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Höher und länger wird zum Basisszenario Was, wenn die Fed die Zinsen auf eine Rate von 6 % erhöht?

Die gestrigen Aussagen des Fed-Chefs vor dem Ausschuss des US-Senats sorgten an der Wall Street für Ernüchterung. Jerome Powell präsentierte sich dabei falkenhafter als es der Markt erwartet hatte. Er unterstrich noch einmal, dass der Kampf gegen die Inflation noch ein langer Weg ist. Im Gegensatz zu vorherigen Reden verzichte er fast gänzlich auf das Wort „Disinflation“ – er nutzte es nur einmal im Zusammenhang mit dem Service-Sektor. Angesichts der jüngsten robusten Wirtschaftsdaten sowie den hohen US-Inflationsdaten dürfte die Endrate der Zinsen wahrscheinlich höher als zuvor erwartet ausfallen. Auch die Wahrscheinlichkeit eines großen Zinsschrittes von 0,5 Prozentpunkten auf der kommenden Sitzung hat sich sprunghaft auf 72% erhöht. Dadurch wird die Aussicht auf einen US-Zinssatz von 6 % plötzlich so real, dass die Händler an der Wall Street ihre Strategien überdenken müssen.

Zinsen von 6% – Anleger müssen umdenken

Wie Bloomberg berichtet, gehören BlackRock Inc. und Schroders Plc zu denjenigen, die sich in die Debatte darüber einschalten, was passieren wird, wenn die US-Zinsen einen Höchststand von 6 % erreichen. Noch Ende Februar forderten die Anleger an den Anleihen-, Aktien- und Devisenmärkten ein Ende der Zinserhöhungen und rechneten mit einer breiten Rallye in der zweiten Jahreshälfte.

Stattdessen schürt die Aussage des Vorsitzenden der Federal Reserve, Jerome Powell, am Dienstag die Erwartung einer stärkeren Zinserhöhung in diesem Monat. Mittlerweile haben Händler ihre Erwartungen angepasst. Die Spekulanten an der Wall Street tippen nun auf einen Spitzenwert von 5,6% – Ende letzten Jahres lag dieser noch unter der 5-Prozent-Marke. Der Dollar ist wieder im Aufwind, während die Aktienmärkte, vom S&P 500 Index bis zum MSCI Asia Pacific, ihre Gewinne wieder abgeben.

Angesichts des robusten Arbeitsmarktes und der hartnäckigen Inflation „denken wir, dass es eine erhöhte Wahrscheinlichkeit gibt, dass die Fed die Fed Funds Rate auf 6 % bringen und dann für einen längeren Zeitraum dort halten muss, um die Wirtschaft zu verlangsamen und die Inflation auf nahe 2 % zu bringen“, sagte Rick Rieder, Chief Investment Officer für globale festverzinsliche Wertpapiere bei BlackRock, in einer Notiz vom Dienstag.

Die Fed muss mehr tun

Die jüngste Botschaft der Federal Reserve bereitet die Bühne für eine erneute Anhebung der Leitzinsen um einen halben Punkt und steht in deutlichem Gegensatz zu der milderen Haltung der Zentralbanken in Australien und Kanada. Sie schürt auch die Angst vor einer harten Landung der US-Wirtschaft, da der Anleihemarkt die wachsende Wahrscheinlichkeit einer Rezession ankündigt.

Swap-Händler rechnen nun mit einem vollen Prozentpunkt an Zinserhöhungen der Fed in den nächsten vier Sitzungen.

„Ein Endsatz von 6 % ist jetzt nicht mehr ausgeschlossen“, sagte Kellie Wood, stellvertretende Leiterin des Bereichs Fixed Income bei Schroders Plc in Australien. „Wir erwarten heute einen breit angelegten Ausverkauf an den australischen und asiatischen Märkten“.

Fed-Politik und die Invertierung der Zinskurve

In den USA zeigt der Abstand zwischen 2- und 10-jährigen Renditen zum ersten Mal seit 1981, als der damalige Fed-Vorsitzende Paul Volcker Zinserhöhungen durchsetzte, um die zweistellige Inflation zu bekämpfen, einen Abschlag von mehr als einem Prozentpunkt. Der Renditeinversionsindikator hat im Laufe der Jahrzehnte Rezessionen im Gefolge aggressiver Straffungskampagnen der Fed vorweggenommen.

