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Was passiert eigentlich mit den Aktienkursen, wenn die Rezession festgestellt wird? Die Historie präsentiert Verwunderliches

Wie verhalten sich Aktienmärkte vor und nach Eintreten einer Rezession?

Wir haben in den letzten Tagen und Wochen viel geschrieben über die Voraussetzungen für das Auftreten einer Rezession. Als sehr sicheres Zeichen wurde die inverse Zinskurve in den USA identifiziert, entweder in der Ausgestaltung 2jährige gegen 10-jährige US-Treasuries oder 3 Monate gegenüber 10 Jahren. Diese letzte Konstellation wurde von Larry Kudlow, Chief Economic Advisor der US-Regierung oder auch der Schönwetterbote derselben, als sicheres Zeichen der letzten 50 Jahre für eine Rezession bewertet.

Am letzten Freitag wurde der Zinssatz für die Fed Funds (der Zinssatz für die Übernacht-Ausleihe der Banken) auf dem gleichen Level gehandelt, wie die 10-jährige US-Staatsanleihe, dem bedeutsamsten Zinssatz überhaupt. Es ist aber auch Konsens, dass zwischen Invertierung der Zinskurve und Rezession ein zeitlicher Vorlauf besteht. Was passiert aber, wenn man von Seiten der statistischen Ämter die Schrumpfung offiziell ausruft?

 

Die Anomalie der Aktienmärkte oder es geht um die Zukunft

Betrachtet man die Reaktion der Aktienmärkte historisch, nach der Bestätigung, dass man in sich in einer Rezession befindet, mit all den hässlichen Begleiterscheinungen bei Produktion und Arbeitslosigkeit, so reibt man sich verwundert die Augen – es geht in der Regel aufwärts.

Der Vermögensverwalter Stephan Albrech aus Köln hat ermittelt, wie sich die Börsenkurse in Krisenjahren seit der Nachkriegszeit entwickelt haben.

Mit erstaunlichen Ergebnissen: Im Jahr 1967 ging die Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent zurück, der deutsche Aktienmarkt gewann fast 50 Prozent. 1975 schrumpfte das BIP um 0,9 Prozent, die Börse stieg um 40 Prozent. 1982 betrug das Minus beim BIP 0,4 Prozent, das Plus an der Börse gut 14 Prozent. 1993 gab es ein Minus der Wirtschaftsleistung von 0,8 Prozent gegenüber einem Plus von 47 Prozent beim Dax. 2003 ging das BIP um 0,2 Prozent zurück, der Dax legte um 37 Prozent zu.

Auch das Jahr 2009 überraschte in dieser Hinsicht. Obwohl die deutsche Wirtschaft nach dem Lehmann-Schock und der dabei ausgelösten Finanzkrise in die tiefste Rezession seit dem 2. Weltkrieg gerutscht war (minus 5%), stand am Jahresende ein Dax-Plus von 24 Prozent.

 

Die Phase vor der Rezession

Hier geschieht das eigentliche Ungemach für die Aktienmärkte.

Die Kurse geben angesichts sich verschlechternder Unternehmensergebnisse nach, in den USA im Bereich von milden 21% (1967) bis zu 53% (Finanzkrise 2009). Der Dax schrumpft sogar viel stärker, nach der Dotcom-Blase (bis 2003) um 72% und bei der Finanzkrise bis 2009 um ca. 55%.

Damit sind die bisherigen Kursverluste des Dax von 13559 Punkten (Januar 2018) bis zu seinem Dezembertief von 10300 eigentlich noch keine Rezessionskurse, selbst bei milden 30% müsste es schon deutlich unter 10000 Punkte gehen.

Deshalb dürften wir uns vor einer offiziell ausgerufenen Schrumpfung der deutschen Volkswirtschaft noch mindestens eine Stufe tiefer wiederfinden.

Wenn man die Überlegungen über das Paradoxon Rezession und Aktienkurse weitergeführt, sollten sich die „bearish“ orientierten Anleger vor allem eines wünschen – dass es noch ein Weilchen dauert, bis zum Eintritt des Rezessionsszenarios!

 

Die New York Stock Exchange im Jahr 2009

By Government of Thailand – Flickr, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=26323620



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7 Kommentare

  1. @hansen75 ,ja sexy was sie da sagen ,würde aber heissen die zb`s werden effizienter!!
    gibt aber nochwas ,der rebound ab januar läuft ohne volume force,sobald vforce kommt gehts abwärts 1.3 bis 11.3. da könnte man ein bissel den impact des quantitativen aufwands seitens der zb rauslesen. ???..

    1. War mir nicht im klaren, dass die Worte sexy sind, aber die Attraktivität liegt ja oft im Verborgenen. Bin mir da nicht sicher, ob die Zentralbanken noch viel machen können, ist halt auch eine Überproduktionskrise, da kommen Negativzinsen nicht gut und so viele Schrottpapiere zum Vergesellschaften gibt es auch nicht mehr (hat außer Umverteilung sowieso nicht viel gebracht). Und Helikoptergeld widerspricht der Agenda der Umverteilung von unten nach oben.

