Gas

Abweichende Gemengelagen Warum sich Ölpreis und Gaspreis derzeit gegenläufig entwickeln

Warum laufen Ölpreis und Gaspreis gegenläufig? Bei Öl preist man einen Nachfrageanstieg ein, bei Gas gibt es mehrere preissenkende Faktoren.

Die Energiekrise eskalierte letztes Jahr durch den Ukraine-Krieg, und in den letzten Monaten klingt sie langsam wieder ab – weil Europa es mit massiven Einkäufen zu horrenden Kosten geschafft hat am Weltmarkt Rohstoffe aufzukaufen. Zuletzt aber laufen die Preise für Gas und Öl gegenläufig. Schauen wir auf den folgenden Chart für die Entwicklung der letzten 30 Tage. Der Dutch TTF-Gaspreis (maßgeblich für Europa) fällt in 30 Tagen von 85 Euro auf aktuell 54,15 Euro pro Megawattstunde. Gleichzeitig steigt das europäische Brent-Öl von 82,50 Dollar auf 88,53 Dollar – im Tief Anfang des Jahres war Brent sogar bei 78 Dollar. Wie kommt es? Schauen wir uns die Gründe für diese gegenläufigen Bewegung an.

Entwicklung von Ölpreis und Gaspreis in den letzten 30 Tagen

Ölpreis steigt – vor allem dank China-Hoffnungen

Seit mehreren Tagen hört man es immer wieder. Die große Hoffnung auf mehr Ölnachfrage aus China hilft dem Ölpreis. Bloomberg schreibt aktuell: Die spanische Wirtschaft ist im letzten Quartal stärker gewachsen als erwartet, was einen Tag, nachdem ähnliche Daten aus den USA die Befürchtungen einer Rezession zerstreut haben, zu einer positiven Stimmung beitrug. Die Trafigura Group sieht „viel Potenzial“ für die Ölmärkte, da sich der Nachholbedarf entlädt, insbesondere wenn der chinesische Verbrauch wieder anzieht.

Rohöl hat sich von einem steilen Einbruch zu Beginn des Jahres erholt, und die Liquidität kehrt auf den Terminmarkt zurück. Ein großer Teil des Optimismus ist auf China zurückzuführen, das in den ersten sechs Tagen des Mondneujahrsfestes in dieser Woche eine höhere Mobilität meldete, und die Zahl der Reisen in China sich um 120 % gegenüber dem Vorjahr gesteigert hat. Dies stimmt zuversichtlich, dass sich der weltgrößte Ölimporteur nach der Aufhebung der strengen Covid-Beschränkungen erholen wird.

Auch auf dem Ölmarkt gibt es nach einer Phase der Schwäche erste Anzeichen für eine Verknappung. Der Prompt-Spread für die globale Referenzsorte Brent – die Lücke zwischen den beiden nächstgelegenen Kontrakten – festigte sich in einem zinsbullischen Backwardation-Muster, nachdem er den größten Teil der letzten zwei Monate im Contango verbracht hatte.

Gaspreis rutscht weiter ab

Man muss auch auf den folgenden Langfristchart schauen, der zwölf Monate zurückreicht. Grob gesagt: Seit gut einem halben Jahr konnten Ölpreis und Gaspreis gut fallen. Aber wie gesagt, in den letzten Wochen trennen sich die beiden Märkte. Bei Öl hofft man auf die weltweite konjunkturelle Erholung und damit mehr Nachfrage, was den Preis am Terminmarkt zuletzt hoch drückte. Bei Gas sieht es anders aus. Wegen der Abwendung von russischem Gas und der jahrzehntelangen immensen Abhängigkeit Europas von diesem Lieferanten hat man sich letztes Jahr mit allen Mitteln und quasi unbegrenzten finanziellen Mitteln darum bemüht, auf dem Weltmarkt Gas aufzukaufen. Norwegen liefert das maximal Mögliche, so auch Lieferanten wie die USA per Flüssiggastanker. So ist Europa quasi überflutet worden mit Gas, und die Gaslager sind für diese Zeit des Jahres deutlich voller als in den Vorjahren – und das ohne nennenswerte russische Lieferungen in den letzten Monaten.

Auch das Wetter in Europa habe dabei gut mit geholfen, und könnte den Rückgang im Gaspreis demnächst noch weiter unterstützen. Denn wärmeres Wetter bedeutet weniger Heizbedarf, weniger Gasverbrauch, und mehr Gasfluss in die Lagertanks. Bloomberg schreibt zur aktuell entspannten Lage im Gaspreis: Die europäischen Erdgaspreise sind den fünften Tag in Folge gesunken, da die Aussicht besteht, dass ein seit langem geschlossenes Exportterminal in den USA noch in diesem Quartal die Lieferungen wieder aufnehmen könnte.

Die texanische Freeport LNG-Anlage, die nach einer Explosion im letzten Sommer vor kurzem ihre Reparaturarbeiten abgeschlossen hat, erhielt von den Aufsichtsbehörden die Genehmigung zur Wiederaufnahme einiger Arbeiten. Viele Analysten gehen davon aus, dass die Anlage, auf die zuvor etwa 15 % der US-Flüssiggaslieferungen entfielen, ihre Exporte etwa im März wieder aufnehmen wird.

In Verbindung mit dem überwiegend milden Wetter in diesem Winter und den Bemühungen um Energieeinsparungen trägt dies dazu bei, die historische Energiekrise in Europa nach einer turbulenten Zeit im letzten Jahr zu mildern. Europa hat seine Gasvorräte weit über dem saisonalen Durchschnitt gehalten, und die reichlichen LNG-Lieferungen aus der ganzen Welt haben die Gaspreise von den Höchstständen des letzten Jahres zurückgehen lassen, während die Inflation langsam nachlässt und die Angst vor einer Rezession schwindet.

Die Wettervorhersage für die kommende Woche, die nach dem jüngsten Kälteeinbruch bereits eine Erholung der Temperaturen ankündigt, ist laut dem Prognoseinstitut Maxar Technologies für einige Länder sogar noch wärmer geworden.

FMW/Bloomberg



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1 Kommentar

  1. Der Gaspreis müsste sich wohl auch auf den Ölpreis auswirken.

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