Die Rohstoffwährungen sind angesichts der wachsenden Aussichten auf eine US-Rezession zurückgegangen, und der australische Dollar ist am Dienstag um 2 % gesunken. Der Bloomberg Dollar Spot Index kletterte am Mittwoch auf den höchsten Stand seit Anfang Januar, nachdem er am Vortag um 1 % gestiegen war. Der Yen nähert sich wieder der Marke von 140 Punkten gegenüber dem Dollar.

„Vor der Anhörung von Powell waren wir gestern Abend eher geneigt, USD/JPY um die 137-138-Marke herum zu shorten – ich denke, wir halten uns damit zurück, da die Fed-Endzinsen sehr wahrscheinlich auf 6 % zusteuern“, sagte John Bromhead, Währungsstratege bei Australia & New Zealand Banking Group Ltd.

Auswirkung der hohen Zinsen auf Schwellenländer

Die Rhetorik der Fed könnte die Aussichten für die Vermögenswerte der Schwellenländer verschlechtern, nachdem Pekings bescheidenes Wirtschaftswachstumsziel Anfang der Woche die Hoffnungen auf eine Wiederaufnahme der Eröffnungsrallye, die den globalen Märkten zuvor Auftrieb gegeben hatte, zunichtemachte. Der südkoreanische Won, ein Indikator für die Risikostimmung in Asien, sank am Mittwoch um 1,8%.

„Höher und länger wird zum Basisszenario, und wenn dieses Szenario eintritt, dürften die Schwellenländer darunter leiden“, sagte Brendan McKenna, Stratege für Schwellenländer bei Wells Fargo in New York. „Die Märkte haben wirklich auf eine frühe Pause der Fed und Zinssenkungen in diesem Jahr gehofft, aber dieses Szenario ist bisher nicht eingetreten.“

Dennoch sehen einige Anleger Kaufgelegenheiten an den Aktienmärkten.

„Wir gehen davon aus, dass die zyklischeren und billigeren Märkte Nordasiens bevorzugt werden und sich die Rotation weg von Südasien fortsetzen wird“, sagte Sat Duhra, Fondsmanager bei Janus Henderson Investors. „Schließlich erscheinen die höherwertigen Technologietitel in Nordasien, insbesondere Halbleiter, von der Bewertung her allmählich attraktiv, und es handelt sich um einen Sektor, der an einer Erholung der Erträge in vollem Umfang teilhaben dürfte.“

FMW/Bloomberg

The Marriner S. Eccles Federal Reserve building in Washington, DC, US, on Sunday, Jan. 29, 2023. The Federal Reserve chair, who last week tested positive for Covid-19, still plans to hold an in-person press conference following a meeting of the rate-setting Federal Open Market Committee. Photographer: Samuel Corum/Bloomberg


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10 Kommentare

  1. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Wenn die FED wirklich die Zinsen wieder auf 6,5 Prozent erhöht ( Niveau der Jahrtausendwende) und gleichzeitig die Bilanz weiter reduziert, dann platzt die Blase!

    Bisher gehen die Märkte aber nur noch von maximal zwei klitzekleinen Zinserhöhungen zu jeweils 0,25 Prozent aus, die Anleihemärkte.

    Das sieht man an den Renditen, wobei die 6 Monatige dort die höchste Verzinsung erreicht und dann langsam abfällt.

    Die FED Fund Futures kann man nicht ernst nehmen. Die standen 2000 auch mal bei 8 Prozent und in Wirklichkeit war bei den von mir oben erwähnten 6,5 Prozent Schluss!

    Aber nun zur Sache: Nach den folgenden zwei klitzekleinen Zinserhöhungen zu jeweils 0,25 Prozent im März und Mai würde der gesamte Zinssatz in einer Range von 5,00 bis 5,25 Prozent feststecken.

    Dann aber würde sich der politische Druck aus Washington und der finanzpolitische Druck aus New York bemerkbar machen.
    Im Ganzen würde selbst dieser, auf den ersten Blick, sehr hohe Zinssatz von über 5 Prozent keine Gefahr für die Aktienmärkte darstellen, da die FED Bilanz immer noch sehr groß ist.