      Da der ursprüngliche Kommentar an die falsche Stelle gerutscht war, hier nochmal:
      Hier geht einiges durcheinander. In der Regel geht signifikanten Rezessionen ein Platzen von Spekulationsblasen voraus (z.B. 1929, 2001 und 2009). Dieses mal ist es anders, die Rezession kommt ohne vorheriges Platzen einer Blase, sie ist Folge einer realwirtschaftlichen Problematik. Wir alle wissen doch, dass das Wachstum der letzten 10 Jahre auf Basis von Zentralbanken, Schulden und Gewinnen der Finanzindustrie beruht und das diese Art des Wachstums nur temporär möglich ist und dabei die Fallhöhe ins astronomische katapultiert wird. Egal ob man die kommende Rezession nun als Schuldenkrise, Liquiditätskrise oder Überproduktionskrise deklariert, ihr wird zwangsläufig das Platzen der Blasen folgen und für diese fehlt es uns an historischen Beispielen.

      1. @Hansen75. Jetzt verwirren Sie mich aber. Was ist denn das anderes, als das Platzen einer Blase, wenn z.B. viele der BBB-Unternehmen an Bonität verlieren und Insolvenz anmelden müssen. Die Welt ist hoch verschuldet und wenn die Notenbanken nicht mehr gegendrucken wollen (können), ist die Folge das Platzen irgendeiner Schuldenblase. Vor 10 Jahren waren es die Hausbesitzer, die sich hoffnungslos mit Schulden für ihre Immobilien überhäuft haben, dazu die Banken, jetzt haben viele Unternehmen sogar Schulden aufgenommen, um eigene Aktien zurückzukaufen. Blase bleibt Blase, egal für welches Asset sie sich aufgebläht hat. Und Überschuldungen von Staaten und Unterrnehmen sind praktisch „so alt wie die Menschheit“.

        1. Vielleicht habe ich da etwas nicht richtig realisiert, aber ein Platzen von Blasen zum jetzigen Zeitpunkt ist an mir vorbei gegangen. In meiner Vorstellung ist so ein Vorgang geprägt von Kettenreaktionen und in einer Welt in der Halbzombies für Zombies haften, sollten diese spürbar sein. Unternehmenspleiten für sich gehören doch seit je her dazu, so wollen es die Global Player, Oligarchen und Monopolisten. Es ist jetzt nicht so, dass ich mir das Vorstellen kann wie es ist wenn die Alles-Blase platzt, gibt da aber glaube ich schon so etwas wie einen Schwellwert bei Konkursen von Systemimmanenten Playern, auf den eine Implosion folgt. Kann aber auch Phantasie sein.

      2. sexy insofern,dass die zb tatsächlich einfluss auf die realwirtschaftliche rezession hätten.das wäre nämlich neu.mir fallen statements von blankfein ,janet yellen ein,der eine verrichtet „das werk gottes“ und sie meinte „keine krise mehr zu lebzeiten“.ich dachte ich trau meinen ohren nicht.bis dato haben die zb nur bankaktionären und staaten das insolvenzrisiko abgekauft. und wahre inflation von unten
        kommt ja nicht richtig,von ihnen richtigerweise als heligeld etc.beschieben. mal sehen,das muss man wohl mal genauer unter die lupe nehmen.vllt haben die ja ausser der psychologisch wirkenden zinsphantasie noch n anderen transmechanismus gefunden.zeigen meine zahlen hier aber irgendwie nicht.

  2. Wenn man so die 2019er Rally betrachtet, dürften wir uns mitten in einer Rezession befinden?.

  3. Prof. Dr. Donald Marx

    Da diskutieren wir nun herum, ob Kommentare sexy sind, oder nicht. On wir uns in einer Rezession befinden oder nicht. Am Ende interessiert das die Märkte doch nicht im Geringsten, denn die tun, was sie wollen, und das in erstaunlicher und irgendwie selbstbewusster Losgelöstheit und Unabhängigkeit.

    Einzig @Wolfgang M. bewahrt den Blick für die wahren Zukunftsrisiken. Deshalb auch ein Tipp an @Hansen75, keiner spricht von bereits geplatzten Blasen zum jetzigen Zeitpunkt, weil das Ereignis logischerweise in der Zukunft liegen dürfte.

    Aktuell haben wir es mit Politikern und Börsen zu tun, die mehr denn je jegliche Realitäten leugnen und kompromisslos entscheiden, wie immer ihnen der Sinn danach steht. Als Beispiel seien das vollendete Chaos in Großbritannien mit den entsprechenden Kursentwicklungen an den Devisenmärkten oder die völlig ignoranten EU-Entscheidungen zu Uploadfiltern genannt.

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