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Wirecard-Debakel: EU prüft Verhalten der BaFin – ist die nur ein Papiertiger?

Mit Wirecard meldet zum ersten Mal in der Geschichte ein Dax-Unternehmen Insolvenz an. 1,9 Milliarden Euro verschwinden oder existierten nie, es gab angeblich Whistleblower-Infos an die BaFin schon 2019 uvm. Anleger verlieren Milliarden an investierten Geldern. Der Schaden für den Finanzplatz Deutschland ist komplett. Sogar Finanzminister Scholz äußerte sich gestern. Heute nun sagt die EU-Kommission, dass man prüfen müsse, ob die BaFin (sinngemäß ausgedrückt) überhaupt ihren Pflichten nachkommt. Bevor wir unseren eigenen Senf dazugeben, hier erstmal die EU-Kommission im Wortlaut:

Die Europäische Kommission hat die europäische Wertpapieraufsicht ESMA eingeschaltet, um ein mögliches Aufsichtsversagen in Deutschland im Fall des insolventen Zahlungsdienstleisters Wirecard aufzuklären. „Wir werden die ESMA bitten zu untersuchen, ob es Versäumnisse bei der Aufsicht gegeben hat, und wenn ja, ein mögliches weiteres Vorgehen vorzuschlagen“, sagte Exekutiv-Vizepräsident Valdis Dombrovskis der Financial Times. „Wir müssen klären, was da schiefgelaufen ist.“ Sollte die vorläufige Untersuchung der ESMA Mängel bei Durchsetzung der EU-Vorschriften zur Finanzberichterstattung durch die deutsche Finanzaufsicht BaFin aufdecken, solle die EU bereit sein, Konsequenzen einzufordern.

„Wenn wir die Kapitalmärkte vertiefen und die nächsten Stufen der Kapitalmarktunion vorantreiben, ist ein wichtiges Element das Vertrauen der Anleger, die in börsennotierte Unternehmen investieren“, sagte Dombrovskis der Financial Times. „Die Anleger müssen sicher sein, dass sie ordnungsgemäße und wahrheitsgemäße Informationen bekommen … und dass die Bereitstellung dieser Finanzinformationen ordnungsgemäß überwacht wird“, sagte er.

Die EU-Transparenzrichtlinie überträgt den nationalen Aufsichtsbehörden wie der BaFin klare Verantwortlichkeiten, um sicherzustellen, dass die Unternehmen ihren Verpflichtungen einer korrekten Finanzberichterstattung nachkommen. Die europäische Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA mit Sitz in Paris legt gemeinsame Durchsetzungsprioritäten für nationale Aufsichtsbehörden fest und kann in bestimmten Fällen auch direkt in die nationale Aufsicht eingreifen.

Nur ein Papiertiger?

Was die EU-Kommission da von sich gibt, ist absolut richtig und löblich. Nur sind die EU-Aufsichtsbehörden und vor allem die BaFin eher reine Papiertiger? In der Finanzbranche ist es allgemein bekannt, dass die BaFin zum Beispiel nicht Inhalte von Verkaufsprospekten auf Richtigkeit prüft, sondern nur die formale Vollständigkeit, ob im Prospekt alle Angaben eines Emittenten vorhanden sind. Also: Die Angaben müssen vorhanden sein. Ob sie richtig sind, wird nicht geprüft. Hat die BaFin denn offiziell in den letzten Monaten irgendeine Art von Prüfung gegen Wirecard durchgeführt, nach all den Berichten der Financial Times, nach all den Gerüchten, ständigen Verzögerungen von Finanzberichten, Hinweisen von KPMG etc? Für ein besseres Verständnis, ob die BaFin grundsätzlich eher Behördentechnisch auf Formalien wert legt, oder doch prüft, drucken wir hier die letzte offizielle Mitteilung ab, die auf der Webseite der BaFin zum Thema Wirecard zu finden ist, vom September letzten Jahres (selbsterklärend, ohne weiteren Kommentar von uns):

Die BaFin hat am 15. April 2019 Geldbußen in Höhe von 1,52 Millionen Euro gegen die Wirecard AG festgesetzt. Der Sanktion lagen Verstöße gegen § 115 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 117 Nummer 2 in Verbindung mit § 115 Absatz 2 Nr. 3 des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) sowie gegen § 130 Absatz 1 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) in Verbindung mit § 115 Absatz 1 Satz 2 WpHG zugrunde. Die Wirecard AG hatte der Öffentlichkeit den Halbjahresfinanzbericht für das Geschäftsjahr 2018 teilweise nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt. Zudem hatte das Unternehmen die Bekanntmachung darüber, ab welchem Zeitpunkt und unter welcher Internetadresse der Halbjahresfinanzbericht für das Geschäftsjahr 2018 zusätzlich zu seiner Verfügbarkeit im Unternehmensregister öffentlich zugänglich ist, nicht rechtzeitig veröffentlicht.

Wirecard-Zentrale in München
Die Firmenzentrale von Wirecard in München. Foto: Leo Molatore – 0I3A2249 CC BY-SA 2.0



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