Nach dem Auslaufen der US-Berichtssaison für das zweite Quartal 2022 achten Ökonomen und Investoren vor allem auf die neuesten Signale von der Wirtschaft in den USA – kommt es zu einer Rezession? Man achtet besonders auf die Frühindikatoren, die sich nicht mit der Vergangenheit beschäftigen so wie Inflations- und BIP-Daten. Am Montag kam ein regionaler Wirtschaftsindikator, der Empire State Manufacturing Index aus dem Bundesstaat New York und dieser ist regelrecht abgestürzt. Nur ein Ausrutscher – oder ein weiteres Zeichen dafür, dass ein Soft Landing nur ein Wunsch der US-Notenbank ist?
Rezession der Wirtschaft in USA voraus? Der Empire State Manufacturing Index stürzt ab
Normalerweise sollte man volatilen Daten mit Regionalbezug nicht allzu viel Wert beimessen, aber es passt natürlich ins ganz große Bild, wenn ein Industrieparameter aus einem bedeutenden Wirtschaftszentrum so gegen Süden geht, bei gleichzeitig paralleler nationaler Abschwächung der Wirtschaft, zunehmender Lagerhaltung und sogar fallender Erzeugerpreise. Im Übrigen hatte alleine der Bundesstaat New York im Jahr 2021 mit 1,85 Billionen Dollar sogar ein etwas höheres Sozialprodukt als das Riesenreich Russland.
Hier die neueste Ausgabe des New York Empire State Manufacturing Index:
Schon heftig: Der Wert für die Geschäftsaktivitäten im Verarbeitenden Gewerbe fiel um 42,4 Punkte vom Vormonat (11,1 Zähler) auf den Negativwert von minus 31,3 Punkten. Die Erwartung lag bei einem Plus von 5,5 Zählern.
Der Drei-Monats-Durchschnitt befindet sich auch im negativen Bereich, jedoch noch lange nicht so tief wie es der Monatswert für den August zum Ausdruck bringt. Also doch nur ein Ausrutscher, für das größere Bild sollte man sich auch die anderen Frühindikatoren miteinbeziehen:
Schon seit Monaten geht es mit einigen regionalen Einkaufsmanagerindizes nach unten, so wie beim stark beachteten Philadelphia Fed Index:
Aber national, für die gesamte USA, konnte der ISM Manufacturing Index sich mit 52,8 Punkten noch deutlich über der Schwelle zum Wachstum halten, der Abschlag gegenüber dem Vormonat betrug nur 0,2 Punkte:
Fazit
Die Wirtschaft in den USA befindet sich in einer extrem angespannten Lage. Denn auch die USA sind wirtschaftlich keine Insel, es lohnt auch der Blick nach China zur zweitgrößten Wirtschaft der Welt mit kontrahierenden Produktionsziffern – oder auch noch Europa, wo die Industrieproduktion auch stark nach unten zeigt.
Hier der Einkaufsmanagerindex Industrie für Europa:
Grafik: Trading Economics
Was bedeutet dies für die US-Aktienmärkte?
Wie hatte es der Herr der US-Zinsen, Jerome Powell, in seinem letzten Statement ausgedrückt, als er betonte, dass die Federal Reserve von nun an „data dependant“ reagieren würde :
„In assessing the appropriate stance of monetary policy, the Committee will continue to monitor the implications of incoming information for the economic outlook. The Committee would be prepared to adjust the stance of monetary policy as appropriate if risks emerge that could impede the attainment of the Committee’s goals.“
Was die Sache natürlich nicht einfacher macht, denn die US-Notenbank will zweifelsohne mit aller Macht die Inflation nach unten bringen. Auf der anderen Seite wird man nicht in einer sich abschwächenden Wirtschaft zu restriktiv agieren, allen Lippenbekenntnissen zum Trotze, drei Monate vor den Midterm Elections in den USA.
Deshalb: Inflation versus Rezession, Zinshoffnungen versus Gewinneinbrüche beim S&P 500 – die Gemengelage könnte für Investoren am Aktienmarkt nicht diffiziler sein. Noch ist die Hoffnung auf ein Ende der Geldstraffungsmaßnahmen mit dem Hoffnungsschimmer eines Soft Landings am Leben. Aber viele Negativmeldungen über fallende Frühindikatoren kann der Aktienmarkt wahrscheinlich nicht mehr tolerieren.
Oder anders ausgedrückt: Wenn die Einkaufsmanagerindizes auch in den USA die Wachstumsschwelle bei 50 unterschreiten, besteht Gefahr im Verzug, weil spätestens bei 45 Punkten eine Rezession regelmäßig nicht mehr zu vermeiden war.
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