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Weizen: Markt-Verwerfungen – droht neuer arabischer Frühling?

Der Ukraine-Krieg zieht immer größere Kreise und trifft vor allem Länder wie Ägypten hart

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Die Ukraine-Krise zieht immer größere Kreise und trifft vor allem Länder wie Ägypten hart: Seit Kriegsbeginn ist der Preis für einen Kontrakt Weizen an der CBOT (Chicago Board of Trade) von 882 US-Dollar auf über 1350 US-Dollar gestiegen. Das war nur knapp unter dem Allzeithoch vom Februar 2008. Nach sieben Tagen in Folge mit steigenden Kursen konsolidiert der Markt nun seit Dienstag. Eine Entspannung an den Terminmärkten scheint vorerst aber noch nicht in Sicht.

Weizen CBOT

Grafik: Weizen CBOT auf Monatsbasis – Ägyptisches Pfund (EGP/USD)

Ukraine-Krieg und Weizen – neuer arabischer Frühling?

Der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland beunruhigen die Akteure am Rohstoffmarkt. Russland ist der größte Exporteur von Weizen mit 17,7 Prozent, die Ukraine belegt Rang fünf mit acht Prozent Weltmarktanteil. Durch den Krieg ist zudem der Hafen von Odessa geschlossen. Odessa ist der wichtigste Exporthafen für Weizen aus Russland, der Ukraine und den Staaten der ehemaligen UdSSR. Weizen ist als Rohstoff eine logistische Herausforderung. Größere Mengen sind nur per Schiff zu transportieren, die Binnenschifffahrt über Flüsse bis zu den Exporthäfen ist von herausragender Bedeutung. Der Ausfall von Odessa hätte auf längere Sicht katastrophale Folgen für die Versorgung mit diesem wichtigen Grundnahrungsmittel.

Während sich heimische Produzenten über den gestiegenen Weizenpreis freuen, schließlich erhöht er ihre finanziellen Erlöse beträchtlich, kämpfen weiterverarbeitende Betriebe und Weizen Import-Länder mit den gestiegenen Kosten. Jörg Reisenweber, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, sagt in einem Interview, „die Verbraucher sollten sich nicht nur auf höhere Mehl- und Brotpreise einstellen, sondern auch auf höhere Preise für Bier, tierische Produkte (Futtermittel), Fleisch, Milch und Käse.“

Die Ägyptische Regierung meldete am 10. März über das Ministerium für Versorgung und Binnenhandel sogar ein Exportverbot für Weizen und anderen Grundnahrungsmitteln. Dieses Verbot gilt ab dem 11. März zunächst für die nächsten drei Monate und umfasst die Grundnahrungsmittel Linsen, Mehl, Weizen, Nudeln und Ackerbohnen. Die Regierung unter Abd al-Fattah as-Sisi, ohnehin nicht gerade populär in Ägypten, hat offenkundig Sorge vor einer Wiederholung der Ereignisse aus dem Jahr 2011, als der arabische Frühling den damaligen Regenten Mubarak durc hinweg fegte.

Ägypten, in der Antike die Kornkammer Roms, ist weltweit größter Weizenimporteur. Ägypten ist aber auch der viertgrößte weltweite Exporteur von Weizenmehl.

„Wenn sie kein Brot haben, sollen sie doch Kuchen essen“ – Jean-Jacques Rousseau

Weizen ist in Ägypten ein wichtiger strategischer Rohstoff, denn Brot ist das Hauptnahrungsmittel für die ärmere Bevölkerung. Rund 40 Prozent der 92 Millionen Ägypter müssen täglich mit einem Dollar oder weniger auskommen. Grundnahrungsmittel werden seit mehreren Jahrzehnten in Ägypten subventioniert. Präsident Gamal Abdel Nasser hatte dies in den fünfziger Jahren erlassen, um den Armen den Aufstieg in die Mittelklasse zu ermöglichen. Heutzutage sichert ein günstiger Brotpreis den sozialen Frieden. Die Ägyptische Regierung ist in Sorge über die Entwicklung in der Ukraine und Russland, denn 80 Prozent ihres Getreideimports stammt aus diesen beiden Ländern. Schließlich war eine der Hauptforderungen der Revolutionäre im Januar 2011 „Brot, Freiheit und soziale Gerechtigkeit“. Droht einer neuer arabischer Frühling?

Ägypten versucht zwar seit Jahren, durch die Erschließung von neuem Ackerland die eigene Weizenproduktion zu steigern. Aber ein Drittel der Ernte geht durch Transport und falsche Lagerung verloren.

Beobachtet man die meteorologischen Vorhersagen, drohen dieses Jahr zumindest wenig Ernteausfälle:

Weizen Wetter
Grafik: https://cropmonitor.org/

Die Reaktion der Ägyptischen Regierung könnte Nachahmer finden und die Lage an den Rohstoffmärkten weiter verschärfen. Dies würde unweigerlich den Druck auf die Preise von Weizen erhöhen und die Inflation weiter anheizen.

Das Thema weltweite Ernährung ist hoch brisant und birgt enormen sozialen Sprengstoff. Aktuell beraten die G7-Agrarminister in Berlin per Videokonferenz über die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die weltweite Ernährung. An den Gesprächen sollen auch der ukrainische Ressortchef Leschenko sowie internationale Organisationen teilnehmen. Auch die Pflicht zur Stilllegung von vier Prozent der Ackerfläche ab 2023 in Deutschland wird aktuell neu diskutiert. Die FDP-Bundestagsfraktion hat in einem Positionspapier angeregt, die Zwangsbrache auszusetzen, um Europas Produktionskapazitäten kurzfristig in diesem Jahr zu steigern. Frankreich und Deutschland belegen nämlich in der Top Ten der größten Weizenexporteure den vierten und den sechsten Platz.



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2 Kommentare

  1. Für eine Unze Gold hat man hystorisch immer etwa 300 bis 400 Brote bekommen, eine Person beim Herrenausstatter voll einkleiden können, oder für 2 Gramm Gold hat man immer Sandalen der besten Qualität bekommen.
    Im Moment bekommt man aber etwa 600 Brote für eine Unze.
    Was stimmt da nicht?
    Ist der Goldpreis zu hoch, oder der Brotpreis zu niedrig?
    Ich vermute, bald wird man gerade mal wieder etwa 300 Brote für eine Unze bekommen.

    Brotpreis in Deutschland | Statista

    https://de.statista.com/statistik/daten/studie/425381/umfrage/brotpreis-in-deutschland/

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  2. Statista, Brot 2016 2,43 EURO.
    Gold Ca. 1819 Euro/Unze, 17.01. C.a. 1600.
    748 Brote zu 658.
    Alles Relativ. Discounterbrote drücken den Durchschnittspreis.
    Discounter gibt’s historisch noch nicht lang. Müssen nicht unbedingt hohe Margen, wenn überhaupt haben.
    Sind auf jeden Fall gut ,den letzten Bäcker, das Handwerk zu legen.
    Dann haben wir A gescheits Roggensauerteigbrot mit A Weng an Weizenanteil und a bisserl Hefe, kg um 3 bis 5 Euro vom Bäcker, kommt drauf an Obst in Mittelfranken oder in Frankfurt kaufst. Dann kumma so auf 600 Brote oder 360 Brote bei 1800 Goldpreis.
    Wenn ob ER etz des Gold auf x fällt, oder steigt, dann………i kunn nämmä.

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