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Wer CETA ablehnt, ist gegen freien Handel? Man kann es nicht mehr hören!

Wer gegen CETA ist, der ist auch automatisch für Protektionismus, so hört man es gestern nicht nur von deutschen Presseorganen, sondern aktuell auch aus Kanada. So sagt der Chef der kanadischen...

Von Claudio Kummerfeld

Wer gegen CETA ist, der ist auch automatisch für Protektionismus, so hört man es gestern nicht nur von deutschen Presseorganen, sondern aktuell auch aus Kanada. So sagt der Chef der kanadischen Handelskammer Perrin Beatty für die EU sei es wichtig das Abkommen mit Kanada zu unterschreiben, denn man dürfte nicht vor dem Protektionismus kapitulieren. Frage: Wer hat jemals von Protektionismus gesprochen? Wenn das jemand tut, dann die Briten mit ihrem Brexit. Welcher CETA-Kritiker hat jemals gesagt zwischen Kanada und der EU sollten neue Zölle eingeführt werden? Ist mir nichts von bekannt! Welcher CETA-Kritiker sagt generell sollte der Handel eingeschränkt oder sonst wie zusätzlich reglementiert werden? Dazu ist mir auch nichts bekannt!

ceta

Es ist einfach nur ein Totschlag-Argument. Der „nervige“ und „dumme“ CETA-Kritiker hat es einfach nicht gerafft, und muss daher in irgendeine negative Ecke gedrängt werden. Wenn man den Begriff „Protektionismus“ in die Runde wirft, kann man eine negative Drohkulisse aufbauen. Diejenigen die CETA ablehnen, wollen zurück ins finstere Mittelalter, Millionen Arbeitsplätze sind gefährdet, der Weltuntergang steht bevor – so kommt es einem fast vor! Entweder CETA oder Protektionismus, so einfach ist die Logik der PRO CETA-Lobby. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass wir uns jetzt „immer noch“ in einer Phase des Protektionismus befinden, wenn man die Handelsbeziehungen zwischen Kanada und der EU betrachtet?

So weit ich weiß, floriert der Handel zwischen beiden Wirtschaftsräumen auch jetzt schon, ohne CETA. Und so weit ich weiß, soll es bei CETA darum gehen „noch bestehende“ Hemmnisse und Probleme abzubauen, damit „noch mehr“ Jobs entstehen können. Bevor der Anti CETA-Protest aufkam, war bei Politik, Ökonomie und Presse nie die Rede davon, dass der bisherige Handel mit Kanada protektionistisch geprägt war. Die eindeutig linkslastige Organisation „Council of Canadians“ (irgendwas Ähnliches wie Attac?) lässt über ihre Vorsitzende Maud Barlow verkünden man sei für fairen Handel, der es Gütern und Menschen erlauben solle Grenzen zu überqueren – das aber ohne Großkonzernen Sonderrechte einzuräumen. Protektionismus oder eine Absage an den freien Welthandel hört sich irgendwie anders an.

Und die deutschen „Berufsprotestler“ wie zum Beispiel Campact in Deutschland? Auch wenn ganz böse Zungen behaupten bei denen ginge es eh nur darum Spenden reinzuholen, so listet man dort inhaltliche Kritikpunkte auf. Von einer Aufforderung den bisherigen Handel mit Kanada einzuschränken, ist dort nichts zu lesen. Auch an anderen Stellen habe ich gesucht und keine solche Aussage gefunden. Also, wo ist sie, die Forderung nach Protektionismus? Ich kann sie nicht sehen. Das kann dann wirklich nur bedeuten, dass wir uns mit dem aktuellen Handelsstatus zwischen Kanada und EU, so wie er jetzt ist, in einem protektionistischen Status befinden, richtig? Nein, falsch.

Es scheint den PRO CETA-Menschen darum zu sehen, ein negativ behaftetes Wort wie „Protektionismus“ so oft wie möglich zu wiederholen und in Verbindung mit den CETA-Gegnern zu bringen, damit unterbewusst beim neutralen Beobachter haften bleibt, dass die CETA-Gegner irgendetwas böses in Sinn haben. Denn das Wort ist ja negativ behaftet, größtenteils auch zu Recht. Wer ist schuld am momentanen Scheitern von CETA? Dazu gibt es aktuell in der Zeit einen kurzen, aber dennoch sehr interessanten Text, den man sich kurz antun sollte. Der bösen Wallonie wird die Schuld in die Schuhe geschoben, aber hier wird aufgezeigt, dass es vielleicht doch die EU selbst ist, die den aktuellen Stand der Dinge erzeugt hat.

Die Wirtschaftswoche schreibt aktuell die EU sei peinlich. Die Begründung sinngemäß zusammengefasst: Wenn alle JA sagen, warum verdammt nochmal sagt die Wallonie dann nicht auch JA? Es geht also nicht um den Inhalt, sondern darum dass man Ja sagt, weil alle außer einem selbst bereits Ja gesagt haben. Ich finde das ein bisschen dünn als Argumentationsgrundlage PRO CETA.



