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Wenn die Sozialausgaben deutlich stärker steigen als die Wirtschaftsleistung

Deutschland Fahne vor Bundestag

Die Sozialausgaben steigen deutlich stärker als die Wirtschaftsleistung. Ach ja? Ohhh Wunder? Das liegt natürlich an der Coronakrise? Falsch. Wir reden hier über die letzten Jahre inklusive dem Jahr 2019. Also genau die Jahre, wo die deutsche Wirtschaft brummte, und die Arbeitslosigkeit extremst niedrig war. Da hätte das Verhältnis eigentlich umgekehrt sein müssen, nämlich deutlich mehr Wirtschaftswachstum als Wachstum bei den Sozialausgaben.

Sozialausgaben wachsen schneller als die Wirtschaftsleistung

Aber nein. Bereits während der „wirtschaftlichen Blüte“ der letzten Jahre wurde das Missverhältnis sichtbar. Laut offiziellen Daten der Bundesregierung stiegen die Sozialausgaben im Jahr 2019 um 4,5 Prozent auf 1,04 Billionen Euro (erstmals wurde diese große runde Summe überschritten). Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg aber nur um 2,7 Prozent. Im Jahr 2018 stiegen die Sozialausgaben um 3,1 Prozent, das BIP ebenfalls. Im Jahr 2017 stiegen die Ausgaben um 3,9 Prozent, das BIP um 3,5 Prozent. Im Jahr 2016 stiegen die Ausgaben um 4,5 Prozent, das BIP um 3,4 Prozent. Und das Jahr 2015 brachte bei den Sozialausgaben ein Plus von 4,4 Prozent, und beim BIP waren es 3,5 Prozent.

Diese Daten beweisen: Selbst in einem konjunkturell perfekten Umfeld gab Deutschland in den letzten Jahren mehr Geld aus, als man es gleichzeitig (gemessen am BIP) erwirtschaftet hat. Und jetzt? Das Jahr 2020 wird das Verhältnis von Sozialausgaben zur Wirtschaftsleistung natürlich völlig auseinander laufen lassen. Das BIP bricht dramatisch ein in Folge der Coronakrise, und die Sozialausgaben explodieren. Deutlich mehr Ausgaben für Hartz4, für Arbeitslose etc. Und dazu kommt noch das gerade erst verlängerte Kurzarbeitergeld, welches die Sozialsysteme viel Geld kosten wird. Und da ist ja auch noch die vor der Krise verabschiedete Mindestrente, die auch noch mal oben drauf kommt. Und gleichzeitig brechen die Steuereinnahmen dramatisch ein, wie auch die Einnahmen der Sozialversicherungen, weil ja deutlich weniger Menschen während der Krise einzahlen.

Ein strukturelles Problem, auch ganz ohne Coronakrise

Wird man die nächsten Monate verantwortliche Politiker auf die große Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben hinweisen, wird es sicherlich immer heißen: Die Coronakrise ist nun mal schuld. Aber die aufgelisteten Daten zu Sozialausgaben und BIP zeigen eindeutig, dass das strukturelle Missverhältnis schon vor der Krise da war, und das sogar in rosigsten aller rosigen Konjunkturzeiten! Deutschland gibt einfach zu viel Geld aus. Es ist natürlich eine komplizierte Angelegenheit. Man gönnt natürlich den Rentnern, die ihr Leben lang gearbeitet haben, die Anhebung auf die Mindestrente. Und bei anderen Ausgabenposten kann man in jedem Einzelfall sicherlich sagen, dass genau diese Maßnahme nachvollziehbar und sinnvoll ist.

Aber betrachtet man das Gesamtbild, dann muss gefragt werden, wie all das dauerhaft bezahlt werden soll. Die USA zum Beispiel haben sich längst davon verabschiedet, für ihre Ausgaben auch wirklich etwas erwirtschaften zu wollen. Möchte Deutschland auch diesen Weg gehen? Einfach immer neue Schulden machen, und in Zukunft wird einfach immer weiter umgeschuldet? Einfach dauerhaft über die Verhältnisse leben?

