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Weltwirtschaft: Warum der Rebound trügerisch ist

Und es droht auch noch von anderer Seite Ungemach für die Aktienmärkte: Die angekündigten Aktienrückkäufe sind seit Jahresbeginn bis Mitte Mai um fast 80 Prozent rückläufig. Auch die Kürzung und Aussetzung von Ausschüttungen schmälert die Attraktivität von Dividendentiteln. Noch ignorieren die Märkte zudem die Entwicklung bei den Unternehmensgewinnen, die diametral entgegengesetzt zu den Aktienkursen verläuft. Schließlich handelt man an der Börse die Zukunft, die man sich bis dato schönredet und die getragen wurde von der Notenbankliquidität. Doch wenn die Fiskalpolitiker nun in Streit über das weitere Vorgehen verfallen oder der Sparfetischismus in Deutschland wieder Platz greift, dann rückt diese ach so rosige Zukunft plötzlich in weite Ferne und muss zumindest temporär wieder ausgepreist werden.

Der große Weiße Elefant

Der eigentliche Lackmustest für die Weltwirtschaft ist jedoch die Verschuldung. Vor allem, wenn man bedenkt, dass im Zuge der Covid-19 Pandemie weltweit Hilfsprogramme im Volumen von bislang 15 Billionen US-Dollar aufgelegt wurden. Diese Summe, die aus den digitalen Notenpressen der Zentralbanken bereitgestellt wird, entspricht 17,3 Prozent der gesamten Weltwirtschaftsleistung des Jahres 2019 in Höhe von 86,6 Billionen US-Dollar. Da ein Großteil dieser zweistelligen Billionensumme als Darlehen vergeben wurde, nimmt die ohnehin rekordhohe Verschuldung von öffentlichen Haushalten, Unternehmen und privaten Haushalten dramatisch weiter zu.

Gemäß dem jüngsten Report „Global Debt Monitor“ des Institute for International Finance (IIF) stieg die weltweite Verschuldung bereits vor der Corona-Krise in allen Sektoren im letzten Jahr um über 10 Billionen US-Dollar auf über 255 Billionen US-Dollar an. Mit 322 Prozent des globalen BIP war die weltweite Verschuldung damit bereits zum Ende letzten Jahres um 40 Prozentpunkte und damit um 87 Billionen US-Dollar höher als zu Beginn der Finanzkrise 2008. Da die geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen zur Minderung der ökonomischen Folgen der Pandemie noch in vollem Gange sind, wird die weltweite Schuldenlast im Jahr 2020 dramatisch weiter ansteigen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) geht in seinem „World Economic Outlook“ momentan von einer Schrumpfung der Weltwirtschaft im Jahr 2020 von drei Prozent aus, was die Relation zwischen BIP zu Schulden zusätzlich erhöht und damit auch den Refinanzierungsbedarf, der wie ein Staubsauger die Liquidität von den Kapitalmärkten abzieht.

Die Bruttoemission von Staatsanleihen stieg im März 2020 auf ein Rekordhoch von über 2,1 Billionen US-Dollar, mehr als das Doppelte des Durchschnitts von 0,9 Billionen US-Dollar für den Zeitraum von 2017 bis 2019. Die Devisenschulden in den Schwellenländern übersteigen bereits die Marke von 5,3 Billionen US-Dollar. Das IIF spricht eine deutliche Warnung vor einer heraufziehenden Schwellenländer-Schuldenkrise aus: „Bis Ende 2020 werden weltweit über 20 Billionen US-Dollar an Anleihen und Darlehen fällig. Davon 4,3 Billionen US-Dollar in Schwellenländern. Die Schwellenländer müssen bis Ende 2020 Devisenschulden in Höhe von 730 Mrd. USD refinanzieren“.