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12 Kommentare

  1. Törichter Populismus geschieht derzeit an vielen Stellen. Man bekommt den Eindruck, als das es nur noch um das obrigkeitshörige „Ja“-Steben ginge; Individualmeinung adé.

  2. Protektion(ismus?) = Schutz(für das eigene Land).
    Was für eine ehrenwerte Aufgabe, wenn sich das unsere Politiker auf die Fahne schreiben würden!!!
    O.k., bin da konservativ: Ein Vater oder eine Mutter beschützt die Familie vor unguten Einflüssen von Außen. Und der Staat (Vater Staat) oder die Politik (z.B. Mutti Angela, wenn man/frau es weiblich ausdrücken will) das Land ebenso.
    Weitere (Gegen)Argumente und Fragen???
    Da währe ich aber sehr gespannt!

    1. schon immer protekt.gewesen!
      Trump for ever..

      1. Wohl eher Prolet statt protekt… lol

    2. Oh ja.
      Erstens ist ein Staat keine Familie, der Staat im Kapitalismus hat wirklich gar nichts mit ihr gemein. Und wenn, wie so oft, beides so gleich daher kommt wie bei Ihnen, dann deshalb, weil jemand etwas mit der falschen Analogie im Schilde führt.
      Zweitens ist die vornehmste Aufgabe, die Vater/Mutter erfüllen können, ihre Kinder zu öffnen(!) für das, was das Leben für sie so bereit hält – sie vorzubereiten auf ein selbstbestimmtes Leben.
      Drittens sagt „zweitens“ nichts über staatlichen Protektionismus aus, siehe „erstens“.

      1. @Allan
        Ich stelle fest:
        Gut erzogen : -)

  3. Schön rausgearbeitet!

    Warum CETA so überaus wichtig scheint, dasas die Kanandier sich zum Kasper machen für die EU und auch ohne Einigung diese Woche hier auf der Matte stehen werden:

    http://www.bloomberg.com/news/articles/2016-10-24/canada-s-swelling-debt-pile-raises-questions-over-future-growth

    Alles klar!

    VG KARL

  4. Danke mal wieder.

    Solche Leute wie ihr sollten in den Bundestag – oder ins Europaparlament.
    Ach ne halt. Alles zurück. Wer macht sonst diese Seite weiter?!

  5. „…aber hier (im Artikel der ZEIT) wird aufgezeigt, dass es vielleicht doch die EU selbst ist, die den aktuellen Stand der Dinge erzeugt hat.“

    Und deshalb „Schuld“ daran ist, in der Weise, dass sie ausnahmsweise mal einer Forderung ein klein wenig nachgekommen ist. Nämlich statt alles nach eigenem Gutdünken abzuhaken, auch die noch mitreden zu lassen, die näher am Volk dran sind. Tja, hätte sie es doch mal knallhart durchgezogen. Diktatorisch könnte man ja fast nicht sagen, die wurden ja gewählt.

  6. Gut raus gearbeitet. Danke.

    Protektionismus = Totschlagargument

    Das gehört in die gleich Kategorie wie:
    Rechtspopulist, Nazi, Verschwörungstheoretiker, Fortschrittskritiker, ängstlicher Mitbürger, Rechter, Linker, Pack, Dunkeldeutscher … bitte ergänzen.

    Qualitätsmedien (wie finanzmarktwelt) benutzen Argumente und fördern den offenen Diskurs.

  7. Schaut in die ARD-dokumentation v. 21.10.15, den Stern und googelt es Euch zusammen: DIE WAHRHEIT ZU CETA:
    „WENN KONZERNE STAATEN VERKLAGEN: SO GEFÄHRLICH SIND PRIVATE
    SCHIEDSGERICHTE .
    Die Polit-Bonzen, ihrefinanztechnischen Zuarbeiter sowie die schleimige MEdien-
    Lobby veralbern uns doch. Weil ein US-Steinbruch-Unternehmen Basalt
    gewinnen wollte, sollte ein einheimisches Eskimo-Fischetrdorf in der kanad.
    Arktis einem Steinbruch mit Hafen weichen. Das wollten die Eingeborenen nicht,
    weil sie weiter Hummer, Krebse, Fische fangen wollten. Der Steinbruch wurde nicht genehmigt. Kanada wurde wurde vor Schiedsgericht verklagt und musste
    3300 Millionen Dollar zahlen.
    Dies droht auch uns mit CETA – keiner soll zukünftig sagen:“…das habe ich aber nicht gewusst“
    MfrGr Petermax

  8. Was ich nicht verstehe: Warum schließt die EU mit einen unwichtigen kleinen „Furz“ wie Kanada ein Freihandelsabkommen – welches Europa übervorteilt – wenn es relevantere Länder gibt. China beispielsweise.

    Und bitte jetzt keiner Vorteile aufführen, z. B. der VDA kann wie bisher ohne CETA/TTIP Sachen standardisieren …

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