Schauen wir auf folgenden Chart. Er zeigt die Entwicklung der sogenannten Sozialleistungsquote. Sie zeigt an, welcher Anteil am Bruttoinlandsprodukt für Sozialleistungen ausgegeben wird. Man sieht: 1991 lag der Anteil noch bei 25 Prozent. Dann im Zuge der Finanzkrise machte der Anteil verständlicherweise einen  Sprung von 27,3 Prozent auf 30,8 Prozent. Danach kam eine kleine Erholung im Zuge der konjunkturellen Blütephase der letzten Jahre. Aber der Chart zeigt auch: In den letzten Jahren kletterte die Quote immer weiter an auf 30,3 Prozent im letzten Jahr. Für 2020 darf man mit einem kräftigen Anstieg rechnen, aufgrund der Coronakrise. Aber nochmal: Das Problem war schon vorher da!Sozialausgaben in Relation zum BIP



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4 Kommentare

  1. Moin, moin,

    das Sozialsystem ist nicht mehr finanzierbar und das schon sehr lange nicht mehr. Da helfen auch keine weiteren Steuererhöhungen. Sonst stellen die Arbeitnehmer ihre Arbeit ein. Also wird zumindest bis zur nächsten Bundestagswahl 2021 alles benötigte Geld gedruckt. Die Ruhe großer Bevölkerungsteile muss erkauft werden. Nach der Wahl 2021 kommt m.E. die Krise richtig ins Rollen. Wer anderer Meinung als die des Regierungspalastes ist, der ist halt Rechts. Die Presse ist zum Sprachrohr der Regierung geworden. Also abwarten und sich selbst in Sicherheit bringen.

  2. Die USAltersvorsorge basiert auf einer jährlichen Rendite von ca. 8% . ( Mit Aktien und Anleihen)
    Ohne Zinsen bei Anleihen müssten jetzt also die Aktien diese Rendite alleine bringen. Da die Dividenden bei den hohen Kursen auch gegen Null tendieren, müssten die Kurse einfach alle Jahre um 8% steigen.
    Ganz einfach ,alle 12 Jahre eine Verdoppelung, d.h. S&P 500 in 2032 bei ca. 6800.

  3. Korrigenda:Da Anleihen fast Nichts mehr bringen , müssten die Aktien also über 10% jährlich rentieren.
    Kein Problem, Dollar halbieren .

  4. Ich finde einen langfristigen Anstieg um insgesamt 0,4% in 17 Jahren (2003 bis 2019) nicht unbedingt besorgniserregend. Vor allem angesichts der Tatsache, dass seit 2009 erstmals auch die Grundleistungen der privaten Krankenversicherung in Höhe von etwa 2,5% berücksichtigt werden. Somit kann man sogar konstatieren, dass die Sozialleistungsquote ohne diesen Sondereffekt aktuell (in 2019) etwa auf dem Niveau von 1995 notiert.

    Der Staatsanteil (Finanzierung durch Zuschüsse des Staates) an den Sozialleistungen ist von 38,6% im Jahr 2007 über 36,4% in 2010 auf 32,8% in 2019 gesunken, die Staatsschuldenquote seit 2010 um etwa 25%. Angesichts dieser Zahlen verwundert es dann schon ein wenig, wenn die Nicht-Finanzierbarkeit und als Folge der Zusammenbruch des Sozialsystems schwarz gemalt wird. Ein weiterer Baustein im paranoiden Gedankenkonstrukt des unabwendbaren Unterganges der „sozialistischen“ Bundesrepublik, auch wenn Zahlen und Fakten eine andere Sprache sprechen.

    Und wer diese Zahlen nicht glauben und mal wieder als linke Propaganda abtun will, gehe doch bitte auf https://www.bmas.de und suche dort nach „Sozialbudget“ oder „Sozialbericht“. Von dort scheinen auch die Zahlen und Grafiken im Artikel zu stammen.

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