Auch wenn man einzelnen Wirtschaftsdaten eines Monats nicht allzu viel Relevanz zuschreiben sollte (eine Schwalbe macht noch keinen Sommer), so waren die Daten zum US-Einzelhandel für den Monat Dezember schon ein kleiner Schock. Minus 1,2% und damit der stärkste Rückgang seit der Finanzkrise 2009.
Ein Erklärungsversuch
Auch wenn sich die Wirtschaftsdaten in den USA im Spätherbst etwas abgekühlt hatten, stand das Verbrauchervertrauen doch auf hohem Niveau, die Löhne waren über 3% gestiegen, die Verbraucher zuversichtlich. Dann kam die Fed mit ihrer extrem hawkishen Projektion für 2019 und 2020 – und die Aktienmärkte brachen ein (bis -19,78% beim S&P 500 am 27. Dezember). Für die US-Konsumenten, die mehrheitlich Aktionäre sind (zumindest über die Altersvorsorge), ein Grund auf die Bremse zu treten, denn zu dieser Zeit war der große Einbruch medial ein Hauptthema.
Ich hatte am 14. Januar in einem Kommentar („Das Billionen-Dollar-Risiko“) dargelegt, was ein Vermögensverlust von 20% und mehr für den Verbraucher zwangsläufig haben muss. Die Wall Street war von ihrer Gesamt-Marktkapitalisierung von über 39 Billionen Dollar ca. 20% gefallen, ein unglaublich hoher Vermögensverlust „auf dem Papier“ – was blieb den Konsumenten anderes übrig, als konsumtiv ein bisschen leiser zu treten? Eine Rezession wäre bei weiteren Kursverlusten in einer 70%-Konsumökonomie unausweichlich geworden. Die großen Geldanleger waren auch schon panisch aus dem Markt geflohen. Dann kam Anfang Januar die 180-Grad-Wende der Fed und das ganz große Unheil für die Aktionäre war erst einmal abgewendet.
Dies mein Erklärungsansatz, neben weiteren Punkten wie Government Shutdown u.w.
Die Wirkung der Chinazölle auf den US-Konsumenten
Auch wenn sich die Lage im Januar durch den besten Start seit dem Jahr 1991 deutlich gebessert hat, gibt es ein großes Damoklesschwert über den Köpfen der Konsumenten. Sollte es im Handelsstreit zwischen den USA und China zu keiner Einigung kommen, mit automatischer Zollanhebung auf 25%, würde dies gerade der US-Konsument zu spüren bekommen Die großen Handelsketten (Walmart u.Co.) beziehen über 70% ihrer Produkte aus China und hatten schon ihre liebe Mühe die 10% Zölle zu verkraften, dabei war ihnen die chinesischen Lieferanten mit Preissenkungen sogar noch entgegengekommen. Bei 25% wäre es vermutlich vorbei mit dem Kaufrausch, der Kaufkraftverlust beträfe gerade die unteren Einkommensschichten und damit viele Stammwähler Donald Trumps.
Folge: Ein sehr wahrscheinlicher Einbruch in den Einzelhandelsumsätzen
Was macht dann die Fed?
Damit verbunden wäre natürlich ein Anstieg der Inflation, die dann die Fed wiederum zwingen würde die Zinsen anzuheben – das Ende der Aktienmarktrallye.
Was man an der Wall Street immer wieder zu hören kriegt, ist, dass die wichtigsten Wirtschaftsdaten derzeit die Erzeuger- und Konsumentenpreise (PPI und CPI Numbers) sind. Diese sind derzeit am Fallen, also kann die Fed die Füße stillhalten und die Märkte haussieren. Alles Makulatur bei hohen Zöllen
Fazit
Wie ich bereits viele Male geschrieben habe, hat für den US-Präsidenten seine Wiederwahl 2020 höchste Priorität, nicht „America first“, sondern „Trump first“. Ich bin deshalb davon überzeugt, sollte es durch den Zollstreit zu rezessiven Tendenzen in der US Wirtschaft kommen, wird Trump sofort umschalten – eben aus dem oben genannten Grund. Er würde vermutlich dann die China-Hardliner Robert Lighthizer und Peter Navarro zurückpfeifen, auch das Thema „Schutz geistiges Eigentum“ sollte dann zurückgestellt werden.
Um zum eigentlichen Thema zurückzukehren. Jedwede Verschlechterung der Lage für den US-Konsumenten ist kontraproduktiv für die Chancen auf eine Wiederwahl des jetzigen Amtsinhabers. Ein alter Haudegen an der Wall Street, Art Cashin, hat das Treffen Donald Trumps mit Xi Jinping so beschrieben: „This is the beginning of the 2020 election!“
Alles in allem hat sich die Verhandlungssituation nach den neuesten Wirtschaftsdaten für Donald Trump im Zollpoker mit den Chinesen nicht gerade verbessert.
Von Gage Skidmore, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=38720271
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Danke! Alles verständlich und nachvollziehbar.
Für mich stellt sich die Frage, wie der Dollar diese Akrobatik auf der Messers Schneide ausbalancieren wird. Eventuell mit der Hilfe vom Ölpreis.