Ein genauer Blick auf China und seinen Außenhandel verdeutlicht: Trotz des Dualen Kreislaufs bleibt Chinas wirtschaftliche Unabhängigkeit ein Trugschluss. Im Gegenteil, die Handelsbeziehungen mit westlichen Märkten zeigen sich widerstandsfähig und unverändert komplex.
BRICS-Länder: Chinas und seine Exoten im Handelsmix
Ein Blick auf die Außenhandelsbilanz lässt vermuten, dass der Handel ausgeglichen diversifiziert ist. Die ASEAN-Staaten sind mittlerweile der wichtigste Handelspartner für China, gefolgt von der EU und den USA.
Nur die BRICS-Staaten fallen ab. Sie tragen 10 % zum chinesischen Außenhandel bei und sind der einzige Handelspartner, bei dem die Importe größer sind als die Exporte. Die BRICS-Staaten liefern überwiegend Rohstoffe und Agrarprodukte nach China. Brasilien exportiert hauptsächlich Sojabohnen, Eisenerz und Rohöl. Russland ist Chinas wichtigster Lieferant für fossile Brennstoffe. Indien stellt neben Erdölprodukten auch Eisenerz und Chemikalien bereit. Südafrika liefert vor allem Edelmetalle und Mineralien wie Gold und Diamanten.
ASEAN-Staaten: Chinas Weg nach Westen
Die ASEAN-Staaten sind mittlerweile der wichtigste Handelspartner für die, und der Handel zwischen den beiden Parteien hat kontinuierlich zugenommen. Die ASEAN-Staaten exportieren vor allem Rohstoffe und Agrarprodukte nach China, während China hauptsächlich Vorprodukte wie und Maschinen in die Region liefert. Diese gegenseitige Abhängigkeit hat dazu geführt, dass beide Seiten bestrebt sind, ihre Handelsbeziehungen weiter auszubauen und zu stärken.
Die ASEAN-Staaten sind nicht nur ein bedeutender Handelspartner, sondern auch ein bedeutendes Ziel chinesischer Investitionen. Im Jahr 2022 flossen 5,6% der weltweiten chinesischen Direktinvestitionen in die Mitgliedsstaaten des Wirtschaftsbundes. Der Großteil dieser Investitionen konzentrierte sich auf den Fertigungssektor, der 2022 Investitionen in Höhe von 8,21 Milliarden US-Dollar erhielt. Letztes Jahr hat China über 6.500 Unternehmen in den ASEAN-Mitgliedsländern gegründet.
Der interessanteste Punkt in dieser Handelsbeziehung ist aber die Korrelation zwischen den Importen Chinas in die ASEAN-Staaten und den Exporten der ASEAN-Staaten in die USA und die EU. Chinas Vorprodukte, die in die ASEAN-Staaten geliefert werden, unterstützen dort die Produktion von Gütern, die anschließend in westliche Märkte exportiert werden. Diese Handelsdynamik zeigt, wie tiefgreifend die globale Vernetzung ist und welche Rolle China als Lieferant von Vorprodukten für die ASEAN-Industrie spielt.
US-Politik verändert Chinas globale Handelsströme
Dies macht sich vor allem in den USA bemerkbar. In den letzten Jahren fiel der Anteil der Importe aus China von fast 22% im Jahr 2017 auf nur noch etwas über 14% im letzten Jahr, basierend auf den Daten der UN Comtrade-Datenbank. Laut der amerikanischen Außenhandelsstatistik sank der Anteil chinesischer Importe sogar auf unter 13%.
Gleichzeitig haben sich die Importe aus den ASEAN-Ländern in den letzten 10 Jahren fast verdoppelt. Neben den ASEAN-Staaten wuchsen auch die Importe aus Mexiko. Das mittelamerikanische Land hat mittlerweile China als wichtigstes Importland abgelöst. Auch hier zeigt sich – wenn auch in geringerer Ausprägung –, dass chinesische Exporte und Investitionen nach Mexiko fließen und dort weiterverarbeitet in die USA geliefert werden.
Hier zeigen sich deutlich die Auswirkungen der amerikanischen Außenpolitik. Die Sanktionen gegen China im Zusammenspiel mit dem Inflation Reduction Act (IRA) und der CHIPS and Science Act haben zu veränderten Handelsströmen geführt.
Der Weg nach Europa: China und ASEAN als Duo
Anders sieht es im Falle von Europa aus. Hier ersetzen die Importe aus den ASEAN-Staaten die Einfuhren aus China nicht, sondern ergänzen sie. In den letzten 10 Jahren hat der Anteil der chinesischen Importe in die EU kontinuierlich zugenommen, während die Importe aus den ASEAN-Staaten zwar ebenfalls leicht anstiegen, seit Anfang dieses Jahrzehnts jedoch wieder leicht rückläufig sind.
Verdeckte Abhängigkeit: Chinas wahre Abhängigkeit vom Westen
Die Analyse der Handelsströme offenbart, dass Chinas Abhängigkeit von Europa und den USA wesentlich größer ist, als es auf den ersten Blick erscheint. Während die BRICS-Staaten bei den chinesischen Exporten kaum eine Rolle spielen, fungieren die ASEAN-Staaten überwiegend als Durchlauferhitzer für die Exporte in den Westen. Rund 75% der Exporte Chinas in die ASEAN-Staaten gelangen letztendlich in die beiden wichtigsten Wirtschaftszentren der Welt – die EU und die USA. Dies bedeutet, dass nicht nur etwa 30% der chinesischen Exporte in die EU oder die USA gehen, sondern tatsächlich eher 45%.
Für die EU und die USA bedeutet dies im Gegenzug, dass sie gemeinsam eine erhebliche Marktmacht gegenüber China besitzen. Diese enge Verzahnung der Handelsströme zeigt, wie stark die globale Wirtschaft miteinander verflochten ist und wie wichtig es für die westlichen Industrienationen ist, ihre Handelsbeziehungen strategisch zu nutzen. Dies lässt sich am Beispiel der Diskussion um die Strafzölle auf chinesische Elektroautos hervorragend ablesen.
Anmerkungen:
Die Daten der Handelsströme wurden auf Grundlage der Standard International Trade Classification (SITC), Revision 4, erstellt. Das Bureau of Economic Analysis (BEA) verwendet für die amerikanische Außenhandelsstatistik das North American Industry Classification System (NAICS). Die Daten sind also nur bedingt vergleichbar. Wie in der Graphik vermerkt, der Handel zwischen China und seinen Partnern wurde auf Grundlage der Handelsstatistik des chinesischen Zolls errechnet. Der chinesische Zoll verwendet das Commodity Classification for China Customs Statistics (CCCCS), welches auf dem Harmonized Commodity Description and Coding System (HS) basiert.
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