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Warum Goldman Sachs glaubt, dass die US-Rally auf tönernen Füßen steht!

Goldman Sachs zweifelt an der schnellen Umsetzung der von der Wall Street schon eingepreisten Steuersenkungen der Trump-Administration. Sind Trumps "phänomenale" Pläne nur eine "Luftnummer mit vielen Adjektiven"?

FMW-Redaktion

Seit dem Wahlsieg Donald Trumps hausssieren die US-Aktienmärkte, und der Hauptgrund dafür ist vor allem die Hoffnung auf Steuersenkungen. Der neue Finanzminister Steve Mnuchin hat heute Nacht in einem Interview den August 2017 als Termin für ein neues Steuergesetz ins Spiel gebracht – aber Mnuchin ist wie Trump kein erfahrener Polit-Profi und hat vermutlich keine Vorstellung davon, wie mühsam das Ringen um ein solch gigantisches Projekt werden wird, schließlich strebt die Trump-Administration einer der größten Steuerreformen in der US-Geschichte an.

Goldman Sachs ist daher deutlich weniger optimistisch was den Zeitpunkt angeht dieser großen Steuerreform – man geht von 2018 aus, vielleicht sogar erst 2019. Den Hauptgrund dafür sehen die Goldmänner im absehbar zähen und langwierigen Ringen um den Affordable Care Act, im Volksmund als „Obamacare“ bezeichnet, womit die in den USA umstrittene Einführung einer verpflichtenden Krankenversicherung bezeichnet wird.

Diese pflichtmäßige Krankenversicherung ist für viele Privathaushalte ein großer Kostenfaktor geworden, der direkt ins Portemonnaie durchsticht – mit tendentiell weiter steigenden Kosten. Daher hat der Umgang mit Obamacare für viele US-Bürger hohe Priorität, daher auch für die Politik in Washington. Nun zeigt sich, dass eine schlichte Abschaffung von Obamacare nicht so einfach machbar ist – aber was dann tun, das ist die große Frage.

Bei den nun regierenden Republikanern herrscht dabei alles andere als Einigkeit: soll man erst versuchen, Obamacare ausser Kraft zu setzen, um dann später eine neue Gesundheitsvorsorge einzuführen? Das jedoch könnte Jahre dauern – also sagen viele Republikaner: lasst uns Obamacare nicht abschaffen, sondern ein paar Änderungen vornehmen. Wenn aber die Republikaner keine einheitliche Linie finden, dürfte Obamacare erst einmal weiter bestehen bleiben, weil die Demokraten an der bisherigen Regelung festhalten wollen.

Und daher sagt Goldman Sachs: das Gezerre um Obamacare wird viel länger dauern als die Märkte erwarten – und weil das so ist, wird auch die große Steuerreform nach hinten verschoben werden:

“This process is likely to take longer than expected, which is likely to delay the upcoming debate over tax reform. The difficulty the Republican majority is having addressing a key political priority suggests that lawmakers might ultimately need to scale back their ambitions in other areas as well, such as tax reform.”

Daher würden die Risiken für die Aktienmärkte steigen nach der impulsive Trump-Rally, weil die Märkte früher oder später realisieren würden, dass die schnelle Steuerreform nicht kommen werde, was jedoch schon eingepreist sei. Und damit steht Goldman Sachs nicht ganz alleine: ein bekannter US-Analyst (Chris Krueger) hat kürzlich die Ankündigungen Trumps einer „phänomenalen Steuersenkung“ als „Luftnummer mit vielen Adjektiven“ bezeichnet: Trump werde am 28.Februar bei seiner Rede vor dem US-Kongreß diese Steuerreform vage andeuten und möglicherweise per Exekutivorder das Finanzministerium anweisen, einen Plan auszuarbeiten. Bis zur Realisierung einer „phänomenalen Steuersenkung“ sei es dann noch ein sehr weiter Weg.


Trumps Steuerpläne nur eine „Luftnummer mit vielen Adjektiven“?
Foto: whitehouse.gov

Hinzu kommt aber noch ein weiterer Grund für die Verschiebung der großen Steuerpläne Trumps (den Goldman Sachs nicht erwähnt): das Ende des debt-ceiling pacts Mitte März, als das Ende des Stillhalteabkommens zwischen Demokraten und Republikanern über die Anhebung der US-Schuldenobergrenze. Diese Schuldenobergrenze lag, bevor sie Ende 2013 befristet auf Eis gelegt wurde, bei 16,7 Billionen Dollar. Derzeit aber hat die USA schon 20 Billionen Dollar Schulden, mithin muß also diese Schuldengrenze bis zur Deadline am 28.April über die 20-Billionen-Grenze angehoben werden, sonst geht haushaltstechnisch gar nichts mehr (siehe dazu den Artikel „Warum aus Trumps Steuer- oder Infrastrukturplänen vielleicht nichts werden wird..“).

