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Bisher aber keine Taten, sondern nur Worte Wirtschaftskrise in China: Peking versucht Charme-Offensive

China Charme-Offensive

Internationale Unternehmen, die in China tätig sind, reagieren skeptisch auf eine neue Charmoffensive der chinesischen Führung. Vor dem Hintergrund der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung versucht die chinesische Regierung, das Vertrauen der internationalen Geschäftswelt zurückzugewinnen. In der letzten Woche fanden zwei Treffen mit hochrangigen Vertretern der chinesischen Regierung statt.

China: Treffen mit Investment-Firmen und internationalen Handelskammern

Beim ersten Treffen lud die China Securities Regulatory Commission internationale Venture Capital Funds und Wealth Management Firmen wie GIC aus Singapur, Warburg oder Temasek ein, um für weitere Investitionen in China zu werben.

Am selben Tag fand ein Runder Tisch des chinesischen Wirtschaftsministeriums (MOFCOM) zusammen mit der chinesischen Cyberspace Administration statt, zu dem die wichtigsten ausländischen Handelskammern sowie etwa 30 ausländische Unternehmen eingeladen waren. Beiden Veranstaltungen gemein war der ausdrückliche Wunsch der Gastgeber von den Teilnehmern Vorschläge zu hören, wie China das Klima für internationale Firmen in China verbessern könne.

Unsicherheit durch das neuen Anti-Spionage-Gesetz

Dass die Cyberspace Administration anwesend war, kam nicht ungefähr. Das neue Anti-Spionage-Gesetz stipuliert ausdrücklich, dass jegliches Übertragen von Daten als „Spionage“ ausgelegt werden könne. Für jegliches ausländische Unternehmen in China, das mit dem Ausland kommuniziert, ist es aber unumgänglich, Daten an ausländische Partner oder die jeweiligen Hauptquartiere zu senden. Schon allein, weil die Buchhaltung der jeweiligen Tochterunternehmen in die Mutter konsolidiert werden muss. Daher wird in den ausländischen Unternehmen der Umgang mit diesem Gesetz heiß diskutiert.

Zunehmende „Sensibilität“ unter der Führung von Xi Jinping

Unter Hu Jintao gab es häufig einen relativ offenen Austausch zwischen hohen Vertretern der chinesischen Regierung und ausländischen Geschäftsleuten. Seit der Amtsübernahme Xi Jinpings wurden Anregungen aus der ausländischen Community immer empfindlicher behandelt. Als letztes Jahr die europäische Handelskammer in China ihre jährliche „Business Confidence Study“ veröffentlichte und dabei feststellte, dass es schwieriger geworden sei, in China Geschäfte zu machen, wurde dies von der Global Times als „unfair“ abgetan.

Angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung wird aber die Führungsriege der Partei nervöser. Die Verlautbarung, die nach der Sitzung des Politbüros veröffentlicht wurde, spiegelt die Herausforderungen, mit denen die Wirtschaft konfrontiert ist, darunter unzureichende Inlandsnachfrage, Risiken für einige Unternehmen und ein komplexes externes Umfeld, wider. Dort wird die wirtschaftliche Erholung als wellenartiger Prozess beschrieben, der sich nur langsam fortbewegt.

Ist China wirklich „offen für Geschäfte“?

Seit Beginn des Jahres ist es ein wiederkehrendes Motiv in den Reden der offiziellen Vertreter, dass China „offen für Geschäfte“ sei, so etwa Vize-Premier Ding Xuexiang beim „China Development Forum“. Das Problem ist nur: Worte und Taten sind in China zweierlei. Das Spionage-Gesetz ist nur das letzte Beispiel.

Insgesamt haben sich die Rahmenbedingungen für ausländische Unternehmen in den letzten Jahren verschlechtert, wie die großen Handelskammern immer wieder in ihren Befragungen der Mitglieder feststellen. Das betrifft einerseits das regulative Umfeld, aber mehr noch auf der informellen Seite, wie also Unternehmen und deren Vertreter behandelt werden. Dazu kommen noch die Verhaftungen und Befragungen von Mitarbeitern ausländischer Unternehmen. Die großen vier Beratungsunternehmen reduzieren ihr China-Geschäft deutlich, viele kleinere haben ihre Aktivitäten ganz eingestellt.

Taiwan-Krise und Handelskrieg erschweren Geschäfte

Neben den Unsicherheiten, was die Spielregeln angeht, unter denen in China Geschäfte abgewickelt werden können, spielen die beiden geopolitischen Entwicklungen eine nicht unwesentliche Rolle, sich in China stärker oder neu zu engagieren: Einerseits der immer stärkere Handelskrieg zwischen den USA und China, und das Damoklesschwert einer möglichen Invasion Taiwans durch China.

Dies ist zwar nicht immanent, und die meisten Ausländer in China gehen davon aus, dass sich dieses Risiko nicht materialisieren wird. Aber eine Minute nach dem ersten Schuss sind wahrscheinlich sämtliche China-Geschäfte in Gefahr. Und der Umgang mit Covid hat gezeigt, dass China unberechenbar ist, in die eine, wie in die andere Richtung. Wirtschaft braucht aber eines: Berechenbarkeit.

Es braucht viele gute Taten, um das Vertrauen aufzubauen, und nur eine schlechte, um es zu zerstören. Um das verlorene Vertrauen wieder aufzubauen, braucht es nicht Runde Tische und Lippenbekenntnisse, sondern Taten. Viele Taten. Bisher ist von diesen Taten wenig zu sehen..



