Wird Weihnachten bitter für viele Einzelhändler wie Walmart in den USA – aber auch in Deutschland? Seit Monaten erstaunt das Verhalten der Konsumenten in den USA: Trotz großer Inflation, einem starken Anstieg der Kreditzinsen für Verbraucher und einem inadäquaten Lohnzuwachs seit mehr als einenhalb Jahren, ist den Verbrauchern die Lust am Shoppen noch immer nicht vergangen. Die Einzelhandelsumsätze sind in den vergangenen vier Monaten nominal zwischen null und einem Prozent gewachsen. Aber jetzt kommen am Mittwoch die neuesten Daten für den Monat Oktober und bereits vorher melden die großen Konsumriesen Walmart, Home Depot und Target ihre letzten Umsätze. Gibt es Anzeichen dafür, dass dem Verbraucher finanziell die Luft ausgeht und die Retailer selbst zu viel eingekauft haben?
Die scheinbare Resilienz der US-Verbraucher
Die immer noch niedrige Arbeitslosigkeit (3,7 Prozent) in den USA, bei einem relativ stabilen Einzelhandelsgeschäft, hat dazu geführt, dass die US-Notenbank sehr stark auf die Zinsbremse tritt, um das Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage zu verändern. Denn in den USA ist die opulente Nachfrage der Konsumenten zu 52 Prozent für die ausgeuferte Inflation verantwortlich, anders als in Europa. Wo dieser Anteil nur 24 Prozent beträgt und man sich insbesondere explodierten Energiepreisen ausgesetzt sieht.
Deshalb hatte Fed-Vize Lael Brainard noch am 11. November bei der Vorstellung des „Stability Reports“ festgestellt:
„On aggregate households and businesses have maintained the ability to cover debt servicing despite rising interest rates.“
Kurz: Die Haushalte und Unternehmen haben ihre Fähigkeit zur Schuldendeckung trotz steigender Leitzinsen bewahrt. Fragt sich nur, wie lange noch?
Weihnachten: Ein ungesunder Cocktail bedrängt den US-Konsum
Heute kommen die Unternehmenszahlen von Walmart und in der Folge von weiteren Einzelhändlern und damit auch deren Ausblicke auf die nahe Zukunft – dem bevorstehenden Geschäft für Weihnachten. So sprach man branchenintern schon seit Monaten vom sogenannten „Bullwhip“-Effekt bei Einzel- und Großhändlern, die im Zuge der Lieferengpässe mehr bestellt hatten, als eigentlich benötigt. In der Hoffnung, dann wenigsten einen Teil davon geliefert zu bekommen. Mit dem Ergebnis, so dass die Lager nach Rückgang dieser Probleme zu voll wurden – mit jetzt erkennbarem Druck auf die Margen.
Hierzu eine Übersicht, die das Problem im Handel vor Weihnachten verdeutlicht, den starken Anstieg alter Waren:
Müssten da nicht Rabatte gewährt werden, damit die Lager wieder aufnahmebereit werden, für saisonal übliche Waren? Welche Folgen hat dies für die Unternehmen selbst, die bei der Liquidierung dieser Bestände Margendruck erfahren müssten. Wie wird sich dies auf die Inflation bei Gütern weiter auswirken?
Noch hält der Konsument dagegen – mit Kreditaufnahme und Sparverzicht
Nichts verdeutlicht die derzeitige Entwicklung deutlicher als diese Übersicht der FRED. Die Kreditkartenschulden explodieren, während gleichzeitig das Sparniveau erodiert:
Kein Wunder, schließlich haben die Amerikaner bereits seit 19 Monaten negative Realeinkommen, die Sparquote sank auf das niedrigste Niveau seit 2008, gleichzeitig steigen die Zinsen für Konsumentenkredite weiter in die Höhe. Wie die Übersicht aus dem Tweet von Charlie Bilello verdeutlicht – Zinsen auf Kreditkarten – to the moon:
Konsumzurückhaltung, erst recht für Deutschland
Dass die beschriebene Thematik keine USA-spezifische darstellt, zeigen Daten des Deutschen Handelsverbandes, die Ende/Oktober eine Befragung unter Unternehmen zum bevorstehenden Weihnachtsgeschäft durchgeführt haben.
Das Ergebnis der Erwartungen:
Deutlich besser: 0 Prozent
Besser: 5 Prozent
Weder noch: 24 Prozent
Schlechter: 50 Prozent
Deutlich schlechter: 20 Prozent
Was auch schon Umfragen bei den deutschen Verbrauchern ergeben hatten. Man will bei den Ausgaben für Weihnachtsgeschäfte den Gürtel enger schnallen, selbst beim Weihnachtsessen soll es bescheidener zugehen.
Fazit
Wenige Tage vor Thanksgiving endet die US-Berichtssaison mit den Quartalsberichten der US-Konsumriesen Walmart, Target und Home Depot. Die spannende Frage lautet: Sehen wir nach den Warnungen von FedEx und Amazon vor einem schwächeren Weihnachtsgeschäft auch schon erste Auswirkungen im Handel? Außerdem: Wie hat sich die Lagerhaltung der Großkonzerne nach ihrer Corona-bedingten Flaute entwickelt? Bahnt sich bereits eine margenfeindliche Rabattschlacht an?
Starke Inflation entwickelt sich immer in Spikes, dies hatte ich bereits in früheren Artikeln thematisiert und dabei diese Langzeitgrafik gezeigt. Zumindest in Industriestaaten und wenn es nicht zur Hyperinflation (durch Lohn-Preis-Spiralen) kam. Weil sich das Teuerungsniveau zurückgebildet hat, wenn die Kaufkraft der Verbraucher schwand und die Notenbanken das Kapital parallel dazu verteuerten:
Sehen wir über den Rückgang der US-Konsumnachfrage bald wieder eine solche Entwicklung?
Was wiederum Einfluss auf die Geldpolitik der US-Notenbank haben dürfte. Da kann man seitens der Notenbank noch so viel verbal feuern „Höre nicht darauf, was die Fed tun will, sondern….!“, weil es in der 70-Prozent US-Ökonomie eben der Verbraucher ist, um den es geht. Natürlich verbunden mit der Stabilität des US-Arbeitsmarkts, in einem Land ohne große stützende Sozialsysteme. Ansonsten wäre man nach dem Corona-Schock 2020 auch nicht in Panik zu solchen Summen bei der Stützung des Verbrauchers (Helikopterschecks, opulente Arbeitslosenunterstützung) gekommen.
Deshalb die nicht sehr spekulative These: Wenn der US-Konsum schwächelt, dürfte auch die Fed schwach werden. Die Antwort darauf wwerden wir von Walmart und anderen Firmen im Geschäft mit Weihnachten sehen..
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