum Beispiel für ein Grundeinkommen verwendet. Es soll in Kombination mit einer besseren Arbeitsvermittlung vor allem im Süden von Italien die Lage verbessert werden.

Auch soll eine einheitliche Steuer für Selbständige eingeführt werden. Und man will es 400.000 Menschen ermöglichen früher in Rente gehen zu können. Damit will man erreichen, dass die Arbeitgeber die frei gewordenen Arbeitsplätze mit aktuell arbeitslosen jüngeren Menschen besetzen, die somit nicht gezwungen wären mangels Perspektiven auszuwandern. Insgesamt sollen die Maßnahmen 37 Milliarden Euro kosten.

Auch auf der Einnahmen-Seite will man etwas tun. So will man über eine Steueramnestie Steuerhinterzieher dazu animieren ihre illegalen Gelder zu legalisieren. Somit soll schnell viel Extra-Geld in die Kassen kommen. Auch sollen hohe Rentenzahlungen gekürzt werden. Und, man vergesse nicht die Versprechen der Lega – auch bei Kosten für Migranten will man massiv einsparen, in Milliardenhöhe.

Ob das alles funktioniert im Sinne einer Konjunkturbelebung? Zweifel sind angebracht!

Italien
© European Union, 2017 / Source: EC – Audiovisual Service / Photo: Mauro Bottaro



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4 Kommentare

  1. Wäre da noch die Einstufung der Ratingagenturen am Monatsende. Es wurde aber bereits signalisiert, daß man da sehr vorsichtig sein werde, also keine Gefahr. Die Staatsanleihenrenditen sinken, die italienische Börse ist auf grün.
    Im November fahr ich nach Venedig, das entgegen vieler Prognosen immer noch über Wasser ist, genau wie die EU. Das Wasser steigt gelegentlich, fließt aber immer wieder ab…noch.

  2. Wenn ich nich irre, sagt eine der Spielregeln, max. 60% des Bip. Dieses Ziel haben unsere Freunde wohl ziemlich problemlos erreicht.

    1. Welches Land hält denn diese Grenze überhaupt noch ein?

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