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Machtverhältnisse verschieben sich weiter Wie China das schwache Russland ausnutzt

Die Beziehungen zwischen China und Russland haben eine bemerkenswerte Entwicklung erfahren, die eine hohe symbolische Bedeutung trägt. Ab 1. Juni kann der Hafen von Wladiwostok zur Abfertigung nationaler Güter genutzt werden kann. Dieser historische Schritt ermöglicht es China, den russischen Hafen für den Handel zu nutzen und gleichzeitig die „Ungleichen Verträge“ umzukehren, bei denen China Gebietsverluste erlitten hatte.
Gleichzeitig zelebriert Xi Jinping die weitere Annäherung der ehemaligen zentralasiatischen Sowjetrepubliken an China.

China und Russland: Die „Ungleichen Verträge“ – schmerzhafte Erinnerung im chinesischen Nationalbewusstsein

Als im Juli 2020 die russische Botschaft in China ein Video auf Weibo postete, hagelte es Proteste in der chinesischen Internetgemeinde. Nicht nur sie, sondern auch Journalisten und Diplomaten beteiligten sich an der Kritik an Russland. Mit dem Post feierte die russische Botschaft die Gründung von Wladiwostok, die sich zum 160. Mal jährte. Der chinesische Botschafter in Pakistan, Zhang Heqing, fragte: „Ist das nicht das, was früher unser Haishenwai war?“.

In der Tat war Haishenwai – uns besser bekannt als „Wladiwostok“ – bis 1858 Teil von China, genauer gesagt der Mandschurei, deren Herrscher den Kaiser von China von 1644 bis 1912 stellten. Haishenwai fiel als Teil der „Ungleichen Verträge“ an Russland.

Die „Ungleichen Verträge“ zwischen China und Russland beziehen sich auf eine Reihe von Verträgen, die im 19. und frühen 20. Jahrhundert zwischen dem Qing-Reich (China) und unter anderem dem zaristischen Russland geschlossen wurden. Diese Verträge wurden als „ungleich“ bezeichnet, da sie aus chinesischer Sicht sehr nachteilig waren und China in vielerlei Hinsicht benachteiligten.

Zu den bekanntesten „Ungleichen Verträgen“ zwischen China und Russland zählen der Aigun-Vertrag von 1858 und der Peking-Vertrag von 1860. Im Aigun-Vertrag trat China das Gebiet östlich des Amur-Flusses, einschließlich der Stadt Aigun, an Russland ab. Im Peking-Vertrag musste China weitere Gebiete wie das Ussuri-Gebiet und die Halbinsel Liaodong an Russland abtreten.

Diese Verträge führten zu einem erheblichen Gebietsverlust für China und legten den Grundstein für spätere territoriale Konflikte zwischen China und Russland. Sie waren ein Symbol für die Schwäche des Qing-Reiches und die zunehmende Einmischung ausländischer Mächte in chinesische Angelegenheiten.

Noch heute sind die „Ungleichen Verträge“ – dazu zählt auch der „Vertrag von Nanjing„, der die Abtretung Hongkongs an England und die Öffnung von Häfen für Ausländer besiegelte – eine schmerzhafte Erinnerung im chinesischen Nationalbewusstsein.

Historischer Schritt: Wladiwostok Umschlagplatz für Inner-Chinesischen Handel

Daher hat das, was sich ab dem 1. Juni ereignen wird, einen hohen emotionalen und symbolischen Stellenwert. Die chinesische Zollverwaltung gab bekannt, dass ab dem 1. Juni 2023 Wladiwostok zur Abfertigung nationaler Güter genutzt werden könne. Ebenso können laut der Zollverwaltung Güter aus und für die Provinz Helongjiang über Wladiwostok umgeschlagen werden. Wladiwostok liegt ca. 500 km von der Provinzhauptstadt Harbin entfernt, während sich der nächste chinesische Hafen Dalian ca. 950 km weiter südlich befindet.

Die Öffnung von Wladiwostok für chinesische Schiffe ist also nicht nur ein ökonomischer Vorteil, sondern es ist sozusagen die Umkehrung der „Ungleichen Verträge“: Nun hat das Reich der Mitte Zugang zu einem russischen Hafen, während Russland keinen Zugang zu einem Hafen in China hat.

Der sino-zentralasiatische Gipfel: Chinas Einfluss wächst

Und es ist ein weiteres Indiz, wie China aus der Schwächung Russlands durch den Ukraine-Krieg Nutzen zieht. Während in Hiroshima die G7 tagt, findet in der alten Kaiserstadt Xi’an das erste Treffen der zentralasiatischen Staaten Kazakhstan, Kyrgyzstan, Turkmenistan, Tajikistan und Uzbekistan mit China statt. Diese ehemaligen Sowjetrepubliken wenden sich mehr und mehr von Russland ab und mehr und mehr China zu. Nicht nur die Stadt Xi’an, der ursprüngliche Startpunkt der alten Seidenstraße, sondern auch der Versammlungsort Tang Paradise wurde mit Bedacht und hoher Symbolkraft ausgewählt. Der Tang-Paradise-Komplex ist Teil der ursprünglichen kaiserlichen Gärten.

Die wirtschaftlichen und politischen Themen, wie visafreies Reisen, die China-Kyrgyzstan-Uzbekistan-Eisenbahn und sicherheitspolitische Themen, stehen aufgrund ihrer Symbolkraft eher im Hintergrund.  Die chinesischen Medien können jedenfalls ausführlich über den sino-zentralasiatischen Gipfel berichten, während die G7 direkt vor Chinas Haustür und im Land des Erzfeindes Japans ohne Xi Jinping tagen.

China und ie Mahnung des „Goldene Zeitalter“

Allerdings mahnt gerade die Tang-Dynastie Xi Jinping, was diese zum „Goldenen Zeitalter“ gemacht hat: Der Hof in Xi’an galt als Hort der Weltoffenheit, der Bildung, der Literatur, Kunst und Wissenschaft, wo Gelehrte und Händler aus allen Herren Länder willkommen waren. Xi Jinpings China verkörpert davon nur sehr wenig.

China Russland Schwäche

Foto: kremlin.ru, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=114966557



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3 Kommentare

  1. Die Russische Föderation ist ein OPEC+-Mitgliedsland. Für die beiden G20-Mitgliedsländer Volksrepublik China und Russische Föderation gilt die UN-Charta im Zusammenhang mit einer multipolaren Außen(wirtschafts)politik(,)im Zusammenhang mit der Souveränität und territorialen Integrität eines UN-Mitgliedslandes.

  2. Tja, waere schoen, wenn sich Russland und China mal daran halten wuerden..

  3. Ein interessanter Exkurs in die Geschichte der Gebietsstreitigkeiten zwischen Russland und China.

    Mag sein daß gewisse, revanchistische Kreise in China hier offene Rechnungen mit Russland sehen. Derlei politische Strömungen gibt es aber in praktisch jedem Land dieser Erde und sind meistens Bestandteil normaler Beziehungen zwischen Ländern. Auch Mexiko oder Deutschland können hier beispielhaft ein Lied davon singen.

    Konkret glaube ich nicht daß es hier wirklich zu ernsthaften Konflikten zwischen Russland und China kommen wird. Beide Länder wissen schließlich, daß sie einander brauchen und ein sich gegeneinander ausspielen letztlich nur dritten nutzen würde.

    Dies wurde nicht zuletzt beim letzten Zusammentreffen der beiden Staatsoberhäupter in Moskau klar demonstriert.

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