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5 Kommentare

  1. Der Internationale Währungsfonds (IWF) stellt hierzu fest, daß das G20-Mitgliedsland Volksrepublik China ein wichtiger Motor für die Entwicklung der Weltwirtschaft bleibt, und das Wirtschaftswachstum in China im Laufe des Jahres noch zunehmen wird. Bessere Aussichten also als für unser eigenes Land Bundesrepublik Deutschland, in dem die Bundesministerin des Auswärtigen Annalena Baerbock ein Feindbild China im Rahmen einer Chinastrategie darstellt.

  2. Ich zweifle von Tag zu Tag mehr, dass wir China verstehen. Wahrscheinlich geht aktuell deren Strategie sehr gut auf.

    Ich habe mal in ChatGPT nach den „alten“ Kriegs-Philosophen recherchieren lassen. Das Ergebnis sollte uns nachdenklich stimmen. Wenn ich den Text einigermaßen richtig verstanden und interpretiert haben, werden uns die Chinesen in der aktuellen Krise im Regen stehen lassen:

    „Eine der bekanntesten Kriegsphilosophen aus China ist Sunzi (auch bekannt als Sun Tzu), der etwa im 6. Jahrhundert v. Chr. lebte. Er war ein chinesischer General, Militärstratege und Philosoph und wird oft als Autor des berühmten Werkes „Die Kunst des Krieges“ zugeschrieben.

    Sunzis Werk „Die Kunst des Krieges“ ist ein Klassiker der Militärstrategie und hat einen bedeutenden Einfluss auf militärische Führer, Geschäftsleute und sogar auf das moderne Management gehabt. Es besteht aus 13 Kapiteln, in denen verschiedene Aspekte der Kriegsführung behandelt werden, einschließlich Strategie, Taktik, Spionage, Moral und Logistik.

    Seine Lehren betonen die Bedeutung von Vorbereitung, Flexibilität und List im Krieg. Sunzi legt Wert auf die Vermeidung von Konflikten, wo immer möglich, und befürwortet es, Kriege durch strategische Planung zu gewinnen, ohne tatsächlich kämpfen zu müssen.“

    1. „…Sunzis Buch soll laut Clavell Basis für Mao Zedongs Kriegsstrategien und Pflichtlektüre für die politisch-militärische Hierarchie der Sowjetunion gewesen sein…“

      Lese ich bei Wiki (by the way, hat der Kreml eine HP?)

      https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Kunst_des_Krieges_(Sunzi)

      Der Bogen zu Clausewitz ist interessant, hat er doch ähnlich argumentiert:

      „Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik unter Einbeziehung anderer Mittel…“

    2. Hallo @Peter und @Manuhiri,

      die Offiziere sowohl der Kuomintang (KMT) als auch der Volksbefreiungsarmee/Roten Armee (PLA) wurden an der Militärakademie in Whampoa ausgebildet. Dort wurde natürlich auch Sun Tzu gelehrt. Sun Tzu wird weiterhin sowohl in der PLA als auch in der Kaderausbildung der Partei gelehrt.

      In China kommt man mit Sun Tzu eigentlich täglich in Berührung, sei es im Geschäfts- oder auch im ganz normalen Leben. Wenn in einem Einkaufszentrum wieder einmal eine Rolltreppe nicht in Betrieb genommen wird, weiß man, dass Sun Tzu wieder gnadenlos zugeschlagen hat – zumindest beim Marketing.

      Aber auch im Westen wird seit Jahrzehnten Sun Tzu gelehrt, sei es an Militärakademien, Politikwissenschaftlichen Instituten oder Philosophieabteilungen. An der LSE, an der Baerbock studiert hat, gehört Sun Tzu zum Standard. Die ursprüngliche China-Strategie, die Baerbock ausgearbeitet hatte, lässt erkennen, dass sie Sun Tzu gelesen hat. Von Merkel ist bekannt, dass sie sich in Sun Tzu hat schulen lassen. An der ENA gehört Sun Tzu ebenso zum Standard, genauso wie an den Elite-Universitäten in den USA oder vielen MBA-Programmen. Die China- bzw. Taiwan-Besuche von Pelosi, Macron und Merkel zeigen deutlich, dass sie Strategeme von Sun Tsu erfolgreich angewandt haben (ich bin in meinem Artikel über den Macron-Besuch darauf eingegangen). Zumindest in der sowjetischen Militärakademie, insbesondere bei der U-Boot-Flotte, wurde Sun Tzu gelehrt.

      In den USA sehen wir seit der Obama-Administration, wie Strategeme von Sun Tzu in die China-Strategien einfließen, sowohl im Militär als auch in der Außenpolitik, selbst unter Trump.

      @Manuhiri hat darauf hingewiesen, dass von Clausewitz und Sun Tzu erstaunlich nahe beieinander liegen. Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Sie haben jedoch die Schlussfolgerung aus diesem Grundsatz nicht erwähnt: Der beste Krieg ist der, der nicht geführt werden muss. Denn Krieg bedeutet, dass die Politik versagt hat.

  3. sti·pu·lie·ren

    1. vertraglich vereinbaren, übereinkommen
    2. festlegen, festsetzen

    Mann lernt niemals aus!

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