Fazit und Ausblick

Im Grunde hat die Covid-19-Seuche die Ungleichgewichte und die Überschuldung der Weltwirtschaft offengelegt und massiv verstärkt. Auf Basis dieser Tatsache ist die Erwartung einer schnellen und vollständigen Erholung der Weltwirtschaft illusorisch. Viel mehr hievt das SARS-CoV-2-Virus die Probleme der Weltwirtschaft auf ein neues Niveau. Die Gegenmaßnahmen der Geld- und Fiskalpolitik werden dementsprechend immer „unkonventioneller“. Für die Aktienmärkte bedeutet dies einen holprigen Weg: Die Notenbanken mit geladenen Bazookas und unendlich viel monetärer Munition stehen bereit, doch die Fiskalpolitiker zögern noch, den Schießbefehl zu geben. Vielleicht, weil sie ahnen, dass dies das letzte Gefecht des Kapitalismus heutiger Prägung wäre.



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3 Kommentare

  1. Mindestens das von Politikern dauernd erwähnte Fachkräftemangel- Problem wäre somit gelöst.War aber schon vorher keines, hat man doch die wirklichen Fachkräfte über 55jährig schon vorher ausgemustert.
    Jetzt kann die Limite dann noch tiefer gesetzt werden, dann können die 25bis45 Jährigen Alles erwirtschaften u.bezahlen, Zum Glück hat man das Gelddrucken erfunden, wer war eigentlich der geniale Erfinder ?

  2. Bei einem Glas Wein (ich wohne in einer anderen Zeitzone) wird mir ganz schwindelig bei diesen Zahlen. Die Katastrophe scheint wirklich vorprogrammiert zu sein. Irgendwie scheinen die handelnden Akteure das noch nicht realisiert zu haben, oder etwa doch? Die Kapitulation, d.h. die Inflations-Bombe, wird irgendwann kommen, die Frage ist nur wann. Ich denke mal, dass sich die Politiker & Notenbanker damit noch etwas Zeit lassen werden. Na dann, Prost! :-)

  3. Viele „liberale“ sprechen ja von einer sozialistischen Geldwirtschaft. Aus meiner Sicht ist das so nicht richtig. Tatsächlich sehen wir eher eine Rückkehr feudaler Strukturen. Unter diesen Bedingungen kann die Wirtschaft nicht wachsen, denn in feudalen Strukturen wird der Masse die Kaufkraft entzogen. Die zunehmende Vermögenskonzentration erzeugt dann ein Race to the bottom.

    Um das zu verhindern, bleibt den Staaten nichts anderes übrig, als die Massenkaufkraft hoch zu halten. Dazu werden aktuell alleine in Frankreich, Spanien, Deutschland und den USA etwa 100 Millionen Einkommensbezieher mit staatlich gedrucktem Geld alimentiert. Plus die 100 Millionen die noch an ihnen dran hängen, bzw. sonst über deren Abgaben finanziert werden.
    Nur so kann man überhaupt eine Basis der Wirtschaft erhalten. Und das wird so lange notwendig sein, bis sämtliche einschränkenden Maßnahmen wieder aufgehoben sind.

    Die aufgehäuften Schulden sind nicht abtragbar, denn Feudalisierung und Zombifizierung der Wirtschaft verhindern ein ausreichendes Wachstum. Also bleiben die Zinsen langfristig bei 0.
    Obwohl damit die Geldvermögen real entwertet werden, reicht das nicht. Denn die Entwertung ist langsamer, als der Neuschuldenaufbau.

    Schulden kann man nur auf zwei Arten abbauen:
    1. Der GLÄUBIGER gibt sein Geld für noch zu produzierende Güter aus, wodurch der Schuldner die Transaktion schließen kann (Schuldenabbau = Geldvermögensabbau)
    2. Die Schulden werden in irgend einer Form gestrichen (Inflation, Abwertungen, Schuldenschnitte)

    Egal welchen Weg man wählt, er endet immer im Desaster. Entweder im kurzen und schnellen Schmerz (was ich präferiere, denn dann kann man schnell wieder durchstarten) oder im langfristigen Siechtum. Es geht nur noch darum, wer die Schmerzen trägt. Wir können ja mal eine Wette machen, wer das am Ende ist.

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