Und wenn man sich die Abläufe der Vergangenheit ansieht, deutet alles darauf hin, dass die Verhandlungen schwierig werden und die volle Aufmerksamkeit der Abgeordneten erfordern wird. Bis Ende April oder darüber hinaus ist also faktisch mit einem Stillstand bei anderen Gesetzesvorhaben zu rechnen – was dann die Realisierung der schon eingepreisten Steuerhoffnungen der Wall Street noch weiter nach hinten verschieben wird..



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7 Kommentare

  1. Government Shutdown bedeutet unbezahlten Urlaub für die meisten Regierungsangestellten. Nachdem Trump ja gestern oder vorgestern aufgefallen ist, dass es um den Haushalt nicht zum Besten steht und er ohnehin nicht viel von dem aufgeblasenen Staatsapparat hält, kommt doch ein automatischer Shutdown eigentlich wie gerufen. Es spart Geld, es wird sich zeigen, dass die Wirtschaft ohne Staat zumindest gleich gut funktioniert und alle unschönen Begleiterscheinungen kann man den Demokraten in die Schuhe schieben. Was will man mehr?

    1. »Government Shutdown bedeutet unbezahlten Urlaub für die meisten Regierungsangestellten.«

      Nein, nicht so ganz: die Beamten haben als Ersatz in der „Totzeit“ Voucher bzw. Coupons erhalten, allerdings in Geld(anspruchs)- und nicht in Sachwerten. Diese konnten eingetauscht werden und wurden nach der neuen Staatsbudgetvereinbarung von selbigem wieder ausgeglichen. „Trocken gelaufen“ ist da keiner, zumindest nicht von denen.

      1. @joah
        Danke für die ergänzende Info.
        Ich hatte mich hier https://de.wikipedia.org/wiki/Government_Shutdown?oldformat=true schlau gemacht und dort fehlt die Info. Bei einem längeren Shutdown würde ein kompletter Ausgleich in Geld aber den Sinn des Gesetzes komplett konterkarieren.

        1. Vielleicht habe ich mich etwas unglücklich ausgedrückt: die haben kein Geld, keine Währung und auch keine Sachwerte bekommen – lediglich einen Anspruchsschein auf Währungswerte, auf dem das Versprechen stand, dass diese die Regierung mit Währung wieder ausgleichen würde, wenn sie denn -insofern- wieder funktioniere. Dieser konnte in Läden die der Sache vertraut haben gegen Waren unbeschränkt in entsprechender Werthöhe eingetauscht werden.

          Hätte die Regierung nicht wieder in Funktion gesetzt werden können, dann hätte der letzte Besitzer des Scheins in die Röhre geschaut: Scheinchen wertlos. Deswegen hatten auch viele Angst und haben die Scheine deutlich unter Wert (gegen reale Währung) verkauft, andere wiederum kauften diese in spekulativer Ahnung auf und haben einen guten Gewinn gemacht, als diese wieder eingelöst werden konnten.

          Ansonsten: immer etwas Vorsicht mit Wikipedia walten lassen.

  2. ,Wer bremst, verliert‘ scheint derzeit nicht nur das Motto von Trump, sondern auch von der FED zu sein. Wenn Trump nach seiner nächsten ,Wahlkampfrede‘ am 28. d.M. verbal abtauchen sollte, was bereits vermutet wird, werden die Märkte ernüchtern…und die FED wird in ihrer derzeitigen Handlungsweise bestätigt…nur, wem wird Trump den unvermeidlichen schwarzen Peter zuschieben können, wenn die Märkte danach crashen sollten? Obama, den Russen oder doch Mexiko?

  3. Ten Great Economic Myths – so, und bei wievielen dieser ökonomischen Grundprinzipien holt das Trumpeltier gerade Anlauf, um dagegen zu verstoßen?

    1. …und die Folgen von Protektionismus sind schon am Horizont sichtbar.

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