    Denn im Hintergrund, im Stillen und Verborgenen tritt die FED immer noch als Käufer auf, indem sie alte Anleihen durch neue ersetzt.

    Eine signifikante Renditeerhöhung ergäbe sich erst, wenn die FED die Bilanzreduktion signifikant erhöht und zwar um mindestens 50 Milliarden US-DOLLAR monatlich zusätzlich!

    „Bilanz vor Zinsen “ lautet daher das Motto der künftigen 6 bis 12 Monate!

    Die Aktienmärkte wiederum setzen auf den sogenannten Basiseffekt! Dieser ergibt sich aus den recht hohen Inflationsraten des Vorjahres und der kommenden Globalisierung durch die neue China- Post- Covid Öffnung.

    Sie setzen also darauf, das sich die Teuerung durch den sogenannten Basiseffekt weiter reduziert und gleichzeitig China die Wirtschaft wieder öffnet, so das die Billig- Produkte Amerika wieder überschwemmen.

    1. Hallo Herr Schaarschmidt, bei dem letzten Punkt bin ich mir noch nicht so sicher, ob das wirklich so kommen wird…ich glaube persönlich, dass die USA versuchen werden den Produzenten China so weit wie möglich zurückzudrängen und in anderen Ländern produzieren zu lassen…wenn man sich mal vorstellt, dass die Einkünfte der Amis jetzt aktuell steigen und irgendwann dann bei den Produzenten ein echter Konkurenzkampf zwischen China, Indien, etc. entsteht, mit den dazugehörigen Dumpinglöhnen, dann kann man sich jetzt schon ausrechnen, wie hoch die Gewinnmargen sein werden für die Unternehmen…aber das wird alles noch etwas Zeit in Anspruch nehmen…

  2. Und der Markt ist gefallen, aber nur ein wenig. Heute schon wieder leicht im Plus.
    Aus „stell dich nicht gegen die Fed“ wird „nimm die Fed nicht mehr ernst“.

    1. @Columbo, das ist eine technisch erwartbare Gegenreaktion, weil kurzfristig überverkauft..Du wirst erleben, dass die Märkte die Fed noch sehr ernst nehmen werden..

      1. Ja das hoffe ich. Warte auf Einstiegskurse.

        1. ..die werden kommen, Columbo. Grüsse nach Südtirol

          1. Danke, Grüsse zurück.

  3. Wenn die FED die Zinsen auf 6 Prozent erhöht, dann wird etwas kaputt gehen.

    Wie wäre es mit der europäischen Währungsunion.

    Die EZB müsste der FED wohl oder übel folgen, damit der Euro nicht gegenüber dem Dollar zu stark abwertet. Eine zu starke Euro Abwertung würde die Inflation im Euroraum begünstigen, da wir unsere Rohstoffe bzw. maßgeblich unser Importe in Dollar bezahlen müssen.

    Vielleicht sollte man nicht zu viel Chsh in Euro halten 😉

    1. …das stimmt natürlich…auf der anderen Seite wird die Produktion für die Amis in Europa auch preiswerter…vielleicht wird Europa übergangsweise die verlängerte Werkbank des Westens…;o)…mit den zusätzlichen Arbeitsplätzen und den Rentnern in 5 Jahren wird es keine Arbeitslosigkeit mehr geben…paradiesische Verhältnisse

      1. „auf der anderen Seite wird die Produktion für die Amis in Europa auch preiswerter“

        Bis die Produktion in Europa so günstig wie in Amerika wird, bedürfte es wohl einer massiven Abwertung des Euros, aufgrund unserer Produktionskosten (Bürokratie, Energie etc.)

        Da müsste der Euro aber noch ordentlich fallen😉

        In Amerika werden aktuell aufgrund der dort verfügbaren Subventionen Investitionen für die nächsten Jahre getätigt. Die dort errichteten Fabriken werden erstmal über die nächsten Jahre dort abgeschrieben 😉

        Uns bleibt hier nur eine paradiesische teure Energiewende, die nur mit viel viel mehr Schulden finanzierbar sein wird.

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